Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798.Mehrheit der Stimmen sich befinde? Oder soll etwa die ge- S. 219. 14) L. un. Cod. Theodos de Responsis prudentum. 15) Casp. ziegler in Dicastice Conclus. XXXIX. §. 30. 16) Man vergleiche hier vorzüglich de cocceji ius civile con-
trov. Lib. I. Tit. III. Qu. 16. Ich kann hierbey nicht unbe- merkt lassen, daß mit den von mir vorgetragenen Grundsätzen auch das neue allgemeine Preußische Landrecht übereinstimmt, in welchem es §. 8. der Einleitung heißt: Auf Meinungen der Rechtslehrer oder ältern Aus- sprüche der Richter, soll bey künftigen Ent- scheidungen keine Rücksicht genommen werden. Mehrheit der Stimmen ſich befinde? Oder ſoll etwa die ge- S. 219. 14) L. un. Cod. Theodoſ de Reſponſis prudentum. 15) Caſp. ziegler in Dicaſtice Concluſ. XXXIX. §. 30. 16) Man vergleiche hier vorzuͤglich de cocceji ius civile con-
trov. Lib. I. Tit. III. Qu. 16. Ich kann hierbey nicht unbe- merkt laſſen, daß mit den von mir vorgetragenen Grundſaͤtzen auch das neue allgemeine Preußiſche Landrecht uͤbereinſtimmt, in welchem es §. 8. der Einleitung heißt: Auf Meinungen der Rechtslehrer oder aͤltern Aus- ſpruͤche der Richter, ſoll bey kuͤnftigen Ent- ſcheidungen keine Ruͤckſicht genommen werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0060" n="52"/> Mehrheit der Stimmen ſich befinde? Oder ſoll etwa die <hi rendition="#g">ge-<lb/> meine Meinung</hi> nach der Groͤſſe des Anſehens der Rechts-<lb/> gelehrten, welche dies oder jenes behauptet haben, beſtimmt wer-<lb/> den? ſo geraͤth man auch hier wieder in ein Labyrith von re-<lb/> lativen Begriffen, aus denen man ſchwerlich einen Ausweg finden<lb/> moͤchte. Haͤtten wir freylich ein ſolches Gebot, wie weiland die<lb/> Kaiſer <hi rendition="#g">Theodoſius</hi> und <hi rendition="#g">Valentinian</hi> promulgirten <note place="foot" n="14)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L. un. Cod. Theodoſ de Reſponſis prudentum.</hi></hi></note>,<lb/> nach welchem in den Faͤllen, da die Meinungen der Rechtsgelehr-<lb/> ten getheilt waren, die Meinung des <hi rendition="#g">Papinians</hi> den Vor-<lb/> zug haben ſollte, ſo wuͤrde ſich das uͤberwiegende Anſehen der-<lb/> jenigen Rechtsgelehrten leicht beſtimmen laſſen, deren Meinung<lb/> zu befolgen waͤre. Allein ſchon <hi rendition="#g">Juſtinian</hi> ſahe das Unſchickli-<lb/> che einer ſolchen geſetzlichen Vorordnung ein, daher er in ſeiner<lb/> Conſtitution <hi rendition="#aq">de conceptione Digeſtorum ad Tribonianum</hi> §. 6.<lb/> den Verfaſſern ſeiner Pandecten ſehr nachdruͤcklich einſchaͤrfte,<lb/> bey vorkommender Verſchiedenheit der Meinungen in den Schrif-<lb/> ten der Rechtsgelehrten ja nicht <hi rendition="#aq">ex mutitudine auctorum</hi> zu beur-<lb/> theilen, <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">quod melius et aequius ſit,</hi></hi> weil zuweilen die Meinung<lb/> eines an ſich nicht ſo beruͤhmten Rechtsgelehrten an Gruͤndlich-<lb/> keit und Scharfſinn die Meinung vieler groſſen Rechtsgelehrten<lb/> uͤbertreffen koͤnne. Geſetzt aber, daß auch alle jene Hinderniſſe<lb/> weggeraͤumt, und die <hi rendition="#g">gemeine Meinung</hi> entdeckt werden<lb/> koͤnnte, ſo wird man doch bey genauerer Pruͤfung noch immer<lb/> beſtaͤtiget finden, was ſchon ein beruͤhmter Rechtsgelehrter des<lb/> vorigen Jahrhunderts <note place="foot" n="15)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Caſp.