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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 4. Tit.

2) Privilegien lassen daher keine ausdehnende
Erklärung
zu, ausser in sofern solches dem Willen des
Regenten oder Gesetzgebers gemäß ist. Sie sind also
stricte zu erklären, insofern sie a) die natürliche Freyheit
einschränken, oder sonst andern Mitbürgern zum Nachtheil
gereichen; denn niemand darf durch Privilegien in seinem
wohlerworbenen Rechte gekränkt werden. Doch aber muß
die Auslegung immer so geschehen, daß die Gnade, wel-
che der Landesherr dem Privilegirten angedeihen lassen
wollte, nicht vereitelt werde, sondern letzterer derselben
nach der Absicht des Ertheilers so vollkommen, als mög-
lich, geniesse, soweit es salvo iure tertii quaesito gesche-
hen kann 34). Wie aber wenn b) das Privilegium blos
in die landesherrlichen Gerechtsame einschlüge, und nur
dem Regenten, der solches ertheilet hat, allein zum Nachtheil
gereichte, findet auch gegen den Landesherrn die
restrictive Auslegung statt? z. B. Wenn das Privilegium
eine Befreyung von Steuren, oder Ertheilung des sonst
dem Landesherrn zustehenden Abzugsrechts, der Jagd, Ge-
richtsbarkeit, Münzrechts, u. dergl. betrift. Die gemei-
ne Theorie der Rechtsgelehrten, welcher auch unser Au-
ctor nicht undeutlich seinen Beyfall giebt, gehet dahin, daß
ein Privilegium gegen den Regenten selbst immer ausdeh-
nend erkläret werden müsse 35). Denn hier komme es

blos
34) enenckel de privilegiis Lib. II. cap. 5. n. 10. boehmer
T. II. P. I. Resp. 190. n. 5. 6. Resp. 428. n. 9. mevius
P. IV. Decis. 321. n. 4. boehmer Diss. de finibus privile-
giorum regundis. Cap. II. §. IX.
Pütter auserlesene Rechts-
fälle. 1. Bandes 2. Th. Resp. XXXV. n. 21. 22.
35) de cocceji Iur. Controv. Lib. I. Tit. IV. Qu. 6. Io. voet
ad Pandect. T. I. lib. I. Tit. 10. §. 16. stryck Dissertat. de
privilegiorum interpretatione. cap. IV. leyser Spec. X.
med.
3.
1. Buch. 4. Tit.

2) Privilegien laſſen daher keine ausdehnende
Erklaͤrung
zu, auſſer in ſofern ſolches dem Willen des
Regenten oder Geſetzgebers gemaͤß iſt. Sie ſind alſo
ſtricte zu erklaͤren, inſofern ſie a) die natuͤrliche Freyheit
einſchraͤnken, oder ſonſt andern Mitbuͤrgern zum Nachtheil
gereichen; denn niemand darf durch Privilegien in ſeinem
wohlerworbenen Rechte gekraͤnkt werden. Doch aber muß
die Auslegung immer ſo geſchehen, daß die Gnade, wel-
che der Landesherr dem Privilegirten angedeihen laſſen
wollte, nicht vereitelt werde, ſondern letzterer derſelben
nach der Abſicht des Ertheilers ſo vollkommen, als moͤg-
lich, genieſſe, ſoweit es ſalvo iure tertii quaeſito geſche-
hen kann 34). Wie aber wenn b) das Privilegium blos
in die landesherrlichen Gerechtſame einſchluͤge, und nur
dem Regenten, der ſolches ertheilet hat, allein zum Nachtheil
gereichte, findet auch gegen den Landesherrn die
reſtrictive Auslegung ſtatt? z. B. Wenn das Privilegium
eine Befreyung von Steuren, oder Ertheilung des ſonſt
dem Landesherrn zuſtehenden Abzugsrechts, der Jagd, Ge-
richtsbarkeit, Muͤnzrechts, u. dergl. betrift. Die gemei-
ne Theorie der Rechtsgelehrten, welcher auch unſer Au-
ctor nicht undeutlich ſeinen Beyfall giebt, gehet dahin, daß
ein Privilegium gegen den Regenten ſelbſt immer ausdeh-
nend erklaͤret werden muͤſſe 35). Denn hier komme es

blos
34) enenckel de privilegiis Lib. II. cap. 5. n. 10. boehmer
T. II. P. I. Reſp. 190. n. 5. 6. Reſp. 428. n. 9. mevius
P. IV. Deciſ. 321. n. 4. boehmer Diſſ. de finibus privile-
giorum regundis. Cap. II. §. IX.
Puͤtter auserleſene Rechts-
faͤlle. 1. Bandes 2. Th. Reſp. XXXV. n. 21. 22.
35) de cocceji Iur. Controv. Lib. I. Tit. IV. Qu. 6. Io. voet
ad Pandect. T. I. lib. I. Tit. 10. §. 16. stryck Diſſertat. de
privilegiorum interpretatione. cap. IV. leyser Spec. X.
med.
3.
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[546/0566] 1. Buch. 4. Tit. 2) Privilegien laſſen daher keine ausdehnende Erklaͤrung zu, auſſer in ſofern ſolches dem Willen des Regenten oder Geſetzgebers gemaͤß iſt. Sie ſind alſo ſtricte zu erklaͤren, inſofern ſie a) die natuͤrliche Freyheit einſchraͤnken, oder ſonſt andern Mitbuͤrgern zum Nachtheil gereichen; denn niemand darf durch Privilegien in ſeinem wohlerworbenen Rechte gekraͤnkt werden. Doch aber muß die Auslegung immer ſo geſchehen, daß die Gnade, wel- che der Landesherr dem Privilegirten angedeihen laſſen wollte, nicht vereitelt werde, ſondern letzterer derſelben nach der Abſicht des Ertheilers ſo vollkommen, als moͤg- lich, genieſſe, ſoweit es ſalvo iure tertii quaeſito geſche- hen kann 34). Wie aber wenn b) das Privilegium blos in die landesherrlichen Gerechtſame einſchluͤge, und nur dem Regenten, der ſolches ertheilet hat, allein zum Nachtheil gereichte, findet auch gegen den Landesherrn die reſtrictive Auslegung ſtatt? z. B. Wenn das Privilegium eine Befreyung von Steuren, oder Ertheilung des ſonſt dem Landesherrn zuſtehenden Abzugsrechts, der Jagd, Ge- richtsbarkeit, Muͤnzrechts, u. dergl. betrift. Die gemei- ne Theorie der Rechtsgelehrten, welcher auch unſer Au- ctor nicht undeutlich ſeinen Beyfall giebt, gehet dahin, daß ein Privilegium gegen den Regenten ſelbſt immer ausdeh- nend erklaͤret werden muͤſſe 35). Denn hier komme es blos 34) enenckel de privilegiis Lib. II. cap. 5. n. 10. boehmer T. II. P. I. Reſp. 190. n. 5. 6. Reſp. 428. n. 9. mevius P. IV. Deciſ. 321. n. 4. boehmer Diſſ. de finibus privile- giorum regundis. Cap. II. §. IX. Puͤtter auserleſene Rechts- faͤlle. 1. Bandes 2. Th. Reſp. XXXV. n. 21. 22. 35) de cocceji Iur. Controv. Lib. I. Tit. IV. Qu. 6. Io. voet ad Pandect. T. I. lib. I. Tit. 10. §. 16. stryck Diſſertat. de privilegiorum interpretatione. cap. IV. leyser Spec. X. med. 3.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/566>, abgerufen am 21.11.2024.