Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 3. Tit. uns hiervon lehren, so wird man gar bald einsehen, daßsie äusserst mangelhaft sey. Wie! wenn der Gesetzgeber durch ausdrückliche Verordnungen festgesetzet hätte, daß in gewissen Fällen vernünftige Gebräuche und gute Ge- wohnheiten den Gesetzen gleich beobachtet werden sollten! Und haben wir nicht sowohl im römischen Gesetzbuche, als in den teutschen Reichs- und Landesgesetzen Beispiele genug, die dieses bestättigen? Wer hieran zweifelt, lese nur die Verordnungen des röm. Kaisers Alexan- der 56), die Cammergerichtsordnung 57), die P. Ge- richtsordnung Carls V. 58), den neuesten Reichsabschied von 1654 59), das Instrumentum Pacis Osnabrugen- sis 60) u. a. m. Ja es kann der Gesetzgeber nicht nur mittelst seiner allgemeinen durch ein Gesetz ausdrücklich erklärten Einwilligung die in seinem Lande übliche red- liche ehrbare Gewohnheiten überhaupt bestättigen, son- dern auch in einer Verordnung einer gewissen einzelnen Gewohnheit insbesondere die Kraft eines Gesetzes erthei- len 61). Unstreitig folgt hieraus, daß die allgemeine Grundlegung einer stillschweigenden Genehmigung des Gesetz- 56) L. 1. C. quae sit longa consuct. L. 3. C. de aedific. pri- vat. -- Praeses provinciae probatis his, quae in oppido fre- quenter in eodem controversiarum genere servata sunt, causa cognita statuet. Nam et consuetudo praecedens, et ratio, quae consuetudinem suasit, custodienda est. 57) sowohl vom Jahr 1495. §. 3. als von 1555. Tit. XIII. §. 1. 58) Art. 104. 116. u. a. m. 59) §. 105. 60) Art. VIII. §. 4. 61) S. G. L. boehmer Princip. iuris canon. §. 232. Eich-
mann Erklärungen des bürgerlichen Rechts I. Th. S. 393. am Ende und folg. Eibel Einleitung in das kathol. Kirchen- recht IV. Th. I. Band 3. Hauptst. §. 268. 1. Buch. 3. Tit. uns hiervon lehren, ſo wird man gar bald einſehen, daßſie aͤuſſerſt mangelhaft ſey. Wie! wenn der Geſetzgeber durch ausdruͤckliche Verordnungen feſtgeſetzet haͤtte, daß in gewiſſen Faͤllen vernuͤnftige Gebraͤuche und gute Ge- wohnheiten den Geſetzen gleich beobachtet werden ſollten! Und haben wir nicht ſowohl im roͤmiſchen Geſetzbuche, als in den teutſchen Reichs- und Landesgeſetzen Beiſpiele genug, die dieſes beſtaͤttigen? Wer hieran zweifelt, leſe nur die Verordnungen des roͤm. Kaiſers Alexan- der 56), die Cammergerichtsordnung 57), die P. Ge- richtsordnung Carls V. 58), den neueſten Reichsabſchied von 1654 59), das Inſtrumentum Pacis Osnabrugen- ſis 60) u. a. m. Ja es kann der Geſetzgeber nicht nur mittelſt ſeiner allgemeinen durch ein Geſetz ausdruͤcklich erklaͤrten Einwilligung die in ſeinem Lande uͤbliche red- liche ehrbare Gewohnheiten uͤberhaupt beſtaͤttigen, ſon- dern auch in einer Verordnung einer gewiſſen einzelnen Gewohnheit insbeſondere die Kraft eines Geſetzes erthei- len 61). Unſtreitig folgt hieraus, daß die allgemeine Grundlegung einer ſtillſchweigenden Genehmigung des Geſetz- 56) L. 1. C. quae ſit longa conſuct. L. 3. C. de aedific. pri- vat. — Praeſes provinciae probatis his, quae in oppido fre- quenter in eodem controverſiarum genere ſervata ſunt, cauſa cognita ſtatuet. Nam et conſuetudo praecedens, et ratio, quae conſuetudinem ſuaſit, cuſtodienda eſt. 57) ſowohl vom Jahr 1495. §. 3. als von 1555. Tit. XIII. §. 1. 58) Art. 104. 116. u. a. m. 59) §. 105. 60) Art. VIII. §. 4. 61) S. G. L. boehmer Princip. iuris canon. §. 232. Eich-
