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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 4. Tit.
moralische Person stirbt nicht, sondern bleibt immer die-
selbe, wenn auch nach und nach die einzelnen Personen,
die das Ganze ausmachen, durch den Tod, oder auf son-
stige Weise abgehen, und andere an ihre Stelle treten 50).
Solche Privilegien gehören unstreitig ad res universita-
tis,
und das durch selbige erworbene Recht ist der Sub-
stanz nach ein Eigenthum der moralischen Person. Diese
aber lässet nun ihr Recht entweder durch gewisse dazu
bestellte Mitglieder selbst ausüben, z. B. die ihr verliehene
Gerichtsbarkeit; oder es darf ein jedes Mitglied der Uni-
versitas das Privilegium gebrauchen, z. B. es ist dersel-
ben eine Immunität von gewissen öffentlichen Lasten, oder
das Beholzigungsrecht in einem herrschaftlichen Walde,
oder das Privilegium Jahrmarkt zu halten, ertheilet
worden. In Ansehung des Gebrauchs kommt es also
auf die Beschaffenheit des durch das Privilegium ertheil-
ten Rechts an 51).

Sind aber Privilegien wirklichen Personen
ertheilet, so können diese von zweyerley Art seyn; ent-
weder solche, die bey dem Privilegirten eine gewisse per-
sönliche Eigenschaft voraussetzen, oder sie sind der Person
selbst, ohne Rücksicht einer solchen Eigenschaft, ertheilet
worden. Beyde kommen jedoch darinn überein, daß
selbige der Regel nach auf die privilegirte Person einge-
schränkt sind, und sich, ausser derselben, auf andere nicht
erstrecken, auch nicht auf die Erben übergehen, sondern
gleichsam mit der Person absterben 52). Jedoch hat

diese
50) L 7. §. 2. D. Quod cuiuscunque universitat. nomine. L. 76.
D. de iudiciis.
51) Petr. de toullieu Collectan. iuris civ. Diss. XV. S. 376.
52) L. 1. §. 43. D. de aqua quotid. et aestiv. L. 68. D. de R. I.
L.
196. D. Reg. I.

1. Buch. 4. Tit.
moraliſche Perſon ſtirbt nicht, ſondern bleibt immer die-
ſelbe, wenn auch nach und nach die einzelnen Perſonen,
die das Ganze ausmachen, durch den Tod, oder auf ſon-
ſtige Weiſe abgehen, und andere an ihre Stelle treten 50).
Solche Privilegien gehoͤren unſtreitig ad res univerſita-
tis,
und das durch ſelbige erworbene Recht iſt der Sub-
ſtanz nach ein Eigenthum der moraliſchen Perſon. Dieſe
aber laͤſſet nun ihr Recht entweder durch gewiſſe dazu
beſtellte Mitglieder ſelbſt ausuͤben, z. B. die ihr verliehene
Gerichtsbarkeit; oder es darf ein jedes Mitglied der Uni-
verſitas das Privilegium gebrauchen, z. B. es iſt derſel-
ben eine Immunitaͤt von gewiſſen oͤffentlichen Laſten, oder
das Beholzigungsrecht in einem herrſchaftlichen Walde,
oder das Privilegium Jahrmarkt zu halten, ertheilet
worden. In Anſehung des Gebrauchs kommt es alſo
auf die Beſchaffenheit des durch das Privilegium ertheil-
ten Rechts an 51).

Sind aber Privilegien wirklichen Perſonen
ertheilet, ſo koͤnnen dieſe von zweyerley Art ſeyn; ent-
weder ſolche, die bey dem Privilegirten eine gewiſſe per-
ſoͤnliche Eigenſchaft vorausſetzen, oder ſie ſind der Perſon
ſelbſt, ohne Ruͤckſicht einer ſolchen Eigenſchaft, ertheilet
worden. Beyde kommen jedoch darinn uͤberein, daß
ſelbige der Regel nach auf die privilegirte Perſon einge-
ſchraͤnkt ſind, und ſich, auſſer derſelben, auf andere nicht
erſtrecken, auch nicht auf die Erben uͤbergehen, ſondern
gleichſam mit der Perſon abſterben 52). Jedoch hat

dieſe
50) L 7. §. 2. D. Quod cuiuscunque univerſitat. nomine. L. 76.
D. de iudiciis.
51) Petr. de toullieu Collectan. iuris civ. Diſſ. XV. S. 376.
52) L. 1. §. 43. D. de aqua quotid. et aeſtiv. L. 68. D. de R. I.
L.
196. D. Reg. I.
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[552/0572] 1. Buch. 4. Tit. moraliſche Perſon ſtirbt nicht, ſondern bleibt immer die- ſelbe, wenn auch nach und nach die einzelnen Perſonen, die das Ganze ausmachen, durch den Tod, oder auf ſon- ſtige Weiſe abgehen, und andere an ihre Stelle treten 50). Solche Privilegien gehoͤren unſtreitig ad res univerſita- tis, und das durch ſelbige erworbene Recht iſt der Sub- ſtanz nach ein Eigenthum der moraliſchen Perſon. Dieſe aber laͤſſet nun ihr Recht entweder durch gewiſſe dazu beſtellte Mitglieder ſelbſt ausuͤben, z. B. die ihr verliehene Gerichtsbarkeit; oder es darf ein jedes Mitglied der Uni- verſitas das Privilegium gebrauchen, z. B. es iſt derſel- ben eine Immunitaͤt von gewiſſen oͤffentlichen Laſten, oder das Beholzigungsrecht in einem herrſchaftlichen Walde, oder das Privilegium Jahrmarkt zu halten, ertheilet worden. In Anſehung des Gebrauchs kommt es alſo auf die Beſchaffenheit des durch das Privilegium ertheil- ten Rechts an 51). Sind aber Privilegien wirklichen Perſonen ertheilet, ſo koͤnnen dieſe von zweyerley Art ſeyn; ent- weder ſolche, die bey dem Privilegirten eine gewiſſe per- ſoͤnliche Eigenſchaft vorausſetzen, oder ſie ſind der Perſon ſelbſt, ohne Ruͤckſicht einer ſolchen Eigenſchaft, ertheilet worden. Beyde kommen jedoch darinn uͤberein, daß ſelbige der Regel nach auf die privilegirte Perſon einge- ſchraͤnkt ſind, und ſich, auſſer derſelben, auf andere nicht erſtrecken, auch nicht auf die Erben uͤbergehen, ſondern gleichſam mit der Perſon abſterben 52). Jedoch hat dieſe 50) L 7. §. 2. D. Quod cuiuscunque univerſitat. nomine. L. 76. D. de iudiciis. 51) Petr. de toullieu Collectan. iuris civ. Diſſ. XV. S. 376. 52) L. 1. §. 43. D. de aqua quotid. et aeſtiv. L. 68. D. de R. I. L. 196. D. Reg. I.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/572>, abgerufen am 21.11.2024.