Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

de Iustitia et Iure.
sen 65). Endlich 5) ist Lex soviel als Gesetz, und
nun frägt sich's II. was man eigentlich unter einem
Gesetz verstehe? Da die allgemeine Bedeutung dieses
Worts schon oben da gewesen ist, so wollen wir jetzo
nur noch die übrigen hinzufügen.

I) Gesez im eigentlichen Verstande ist die nach
dem Willen des Oberherrn vorgeschriebene
Norm, nach welcher seine Unterthanen ihre
Handlungen einzurichten vollkommen verbun-
den sind
. In diesem Verstande nimmt es Hellfeld
hier, nun liesse sich zwar dagegen einwenden, daß es
auch Permissivgesetze gebe, denn nach dem Ausspruch
des Modestins L. 7. D. de legibus, befehlen und
verbiethen die Gesetze nicht immer, sondern sie erlau-
ben
auch; z. B. die Gesetze erlauben dem Vater, sei-
nen unmündigen Kindern kraft seiner väterlichen Gewalt
in seinem Testament einen Vormund zu ernennen, des-
gleichen ihnen pupillariter zu substituiren Allein der
Autor wird in der Folge §. 14. diesem Zweifel selbst
begegnen. Ein Gesetz in der angegebenen Bedeutung
giebt also 1) ein Oberherr; nun giebt es Oberherrn
in jeder ungleichen Gesellschaft, dahero die Gesetze in
dieser Hinsicht sehr verschieden seyn können. Wir ha-
ben Gesetze, welche von dem Regenten der Kirche, wir
haben aber auch Gesetze, welche von dem Regenten des
Staats sind vorgeschrieben worden; erstere werden bür-
gerliche Gesetze
(leges civiles) leztere Kirchenge-
setze
(leges ecclesiasticae) genannt. Es ist auch nicht
ungewöhnlich, die Civilgesetze leges schlechtweg zu nen-
nen, und dieses würde also eine eigene Bedeutung die-
ses Worts ausmachen. 2) Der Oberherr giebt das

Gesez
65) ernesti in Clavi Ciceron. sowohl zu Anfang des In-
dicis Legum
als sub. voc. Lex.
Glücks Erläut. d. Pand. 1. Th. D

de Iuſtitia et Iure.
ſen 65). Endlich 5) iſt Lex ſoviel als Geſetz, und
nun fraͤgt ſich’s II. was man eigentlich unter einem
Geſetz verſtehe? Da die allgemeine Bedeutung dieſes
Worts ſchon oben da geweſen iſt, ſo wollen wir jetzo
nur noch die uͤbrigen hinzufuͤgen.

I) Geſez im eigentlichen Verſtande iſt die nach
dem Willen des Oberherrn vorgeſchriebene
Norm, nach welcher ſeine Unterthanen ihre
Handlungen einzurichten vollkommen verbun-
den ſind
. In dieſem Verſtande nimmt es Hellfeld
hier, nun lieſſe ſich zwar dagegen einwenden, daß es
auch Permiſſivgeſetze gebe, denn nach dem Ausſpruch
des Modeſtins L. 7. D. de legibus, befehlen und
verbiethen die Geſetze nicht immer, ſondern ſie erlau-
ben
auch; z. B. die Geſetze erlauben dem Vater, ſei-
nen unmuͤndigen Kindern kraft ſeiner vaͤterlichen Gewalt
in ſeinem Teſtament einen Vormund zu ernennen, des-
gleichen ihnen pupillariter zu ſubſtituiren Allein der
Autor wird in der Folge §. 14. dieſem Zweifel ſelbſt
begegnen. Ein Geſetz in der angegebenen Bedeutung
giebt alſo 1) ein Oberherr; nun giebt es Oberherrn
in jeder ungleichen Geſellſchaft, dahero die Geſetze in
dieſer Hinſicht ſehr verſchieden ſeyn koͤnnen. Wir ha-
ben Geſetze, welche von dem Regenten der Kirche, wir
haben aber auch Geſetze, welche von dem Regenten des
Staats ſind vorgeſchrieben worden; erſtere werden buͤr-
gerliche Geſetze
(leges civiles) leztere Kirchenge-
ſetze
(leges eccleſiaſticae) genannt. Es iſt auch nicht
ungewoͤhnlich, die Civilgeſetze leges ſchlechtweg zu nen-
nen, und dieſes wuͤrde alſo eine eigene Bedeutung die-
ſes Worts ausmachen. 2) Der Oberherr giebt das