mann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts I. Th. S. 393. am Ende und folg. Eibel Einleitung in das kathol. Kirchen- recht IV. Th. I. Band 3. Hauptſt. §. 268. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0458" n="438"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 3. Tit.</hi></fw><lb/> uns hiervon lehren, ſo wird man gar bald einſehen, daß<lb/> ſie aͤuſſerſt mangelhaft ſey. Wie! wenn der Geſetzgeber<lb/> durch ausdruͤckliche Verordnungen feſtgeſetzet haͤtte, daß<lb/> in gewiſſen Faͤllen vernuͤnftige Gebraͤuche und gute Ge-<lb/> wohnheiten den Geſetzen gleich beobachtet werden ſollten!<lb/> Und haben wir nicht ſowohl im roͤmiſchen Geſetzbuche,<lb/> als in den teutſchen Reichs- und Landesgeſetzen Beiſpiele<lb/> genug, die dieſes beſtaͤttigen? Wer hieran zweifelt,<lb/> leſe nur die Verordnungen des roͤm. Kaiſers <hi rendition="#g">Alexan-<lb/> der</hi> <note place="foot" n="56)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1. <hi rendition="#i">C. quae ſit longa conſuct. L.</hi> 3. <hi rendition="#i">C. de aedific. pri-<lb/> vat.</hi> — Praeſes provinciae probatis his, quae in oppido fre-<lb/> quenter in eodem controverſiarum genere ſervata ſunt, cauſa<lb/> cognita ſtatuet. Nam et <hi rendition="#i">conſuetudo</hi> praecedens, et ratio, quae<lb/><hi rendition="#i">conſuetudinem</hi> ſuaſit, cuſtodienda eſt.</hi></note>, die Cammergerichtsordnung <note place="foot" n="57)">ſowohl vom Jahr 1495. §. 3. als von 1555. <hi rendition="#aq">Tit. XIII.</hi> §. 1.</note>, die P. Ge-<lb/> richtsordnung Carls <hi rendition="#aq">V.</hi> <note place="foot" n="58)">Art. 104. 116. u. a. m.</note>, den neueſten Reichsabſchied<lb/> von 1654 <note place="foot" n="59)">§. 105.</note>, das <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Inſtrumentum Pacis Osnabrugen-<lb/> ſis</hi></hi> <note place="foot" n="60)"><hi rendition="#aq">Art. VIII.</hi> §. 4.</note> u. a. m. Ja es kann der Geſetzgeber nicht nur<lb/> mittelſt ſeiner allgemeinen durch ein Geſetz ausdruͤcklich<lb/> erklaͤrten Einwilligung die in ſeinem Lande uͤbliche red-<lb/> liche ehrbare Gewohnheiten uͤberhaupt beſtaͤttigen, ſon-<lb/> dern auch in einer Verordnung einer gewiſſen einzelnen<lb/> Gewohnheit insbeſondere die Kraft eines Geſetzes erthei-<lb/> len <note place="foot" n="61)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">G. L.</hi><hi rendition="#k">boehmer</hi> Princip. iuris canon.</hi> §. 232. <hi rendition="#g">Eich-<lb/> mann</hi> Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. S. 393.<lb/> am Ende und folg. <hi rendition="#g">Eibel</hi> Einleitung in das kathol. Kirchen-<lb/> recht <hi rendition="#aq">IV.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> Band 3. Hauptſt. §. 268.</note>. Unſtreitig folgt hieraus, daß die allgemeine<lb/> Grundlegung einer ſtillſchweigenden Genehmigung des<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Geſetz-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [438/0458]
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in gewiſſen Faͤllen vernuͤnftige Gebraͤuche und gute Ge-
wohnheiten den Geſetzen gleich beobachtet werden ſollten!
Und haben wir nicht ſowohl im roͤmiſchen Geſetzbuche,
als in den teutſchen Reichs- und Landesgeſetzen Beiſpiele
genug, die dieſes beſtaͤttigen? Wer hieran zweifelt,
leſe nur die Verordnungen des roͤm. Kaiſers Alexan-
der 56), die Cammergerichtsordnung 57), die P. Ge-
richtsordnung Carls V. 58), den neueſten Reichsabſchied
von 1654 59), das Inſtrumentum Pacis Osnabrugen-
ſis 60) u. a. m. Ja es kann der Geſetzgeber nicht nur
mittelſt ſeiner allgemeinen durch ein Geſetz ausdruͤcklich
erklaͤrten Einwilligung die in ſeinem Lande uͤbliche red-
liche ehrbare Gewohnheiten uͤberhaupt beſtaͤttigen, ſon-
dern auch in einer Verordnung einer gewiſſen einzelnen
Gewohnheit insbeſondere die Kraft eines Geſetzes erthei-
len 61). Unſtreitig folgt hieraus, daß die allgemeine
Grundlegung einer ſtillſchweigenden Genehmigung des
Geſetz-
56) L. 1. C. quae ſit longa conſuct. L. 3. C. de aedific. pri-
vat. — Praeſes provinciae probatis his, quae in oppido fre-
quenter in eodem controverſiarum genere ſervata ſunt, cauſa
cognita ſtatuet. Nam et conſuetudo praecedens, et ratio, quae
conſuetudinem ſuaſit, cuſtodienda eſt.
57) ſowohl vom Jahr 1495. §. 3. als von 1555. Tit. XIII. §. 1.
58) Art. 104. 116. u. a. m.
59) §. 105.
60) Art. VIII. §. 4.
61) S. G. L. boehmer Princip. iuris canon. §. 232. Eich-
mann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts I. Th. S. 393.
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