Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Legibus, Senatusconsultis et longa consuet. tem plerique, ex hoc sibi licere, quia legem mortis de lon-ga consuetudine invaluisse arbitrantur, non attendentes, quod tanto graviora sunt crimina, quanto diutius infelicem animam tenuerunt alligatam 3). Die Kirchen, von denen hier die Rede ist, suchten die Schändlichkeit ihrer Handlung mit einer langen Gewohn- heit zu beschönigen, wodurch sie ein Recht erlangt zu ha- ben vermeinten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Pabst Gregor IX. solche und andere ähnliche Fälle im Sinne gehabt. Er fährt nun folgendermassen fort: Licet etiam longaevae consuetudinis non sit vilis auctoritas; non tamen est usque adeo valitura, ut vel iuri debeat praeiudicium generare, nisi fuerit rationabilis, et legi- time sit praescripta. Von was für einer Gewohnheit kann hier wohl die Frage seyn? Offenbar von einer sol- chen, die verjährt werden kann, und durch welche die positiven Gesetze eine Einschränkung auf irgend eine Art leiden. Diese ist aber keine Regel, die die Vorschrift der positiven Gesetze aufhebt, sondern sie bestehet in einem Recht, welches einem Dritten nach einer gesetzlichen An- ordnung zustehet, aber vermittelst der Verjährung auf uns übergehen kann. Von einer solchen Gewohnheit redet Innocenz III. in dem oben angeführten cap. 8. X. de Consuet. und auch Gregors Entscheidung in unsern cap. ult. beziehet sich auf eine solche Gewohnheit, wodurch das Recht eines Andern, so ihm nach dem gemeinen Recht zustehet, aufgehoben, oder eingeschränkt, oder überhaupt nur näher bestimmt wird. Durch eine solche Gewohn- heit werden also die positiven Gesetze nicht aufgehoben, sondern ihre Wirksamkeit wird dadurch nur in einem individuellen Fall gehemmt. Herr Prof. Hochstetter, den 3) Cap. 9. X. codem. F f 5
de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet. tem plerique, ex hoc ſibi licere, quia legem mortis de lon-ga conſuetudine invaluiſſe arbitrantur, non attendentes, quod tanto graviora ſunt crimina, quanto diutius infelicem animam tenuerunt alligatam 3). Die Kirchen, von denen hier die Rede iſt, ſuchten die Schaͤndlichkeit ihrer Handlung mit einer langen Gewohn- heit zu beſchoͤnigen, wodurch ſie ein Recht erlangt zu ha- ben vermeinten. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß Pabſt Gregor IX. ſolche und andere aͤhnliche Faͤlle im Sinne gehabt. Er faͤhrt nun folgendermaſſen fort: Licet etiam longaevae conſuetudinis non ſit vilis auctoritas; non tamen eſt usque adeo valitura, ut vel iuri debeat praeiudicium generare, niſi fuerit rationabilis, et legi- time ſit praeſcripta. Von was fuͤr einer Gewohnheit kann hier wohl die Frage ſeyn? Offenbar von einer ſol- chen, die verjaͤhrt werden kann, und durch welche die poſitiven Geſetze eine Einſchraͤnkung auf irgend eine Art leiden. Dieſe iſt aber keine Regel, die die Vorſchrift der poſitiven Geſetze aufhebt, ſondern ſie beſtehet in einem Recht, welches einem Dritten nach einer geſetzlichen An- ordnung zuſtehet, aber vermittelſt der Verjaͤhrung auf uns uͤbergehen kann. Von einer ſolchen Gewohnheit redet Innocenz III. in dem oben angefuͤhrten cap. 8. X. de Conſuet. und auch Gregors Entſcheidung in unſern cap. ult. beziehet ſich auf eine ſolche Gewohnheit, wodurch das Recht eines Andern, ſo ihm nach dem gemeinen Recht zuſtehet, aufgehoben, oder eingeſchraͤnkt, oder uͤberhaupt nur naͤher beſtimmt wird. Durch eine ſolche Gewohn- heit werden alſo die poſitiven Geſetze nicht aufgehoben, ſondern ihre Wirkſamkeit wird dadurch nur in einem individuellen Fall gehemmt. Herr Prof. Hochſtetter, den 3) Cap. 9. X. codem. F f 5
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de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet.
tem plerique, ex hoc ſibi licere, quia legem mortis de lon-
ga conſuetudine invaluiſſe arbitrantur, non attendentes,
quod tanto graviora ſunt crimina, quanto
diutius infelicem animam tenuerunt alligatam 3).
Die Kirchen, von denen hier die Rede iſt, ſuchten die
Schaͤndlichkeit ihrer Handlung mit einer langen Gewohn-
heit zu beſchoͤnigen, wodurch ſie ein Recht erlangt zu ha-
ben vermeinten. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß Pabſt
Gregor IX. ſolche und andere aͤhnliche Faͤlle im Sinne
gehabt. Er faͤhrt nun folgendermaſſen fort: Licet etiam
longaevae conſuetudinis non ſit vilis auctoritas; non
tamen eſt usque adeo valitura, ut vel iuri debeat
praeiudicium generare, niſi fuerit rationabilis, et legi-
time ſit praeſcripta. Von was fuͤr einer Gewohnheit
kann hier wohl die Frage ſeyn? Offenbar von einer ſol-
chen, die verjaͤhrt werden kann, und durch welche
die poſitiven Geſetze eine Einſchraͤnkung auf irgend eine
Art leiden. Dieſe iſt aber keine Regel, die die Vorſchrift
der poſitiven Geſetze aufhebt, ſondern ſie beſtehet in einem
Recht, welches einem Dritten nach einer geſetzlichen An-
ordnung zuſtehet, aber vermittelſt der Verjaͤhrung auf uns
uͤbergehen kann. Von einer ſolchen Gewohnheit redet
Innocenz III. in dem oben angefuͤhrten cap. 8. X. de
Conſuet. und auch Gregors Entſcheidung in unſern cap.
ult. beziehet ſich auf eine ſolche Gewohnheit, wodurch das
Recht eines Andern, ſo ihm nach dem gemeinen Recht
zuſtehet, aufgehoben, oder eingeſchraͤnkt, oder uͤberhaupt
nur naͤher beſtimmt wird. Durch eine ſolche Gewohn-
heit werden alſo die poſitiven Geſetze nicht aufgehoben,
ſondern ihre Wirkſamkeit wird dadurch nur in einem
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