</hi><hi rendition="#k">ziegler</hi> in Dicaſtice Concluſ. XXXIX.</hi> §. 30.</note> mit eben ſo viel Wahrheit als Frey-<lb/> muͤthigkeit ſagte, daß <hi rendition="#g">gemeine Meinungen</hi> der Rechtsge-<lb/> lehrten nicht ſelten <hi rendition="#g">gemeine Irrthuͤmer</hi> ſind <note place="foot" n="16)">Man vergleiche hier vorzuͤglich <hi rendition="#aq">de <hi rendition="#k">cocceji</hi> ius civile con-<lb/> trov. Lib. I. Tit. III. Qu.</hi> 16. Ich kann hierbey nicht unbe-<lb/> merkt laſſen, daß mit den von mir vorgetragenen Grundſaͤtzen<lb/> auch das <hi rendition="#g">neue allgemeine Preußiſche Landrecht</hi><lb/> uͤbereinſtimmt, in welchem es §. 8. der Einleitung heißt: <hi rendition="#g">Auf<lb/> Meinungen der Rechtslehrer oder aͤltern Aus-<lb/> ſpruͤche der Richter, ſoll bey kuͤnftigen Ent-<lb/> ſcheidungen keine Ruͤckſicht genommen werden</hi>.</note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">S. 219.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0060]
Mehrheit der Stimmen ſich befinde? Oder ſoll etwa die ge-
meine Meinung nach der Groͤſſe des Anſehens der Rechts-
gelehrten, welche dies oder jenes behauptet haben, beſtimmt wer-
den? ſo geraͤth man auch hier wieder in ein Labyrith von re-
lativen Begriffen, aus denen man ſchwerlich einen Ausweg finden
moͤchte. Haͤtten wir freylich ein ſolches Gebot, wie weiland die
Kaiſer Theodoſius und Valentinian promulgirten 14),
nach welchem in den Faͤllen, da die Meinungen der Rechtsgelehr-
ten getheilt waren, die Meinung des Papinians den Vor-
zug haben ſollte, ſo wuͤrde ſich das uͤberwiegende Anſehen der-
jenigen Rechtsgelehrten leicht beſtimmen laſſen, deren Meinung
zu befolgen waͤre. Allein ſchon Juſtinian ſahe das Unſchickli-
che einer ſolchen geſetzlichen Vorordnung ein, daher er in ſeiner
Conſtitution de conceptione Digeſtorum ad Tribonianum §. 6.
den Verfaſſern ſeiner Pandecten ſehr nachdruͤcklich einſchaͤrfte,
bey vorkommender Verſchiedenheit der Meinungen in den Schrif-
ten der Rechtsgelehrten ja nicht ex mutitudine auctorum zu beur-
theilen, quod melius et aequius ſit, weil zuweilen die Meinung
eines an ſich nicht ſo beruͤhmten Rechtsgelehrten an Gruͤndlich-
keit und Scharfſinn die Meinung vieler groſſen Rechtsgelehrten
uͤbertreffen koͤnne. Geſetzt aber, daß auch alle jene Hinderniſſe
weggeraͤumt, und die gemeine Meinung entdeckt werden
koͤnnte, ſo wird man doch bey genauerer Pruͤfung noch immer
beſtaͤtiget finden, was ſchon ein beruͤhmter Rechtsgelehrter des
vorigen Jahrhunderts 15) mit eben ſo viel Wahrheit als Frey-
muͤthigkeit ſagte, daß gemeine Meinungen der Rechtsge-
lehrten nicht ſelten gemeine Irrthuͤmer ſind 16).
S. 219.
14) L. un. Cod. Theodoſ de Reſponſis prudentum.
15) Caſp. ziegler in Dicaſtice Concluſ. XXXIX. §. 30.
16) Man vergleiche hier vorzuͤglich de cocceji ius civile con-
trov. Lib. I. Tit. III. Qu. 16. Ich kann hierbey nicht unbe-
merkt laſſen, daß mit den von mir vorgetragenen Grundſaͤtzen
auch das neue allgemeine Preußiſche Landrecht
uͤbereinſtimmt, in welchem es §. 8. der Einleitung heißt: Auf
Meinungen der Rechtslehrer oder aͤltern Aus-
ſpruͤche der Richter, ſoll bey kuͤnftigen Ent-
ſcheidungen keine Ruͤckſicht genommen werden.
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