Geſez
65) ernesti in Clavi Ciceron. ſowohl zu Anfang des In-
dicis Legum
als ſub. voc. Lex.
Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0069" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Iu&#x017F;titia et Iure.</hi></fw><lb/>
&#x017F;en <note place="foot" n="65)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ernesti</hi><hi rendition="#i">in Clavi Ciceron.</hi></hi> &#x017F;owohl zu Anfang des <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">In-<lb/>
dicis Legum</hi></hi> als <hi rendition="#aq">&#x017F;ub. voc. <hi rendition="#i">Lex</hi>.</hi></note>. Endlich 5) i&#x017F;t <hi rendition="#aq">Lex</hi> &#x017F;oviel als <hi rendition="#g">Ge&#x017F;etz</hi>, und<lb/>
nun fra&#x0364;gt &#x017F;ich&#x2019;s <hi rendition="#aq">II.</hi> was man eigentlich unter einem<lb/><hi rendition="#g">Ge&#x017F;etz</hi> ver&#x017F;tehe? Da die allgemeine Bedeutung die&#x017F;es<lb/>
Worts &#x017F;chon oben da gewe&#x017F;en i&#x017F;t, &#x017F;o wollen wir jetzo<lb/>
nur noch die u&#x0364;brigen hinzufu&#x0364;gen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">I</hi>) <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;ez</hi> im eigentlichen Ver&#x017F;tande i&#x017F;t <hi rendition="#g">die nach<lb/>
dem Willen des Oberherrn vorge&#x017F;chriebene<lb/>
Norm, nach welcher &#x017F;eine Unterthanen ihre<lb/>
Handlungen einzurichten vollkommen verbun-<lb/>
den &#x017F;ind</hi>. In die&#x017F;em Ver&#x017F;tande nimmt es <hi rendition="#fr">Hellfeld</hi><lb/>
hier, nun lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich zwar dagegen einwenden, daß es<lb/>
auch Permi&#x017F;&#x017F;ivge&#x017F;etze gebe, denn nach dem Aus&#x017F;pruch<lb/>
des <hi rendition="#fr">Mode&#x017F;tins</hi> <hi rendition="#aq">L. 7. D. <hi rendition="#i">de legibus</hi>,</hi> befehlen und<lb/>
verbiethen die Ge&#x017F;etze nicht immer, &#x017F;ondern &#x017F;ie <hi rendition="#g">erlau-<lb/>
ben</hi> auch; z. B. die Ge&#x017F;etze erlauben dem Vater, &#x017F;ei-<lb/>
nen unmu&#x0364;ndigen Kindern kraft &#x017F;einer va&#x0364;terlichen Gewalt<lb/>
in &#x017F;einem Te&#x017F;tament einen Vormund zu ernennen, des-<lb/>
gleichen ihnen pupillariter zu &#x017F;ub&#x017F;tituiren Allein der<lb/>
Autor wird in der Folge §. 14. die&#x017F;em Zweifel &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
begegnen. Ein Ge&#x017F;etz in der angegebenen Bedeutung<lb/>
giebt al&#x017F;o 1) ein <hi rendition="#g">Oberherr</hi>; nun giebt es Oberherrn<lb/>
in jeder ungleichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, dahero die Ge&#x017F;etze in<lb/>
die&#x017F;er Hin&#x017F;icht &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen. Wir ha-<lb/>
ben Ge&#x017F;etze, welche von dem Regenten der Kirche, wir<lb/>
haben aber auch Ge&#x017F;etze, welche von dem Regenten des<lb/>
Staats &#x017F;ind vorge&#x017F;chrieben worden; er&#x017F;tere werden <hi rendition="#g">bu&#x0364;r-<lb/>
gerliche Ge&#x017F;etze</hi> (<hi rendition="#aq">leges civiles</hi>) leztere <hi rendition="#g">Kirchenge-<lb/>
&#x017F;etze</hi> (<hi rendition="#aq">leges eccle&#x017F;ia&#x017F;ticae</hi>) genannt. Es i&#x017F;t auch nicht<lb/>
ungewo&#x0364;hnlich, die Civilge&#x017F;etze <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">leges</hi></hi> &#x017F;chlechtweg zu nen-<lb/>
nen, und die&#x017F;es wu&#x0364;rde al&#x017F;o eine eigene Bedeutung die-<lb/>
&#x017F;es Worts ausmachen. 2) Der Oberherr giebt das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;ez</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Glu&#x0364;cks Erla&#x0364;ut. d. Pand. 1. Th. D</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0069] de Iuſtitia et Iure. ſen 65). Endlich 5) iſt Lex ſoviel als Geſetz, und nun fraͤgt ſich’s II. was man eigentlich unter einem Geſetz verſtehe? Da die allgemeine Bedeutung dieſes Worts ſchon oben da geweſen iſt, ſo wollen wir jetzo nur noch die uͤbrigen hinzufuͤgen. I) Geſez im eigentlichen Verſtande iſt die nach dem Willen des Oberherrn vorgeſchriebene Norm, nach welcher ſeine Unterthanen ihre Handlungen einzurichten vollkommen verbun- den ſind. In dieſem Verſtande nimmt es Hellfeld hier, nun lieſſe ſich zwar dagegen einwenden, daß es auch Permiſſivgeſetze gebe, denn nach dem Ausſpruch des Modeſtins L. 7. D. de legibus, befehlen und verbiethen die Geſetze nicht immer, ſondern ſie erlau- ben auch; z. B. die Geſetze erlauben dem Vater, ſei- nen unmuͤndigen Kindern kraft ſeiner vaͤterlichen Gewalt in ſeinem Teſtament einen Vormund zu ernennen, des- gleichen ihnen pupillariter zu ſubſtituiren Allein der Autor wird in der Folge §. 14. dieſem Zweifel ſelbſt begegnen. Ein Geſetz in der angegebenen Bedeutung giebt alſo 1) ein Oberherr; nun giebt es Oberherrn in jeder ungleichen Geſellſchaft, dahero die Geſetze in dieſer Hinſicht ſehr verſchieden ſeyn koͤnnen. Wir ha- ben Geſetze, welche von dem Regenten der Kirche, wir haben aber auch Geſetze, welche von dem Regenten des Staats ſind vorgeſchrieben worden; erſtere werden buͤr- gerliche Geſetze (leges civiles) leztere Kirchenge- ſetze (leges eccleſiaſticae) genannt. Es iſt auch nicht ungewoͤhnlich, die Civilgeſetze leges ſchlechtweg zu nen- nen, und dieſes wuͤrde alſo eine eigene Bedeutung die- ſes Worts ausmachen. 2) Der Oberherr giebt das Geſez 65) ernesti in Clavi Ciceron. ſowohl zu Anfang des In- dicis Legum als ſub. voc. Lex. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/69
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/69>, abgerufen am 24.11.2024.