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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 3. Tit.
derheit auch das Cap. ult. X. de consuet. am leichtesten
erklären lassen. Wir wollen die Worte desselben selbst
hersetzen. Cum tanto graviora sint peccata, quanto
diutius infelicem animam detinent alligatam, nemo
sanae mentis (non) intelligit, naturali iuri, cuius
transgressio periculum salutis in ducit, quacunque con-
suetudine, quae dicenda est verius in hac parte cor-
ruptela, posse aliquatenus derogari.
Gregor der
neunte redet in diesen Eingangsworten davon, daß auch
eine lange Gewohnheit uns zu Handlungen nicht berech-
tige, die nach natürlichen und göttlichen Gesetzen verbo-
ten sind, weil man bey deren Uebertretung Seel und Se-
ligkeit verlieren könne. Die öftere Wiederholung solcher
Missethaten mache uns nur desto straffälliger, je größere
Neigung zu sündigen, und je größere Bosheit des Ge-
müths hierdurch an den Tag gelegt werde. Daß der
Pabst hauptsächlich gegen diejenigen eifere, welche unter
dem Vorwande einer Gewohnheit, d. i. eines durch Ge-
wohnheit erworbenen Rechts ihre unerlaubte Handlungen
rechtfertigen wollen, ergiebt sich aus andern Stellen noch
deutlicher. So z. B. werden in dem Concilio Turo-
nensi
verschiedene Arten der Simonie verboten, mit dem
Beysatz: nec sub obtentu cuiusquam consuetudinis reatum suum
quis tueatur, quia diuturnitas temporis non diminuit pecca-
ta, sed auget
2). Eben so heißt es in einem andern Con-
cilio Lateranensi: horribile nimis est, quod in quibusdam
ecclesiis locum venalitas perhibetur habere -- -- putant au-

tem
kathol. Kirchenrecht IV. Th. I. Band §. 270. S. 122. Paul.
Ios. a
riegger Institut. iurisprud. ecclesiast. P. II. §. 106.
Phil. hedderich Element. iuris canon. P. II. §. 21.
not. d.
u. a. m.
2) Cap. 8. X. de Simonia.

1. Buch. 3. Tit.
derheit auch das Cap. ult. X. de conſuet. am leichteſten
erklaͤren laſſen. Wir wollen die Worte deſſelben ſelbſt
herſetzen. Cum tanto graviora ſint peccata, quanto
diutius infelicem animam detinent alligatam, nemo
ſanae mentis (non) intelligit, naturali iuri, cuius
transgreſſio periculum ſalutis in ducit, quacunque con-
ſuetudine, quae dicenda eſt verius in hac parte cor-
ruptela, poſſe aliquatenus derogari.
Gregor der
neunte redet in dieſen Eingangsworten davon, daß auch
eine lange Gewohnheit uns zu Handlungen nicht berech-
tige, die nach natuͤrlichen und goͤttlichen Geſetzen verbo-
ten ſind, weil man bey deren Uebertretung Seel und Se-
ligkeit verlieren koͤnne. Die oͤftere Wiederholung ſolcher
Miſſethaten mache uns nur deſto ſtraffaͤlliger, je groͤßere
Neigung zu ſuͤndigen, und je groͤßere Bosheit des Ge-
muͤths hierdurch an den Tag gelegt werde. Daß der
Pabſt hauptſaͤchlich gegen diejenigen eifere, welche unter
dem Vorwande einer Gewohnheit, d. i. eines durch Ge-
wohnheit erworbenen Rechts ihre unerlaubte Handlungen
rechtfertigen wollen, ergiebt ſich aus andern Stellen noch
deutlicher. So z. B. werden in dem Concilio Turo-
nenſi
verſchiedene Arten der Simonie verboten, mit dem
Beyſatz: nec ſub obtentu cuiusquam conſuetudinis reatum ſuum
quis tueatur, quia diuturnitas temporis non diminuit pecca-
ta, ſed auget
2). Eben ſo heißt es in einem andern Con-
cilio Lateranenſi: horribile nimis eſt, quod in quibusdam
eccleſiis locum venalitas perhibetur habere — — putant au-

tem
kathol. Kirchenrecht IV. Th. I. Band §. 270. S. 122. Paul.
Ioſ. a
riegger Inſtitut. iurisprud. eccleſiaſt. P. II. §. 106.
Phil. hedderich Element. iuris canon. P. II. §. 21.
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2) Cap. 8. X. de Simonia.
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[454/0474] 1. Buch. 3. Tit. derheit auch das Cap. ult. X. de conſuet. am leichteſten erklaͤren laſſen. Wir wollen die Worte deſſelben ſelbſt herſetzen. Cum tanto graviora ſint peccata, quanto diutius infelicem animam detinent alligatam, nemo ſanae mentis (non) intelligit, naturali iuri, cuius transgreſſio periculum ſalutis in ducit, quacunque con- ſuetudine, quae dicenda eſt verius in hac parte cor- ruptela, poſſe aliquatenus derogari. Gregor der neunte redet in dieſen Eingangsworten davon, daß auch eine lange Gewohnheit uns zu Handlungen nicht berech- tige, die nach natuͤrlichen und goͤttlichen Geſetzen verbo- ten ſind, weil man bey deren Uebertretung Seel und Se- ligkeit verlieren koͤnne. Die oͤftere Wiederholung ſolcher Miſſethaten mache uns nur deſto ſtraffaͤlliger, je groͤßere Neigung zu ſuͤndigen, und je groͤßere Bosheit des Ge- muͤths hierdurch an den Tag gelegt werde. Daß der Pabſt hauptſaͤchlich gegen diejenigen eifere, welche unter dem Vorwande einer Gewohnheit, d. i. eines durch Ge- wohnheit erworbenen Rechts ihre unerlaubte Handlungen rechtfertigen wollen, ergiebt ſich aus andern Stellen noch deutlicher. So z. B. werden in dem Concilio Turo- nenſi verſchiedene Arten der Simonie verboten, mit dem Beyſatz: nec ſub obtentu cuiusquam conſuetudinis reatum ſuum quis tueatur, quia diuturnitas temporis non diminuit pecca- ta, ſed auget 2). Eben ſo heißt es in einem andern Con- cilio Lateranenſi: horribile nimis eſt, quod in quibusdam eccleſiis locum venalitas perhibetur habere — — putant au- tem 1) 2) Cap. 8. X. de Simonia. 1) kathol. Kirchenrecht IV. Th. I. Band §. 270. S. 122. Paul. Ioſ. a riegger Inſtitut. iurisprud. eccleſiaſt. P. II. §. 106. Phil. hedderich Element. iuris canon. P. II. §. 21. not. d. u. a. m.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/474>, abgerufen am 22.11.2024.