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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 5. Tit. §. 116.
Obrigkeit errichteten, und gerichtlich bestättigten Ehe
gebohrne Kinder, wie z. B. in Holland gebräuchlich
ist 52).

III) Die in einer vermeintlichen Ehe erzeugte
Kinder 53). Man nennt eine vermeintliche Ehe
(matrimonium putativnm) eine solche Ehe, die zwar we-
gen eines derselben entgegenstehenden öffentlichen vernich-
tenden Hindernisses an sich betrachtet, null ist, aber doch
darum, weil selbige zwischen Personen, denen entweder
beyderseits, oder nur wenigstens eines Theils dies Hin-
derniß nicht bekannt war, förmlich geschlossen und voll-
bracht worden ist, in der Zwischenzeit, und so lang sie
nicht obrigkeitlich getrennt wird, alle rechtliche Wirkun-
gen hervorbringt, die nach gemeinen Rechten einer gül-
tigen wahren Ehe zukommen 54). Es wird also hierbey
jederzeit eine wirklich und förmlich geschlossene Ehe zum
voraus gesetzt, daher einem unehelichen Beyschlaf, gesetzt
auch, daß auf Seiten des einen schuldloser Irrthum, oder
Mangel der Einwilligung, wie bey der Nothzucht, oder
einem andern stuprum involuntarium, weder Zurech-
nung noch Strafe statt finden ließe, die Wirkung und
Rechte einer vermeintlichen Ehe nicht beygelegt, noch die
aus einem solchen Beyschlaf erzeugte Kinder den recht-

mäsi-
52) S. Benthems Holländischen Kirchen- und Schulenstaat.
S. 314. u. S. 347.
53) c. 2. et 14. X. qui filii sint legitimi.
54) S. Io. Nic. hert Diss. de matrimonio putativo in Opuscul.
Vol. I. T. I. p. 348 -- 408. Ern. Christ. westphal Diss. de
veris casibus matrimonii putativi. Halae
1758. und Gottfr.
mascov Prol. de matrimonio putativo.
H. GJR. Böhmer
Princip. iur. can. §. 386. und Schott Eherecht §. 138.

1. Buch. 5. Tit. §. 116.
Obrigkeit errichteten, und gerichtlich beſtaͤttigten Ehe
gebohrne Kinder, wie z. B. in Holland gebraͤuchlich
iſt 52).

III) Die in einer vermeintlichen Ehe erzeugte
Kinder 53). Man nennt eine vermeintliche Ehe
(matrimonium putativnm) eine ſolche Ehe, die zwar we-
gen eines derſelben entgegenſtehenden oͤffentlichen vernich-
tenden Hinderniſſes an ſich betrachtet, null iſt, aber doch
darum, weil ſelbige zwiſchen Perſonen, denen entweder
beyderſeits, oder nur wenigſtens eines Theils dies Hin-
derniß nicht bekannt war, foͤrmlich geſchloſſen und voll-
bracht worden iſt, in der Zwiſchenzeit, und ſo lang ſie
nicht obrigkeitlich getrennt wird, alle rechtliche Wirkun-
gen hervorbringt, die nach gemeinen Rechten einer guͤl-
tigen wahren Ehe zukommen 54). Es wird alſo hierbey
jederzeit eine wirklich und foͤrmlich geſchloſſene Ehe zum
voraus geſetzt, daher einem unehelichen Beyſchlaf, geſetzt
auch, daß auf Seiten des einen ſchuldloſer Irrthum, oder
Mangel der Einwilligung, wie bey der Nothzucht, oder
einem andern ſtuprum involuntarium, weder Zurech-
nung noch Strafe ſtatt finden ließe, die Wirkung und
Rechte einer vermeintlichen Ehe nicht beygelegt, noch die
aus einem ſolchen Beyſchlaf erzeugte Kinder den recht-

maͤſi-
52) S. Benthems Hollaͤndiſchen Kirchen- und Schulenſtaat.
S. 314. u. S. 347.
53) c. 2. et 14. X. qui filii ſint legitimi.
54) S. Io. Nic. hert Diſſ. de matrimonio putativo in Opuſcul.
Vol. I. T. I. p. 348 — 408. Ern. Chriſt. westphal Diſſ. de
veris caſibus matrimonii putativi. Halae
1758. und Gottfr.
mascov Prol. de matrimonio putativo.
H. GJR. Boͤhmer
Princip. iur. can. §. 386. und Schott Eherecht §. 138.
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[92/0106] 1. Buch. 5. Tit. §. 116. Obrigkeit errichteten, und gerichtlich beſtaͤttigten Ehe gebohrne Kinder, wie z. B. in Holland gebraͤuchlich iſt 52). III) Die in einer vermeintlichen Ehe erzeugte Kinder 53). Man nennt eine vermeintliche Ehe (matrimonium putativnm) eine ſolche Ehe, die zwar we- gen eines derſelben entgegenſtehenden oͤffentlichen vernich- tenden Hinderniſſes an ſich betrachtet, null iſt, aber doch darum, weil ſelbige zwiſchen Perſonen, denen entweder beyderſeits, oder nur wenigſtens eines Theils dies Hin- derniß nicht bekannt war, foͤrmlich geſchloſſen und voll- bracht worden iſt, in der Zwiſchenzeit, und ſo lang ſie nicht obrigkeitlich getrennt wird, alle rechtliche Wirkun- gen hervorbringt, die nach gemeinen Rechten einer guͤl- tigen wahren Ehe zukommen 54). Es wird alſo hierbey jederzeit eine wirklich und foͤrmlich geſchloſſene Ehe zum voraus geſetzt, daher einem unehelichen Beyſchlaf, geſetzt auch, daß auf Seiten des einen ſchuldloſer Irrthum, oder Mangel der Einwilligung, wie bey der Nothzucht, oder einem andern ſtuprum involuntarium, weder Zurech- nung noch Strafe ſtatt finden ließe, die Wirkung und Rechte einer vermeintlichen Ehe nicht beygelegt, noch die aus einem ſolchen Beyſchlaf erzeugte Kinder den recht- maͤſi- 52) S. Benthems Hollaͤndiſchen Kirchen- und Schulenſtaat. S. 314. u. S. 347. 53) c. 2. et 14. X. qui filii ſint legitimi. 54) S. Io. Nic. hert Diſſ. de matrimonio putativo in Opuſcul. Vol. I. T. I. p. 348 — 408. Ern. Chriſt. westphal Diſſ. de veris caſibus matrimonii putativi. Halae 1758. und Gottfr. mascov Prol. de matrimonio putativo. H. GJR. Boͤhmer Princip. iur. can. §. 386. und Schott Eherecht §. 138.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/106>, abgerufen am 12.05.2024.