Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.De Iustitia et Iure. necessaria, moderamen inculpatae tutelae) nennt 57).Gleichwie jedoch der eignen Gewalt auch selbst in denen zugelassenen Fällen der Weg der gerichtlichen Hülfe im- mer vorzuziehen 58) ist, indem auch selbst die Gesetze jene nur in der Rücksicht zulassen, weil der Richter nicht im- mer sogleich bey der Hand ist, und ohne Selbsthülfe ein unwiederbringlicher Schade geschehen würde, so sind nun die gerichtlichen Zwangsmittel sein Recht geltend zu ma- chen, Klage und Einrede. Denn nicht immer haben die bürgerlichen Gesetze, wenn sie zum Beyspiel Pflichten der Menschenliebe als eigentliche Schuldigkeit vorschreiben, sofort klagbare Verbindlichkeiten daraus formirt, sondern hin und wieder wegen des an sich unvollkommenen Rechts, nur eine Einrede gestattet. Wir finden dieses beym Brautschatze, welchen eine Persohn, von ihrer Mutter, oder einem andern nahen Verwandten würklich erhalten hat. Denn ob sie gleich vorher nicht hätte darauf kla- gen können, so soll doch die Liebespflicht an sich hier die Würkung haben, daß, wenn auch das Heyrathsguth nicht in der Absicht, um eine unerzwingliche Tugend aus- zuüben, sondern aus irriger Meinung, daß man perfecte dazu verbunden gewesen, entrichtet worden, dennoch das Gegebene als Nichtschuld keineswegs zurückgefordert wer- den dürfe 59). Hier liegt es in der Natur der Sache, daß 57) L. 3. D. de Iust. et iur. L. 45. §. 4. D. ad L. Aquil. L. 1. §. 27. D. de vi. L. 1. C. unde vi. Art. 140. u. f. C. C. C. Vid. Ios. Lud. Ern. püttmanni Diss. de mode- ratione inculpatae tutelae. Lipsiae 1783. 58) Schon Cicero sagt daher de Offic. I. c. 11. Nam cum sint duo genera decertandi; unum per disceptationem, alte- rum per vim; cumque illud sit proprium hominis, hoc belluarum: confugiendum est ad posterius, si uti non licet superiore. 59) L. 52. §. 1. D. de condict. indeb. cocceii Iur. Controv.
Lib. XII. Tit. VI. Qu. 5. De Iuſtitia et Iure. neceſſaria, moderamen inculpatae tutelae) nennt 57).Gleichwie jedoch der eignen Gewalt auch ſelbſt in denen zugelaſſenen Faͤllen der Weg der gerichtlichen Huͤlfe im- mer vorzuziehen 58) iſt, indem auch ſelbſt die Geſetze jene nur in der Ruͤckſicht zulaſſen, weil der Richter nicht im- mer ſogleich bey der Hand iſt, und ohne Selbſthuͤlfe ein unwiederbringlicher Schade geſchehen wuͤrde, ſo ſind nun die gerichtlichen Zwangsmittel ſein Recht geltend zu ma- chen, Klage und Einrede. Denn nicht immer haben die buͤrgerlichen Geſetze, wenn ſie zum Beyſpiel Pflichten der Menſchenliebe als eigentliche Schuldigkeit vorſchreiben, ſofort klagbare Verbindlichkeiten daraus formirt, ſondern hin und wieder wegen des an ſich unvollkommenen Rechts, nur eine Einrede geſtattet. Wir finden dieſes beym Brautſchatze, welchen eine Perſohn, von ihrer Mutter, oder einem andern nahen Verwandten wuͤrklich erhalten hat. Denn ob ſie gleich vorher nicht haͤtte darauf kla- gen koͤnnen, ſo ſoll doch die Liebespflicht an ſich hier die Wuͤrkung haben, daß, wenn auch das Heyrathsguth nicht in der Abſicht, um eine unerzwingliche Tugend aus- zuuͤben, ſondern aus irriger Meinung, daß man perfecte dazu verbunden geweſen, entrichtet worden, dennoch das Gegebene als Nichtſchuld keineswegs zuruͤckgefordert wer- den duͤrfe 59). Hier liegt es in der Natur der Sache, daß 57) L. 3. D. de Iuſt. et iur. L. 45. §. 4. D. ad L. Aquil. L. 1. §. 27. D. de vi. L. 1. C. unde vi. Art. 140. u. f. C. C. C. Vid. Ioſ. Lud. Ern. puͤttmanni Diſſ. de mode- ratione inculpatae tutelae. Lipſiae 1783. 58) Schon Cicero ſagt daher de Offic. I. c. 11. Nam cum ſint duo genera decertandi; unum per diſceptationem, alte- rum per vim; cumque illud ſit proprium hominis, hoc belluarum: confugiendum eſt ad poſterius, ſi uti non licet ſuperiore. 59) L. 52. §. 1. D. de condict. indeb. cocceii Iur. Controv.
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Gleichwie jedoch der eignen Gewalt auch ſelbſt in denen
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mer vorzuziehen 58) iſt, indem auch ſelbſt die Geſetze jene
nur in der Ruͤckſicht zulaſſen, weil der Richter nicht im-
mer ſogleich bey der Hand iſt, und ohne Selbſthuͤlfe ein
unwiederbringlicher Schade geſchehen wuͤrde, ſo ſind nun
die gerichtlichen Zwangsmittel ſein Recht geltend zu ma-
chen, Klage und Einrede. Denn nicht immer haben
die buͤrgerlichen Geſetze, wenn ſie zum Beyſpiel Pflichten
der Menſchenliebe als eigentliche Schuldigkeit vorſchreiben,
ſofort klagbare Verbindlichkeiten daraus formirt, ſondern
hin und wieder wegen des an ſich unvollkommenen Rechts,
nur eine Einrede geſtattet. Wir finden dieſes beym
Brautſchatze, welchen eine Perſohn, von ihrer Mutter,
oder einem andern nahen Verwandten wuͤrklich erhalten
hat. Denn ob ſie gleich vorher nicht haͤtte darauf kla-
gen koͤnnen, ſo ſoll doch die Liebespflicht an ſich hier die
Wuͤrkung haben, daß, wenn auch das Heyrathsguth
nicht in der Abſicht, um eine unerzwingliche Tugend aus-
zuuͤben, ſondern aus irriger Meinung, daß man perfecte
dazu verbunden geweſen, entrichtet worden, dennoch das
Gegebene als Nichtſchuld keineswegs zuruͤckgefordert wer-
den duͤrfe 59). Hier liegt es in der Natur der Sache,
daß
57) L. 3. D. de Iuſt. et iur. L. 45. §. 4. D. ad L. Aquil.
L. 1. §. 27. D. de vi. L. 1. C. unde vi. Art. 140. u. f.
C. C. C. Vid. Ioſ. Lud. Ern. puͤttmanni Diſſ. de mode-
ratione inculpatae tutelae. Lipſiae 1783.
58) Schon Cicero ſagt daher de Offic. I. c. 11. Nam cum ſint
duo genera decertandi; unum per diſceptationem, alte-
rum per vim; cumque illud ſit proprium hominis, hoc
belluarum: confugiendum eſt ad poſterius, ſi uti non
licet ſuperiore.
59) L. 52. §. 1. D. de condict. indeb. cocceii Iur. Controv.
Lib. XII. Tit. VI. Qu. 5.
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