Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 2. Tit. es zunächst darauf an, ob der Widerspruch unter denGesetzen verschiedener Sammlungen, oder eben derselben Sammlung befindlich ist. Ist das erstere, so gehet das neuere Recht dem ältern vor. Für das neuere Recht aber wird in dem Falle, da der Widerspruch unter den Gesetzen verschiedener Sammlungen des Ju- stinianeischen Rechts obwaltet, dasjenige gehalten, wel- ches in der jüngern Sammlung enthalten ist. Diesem zu Folge gehen also I) die Novellen des K. Justinians, als die allerneuesten Gesetze, allen übrigen Verordnun- gen des Justinianeischen Rechts vor, welche in den vor- hergehenden Sammlungen, als dem Codex, den Pan- decten und Institutionen des Justinians, enthalten sind. Jedoch ist dieses nur von den glossirten Novellen zu verstehen, indem es, was die nicht glossirten anbetrift, aus dem schon oben (S. 334.) angeführten Grunde bey den Verordnungen des Codex in Praxi lediglich verblei- ben muß. Der Fall kommt z. B. bey den Zinsen, die den Hauptstuhl übersteigen (usurae ultra alterum tan- tum), vor, welche der Gerichtsgebrauch nicht schlechter- dings für unerlaubt erklärt, wofür sie Justinian Nov. 121 cap. 1. angesehen wissen will, sondern es bey der Einschränkung der L. 10. C. de usuris bewenden läs- set 30). II) Aus dem obigen Grundsaz folgt weiter, daß extat auctoritas. Allein das Schreiben des Isidors an den Bischof Massanus oder Massio, woraus die angeführ- ten beyden Stellen entlehnt seyn sollen, ist noch grosen Zweifeln unterworfen. Man vergleiche hier das vortref- liche Werk des Car. Sebast. berardi über Gratiani canones Part. III. Cap. XXVII. S. 406. (edit. Venet. 1777.) 30) stryck U. M. Pand. Tit. de Usuris §. 17. rich-
ter P. II. Dec. 74. a pufendorf Tom. I. Obs. 14. §. 4. coc- 1. Buch. 2. Tit. es zunaͤchſt darauf an, ob der Widerſpruch unter denGeſetzen verſchiedener Sammlungen, oder eben derſelben Sammlung befindlich iſt. Iſt das erſtere, ſo gehet das neuere Recht dem aͤltern vor. Fuͤr das neuere Recht aber wird in dem Falle, da der Widerſpruch unter den Geſetzen verſchiedener Sammlungen des Ju- ſtinianeiſchen Rechts obwaltet, dasjenige gehalten, wel- ches in der juͤngern Sammlung enthalten iſt. Dieſem zu Folge gehen alſo I) die Novellen des K. Juſtinians, als die allerneueſten Geſetze, allen uͤbrigen Verordnun- gen des Juſtinianeiſchen Rechts vor, welche in den vor- hergehenden Sammlungen, als dem Codex, den Pan- decten und Inſtitutionen des Juſtinians, enthalten ſind. Jedoch iſt dieſes nur von den gloſſirten Novellen zu verſtehen, indem es, was die nicht gloſſirten anbetrift, aus dem ſchon oben (S. 334.) angefuͤhrten Grunde bey den Verordnungen des Codex in Praxi lediglich verblei- ben muß. Der Fall kommt z. B. bey den Zinſen, die den Hauptſtuhl uͤberſteigen (uſurae ultra alterum tan- tum), vor, welche der Gerichtsgebrauch nicht ſchlechter- dings fuͤr unerlaubt erklaͤrt, wofuͤr ſie Juſtinian Nov. 121 cap. 1. angeſehen wiſſen will, ſondern es bey der Einſchraͤnkung der L. 10. C. de uſuris bewenden laͤſ- ſet 30). II) Aus dem obigen Grundſaz folgt weiter, daß extat auctoritas. Allein das Schreiben des Iſidors an den Biſchof Maſſanus oder Maſſio, woraus die angefuͤhr- ten beyden Stellen entlehnt ſeyn ſollen, iſt noch groſen Zweifeln unterworfen. Man vergleiche hier das vortref- liche Werk des Car. Sebaſt. berardi uͤber Gratiani canones Part. III. Cap. XXVII. S. 406. (edit. Venet. 1777.) 30) stryck U. M. Pand. Tit. de Uſuris §. 17. rich-
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1. Buch. 2. Tit.
es zunaͤchſt darauf an, ob der Widerſpruch unter den
Geſetzen verſchiedener Sammlungen, oder eben derſelben
Sammlung befindlich iſt. Iſt das erſtere, ſo gehet
das neuere Recht dem aͤltern vor. Fuͤr das neuere
Recht aber wird in dem Falle, da der Widerſpruch
unter den Geſetzen verſchiedener Sammlungen des Ju-
ſtinianeiſchen Rechts obwaltet, dasjenige gehalten, wel-
ches in der juͤngern Sammlung enthalten iſt. Dieſem
zu Folge gehen alſo I) die Novellen des K. Juſtinians,
als die allerneueſten Geſetze, allen uͤbrigen Verordnun-
gen des Juſtinianeiſchen Rechts vor, welche in den vor-
hergehenden Sammlungen, als dem Codex, den Pan-
decten und Inſtitutionen des Juſtinians, enthalten ſind.
Jedoch iſt dieſes nur von den gloſſirten Novellen zu
verſtehen, indem es, was die nicht gloſſirten anbetrift,
aus dem ſchon oben (S. 334.) angefuͤhrten Grunde bey
den Verordnungen des Codex in Praxi lediglich verblei-
ben muß. Der Fall kommt z. B. bey den Zinſen, die
den Hauptſtuhl uͤberſteigen (uſurae ultra alterum tan-
tum), vor, welche der Gerichtsgebrauch nicht ſchlechter-
dings fuͤr unerlaubt erklaͤrt, wofuͤr ſie Juſtinian Nov.
121 cap. 1. angeſehen wiſſen will, ſondern es bey der
Einſchraͤnkung der L. 10. C. de uſuris bewenden laͤſ-
ſet 30). II) Aus dem obigen Grundſaz folgt weiter,
daß
29)
30) stryck U. M. Pand. Tit. de Uſuris §. 17. rich-
ter P. II. Dec. 74. a pufendorf Tom. I. Obſ. 14. §. 4.
coc-
29) extat auctoritas. Allein das Schreiben des Iſidors an
den Biſchof Maſſanus oder Maſſio, woraus die angefuͤhr-
ten beyden Stellen entlehnt ſeyn ſollen, iſt noch groſen
Zweifeln unterworfen. Man vergleiche hier das vortref-
liche Werk des Car. Sebaſt. berardi uͤber Gratiani
canones Part. III. Cap. XXVII. S. 406. (edit. Venet.
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