Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 5. Tit. §. 117. in vorzüglichen Grade zugeschrieben wird. Diese wirdin unsern Gesetzen nicht nur als die Ursach angegeben, warum Frauenzimmer keine Bürgschaft gültig überneh- men können, sondern warum sie auch überhaupt von öffen- lichen Aemtern ausgeschlossen sind 21). Unter jener Schwäche des Geschlechts, oder wie sich die Gese- tze eigentlich ausdrücken, sexus imbecillitas 22), infirmi- tas foeminarum 23), ist jedoch nicht Mangel des Ver- standes, als welcher ihnen von den Gesetzen keinesweges abgesprochen wird 24), auch nicht natürliche Schwach- heit des Körpers zu verstehen, sondern vielmehr a) eine ge- wisse gutmüthige Neigung, sich andern gefällig zu bewei- sen, eine den Frauenzimmern natürliche Güte des Herzens, vermöge welcher sie sich im Vertrauen auf die Redlichkeit des Schuldners nur gar zu leicht pflegen bewegen zu lassen, eine Interceßion zu übernehmen, wobey nur die gute Ab- sicht obwaltet, durch ein gegebenes Wort Jemand zu die- nen, übrigens aber kein wirklicher Schade befürchtet wird 25). Aus diesem wahren Grunde will daher der Vellejanische Rathschluß nur das Frauenzimmer in den Fällen schützen, wo sie eine fremde Verbind- lichkeit übernahmen, und sich aus bloßer Gefälligkeit der Gefahr unterzogen, etwas zu bezahlen, welches zu ver- lieren sie weder die Absicht, noch anders woher eine Ver- bind- 21) L. 2. D. ad SCtum Vellejan. L. 2. D. de Reg. Iur. 22) L. 2. §. 2. D. ad SCtum Vellej. 23) Cit. L. 2. §. 3. D. eodem. 24) L. 12. §. 2. D. de iudiciis. 25) Man vergleiche hierbey vorzüglich Hrn. Prof. Webers
Beyträge zu der Lehre von gerichtlichen Klagen und Einreden. (Schwerin und Wismar 1789. 8.) 3te Betrachtung S. 36. u. folg. 1. Buch. 5. Tit. §. 117. in vorzuͤglichen Grade zugeſchrieben wird. Dieſe wirdin unſern Geſetzen nicht nur als die Urſach angegeben, warum Frauenzimmer keine Buͤrgſchaft guͤltig uͤberneh- men koͤnnen, ſondern warum ſie auch uͤberhaupt von oͤffen- lichen Aemtern ausgeſchloſſen ſind 21). Unter jener Schwaͤche des Geſchlechts, oder wie ſich die Geſe- tze eigentlich ausdruͤcken, ſexus imbecillitas 22), infirmi- tas foeminarum 23), iſt jedoch nicht Mangel des Ver- ſtandes, als welcher ihnen von den Geſetzen keinesweges abgeſprochen wird 24), auch nicht natuͤrliche Schwach- heit des Koͤrpers zu verſtehen, ſondern vielmehr a) eine ge- wiſſe gutmuͤthige Neigung, ſich andern gefaͤllig zu bewei- ſen, eine den Frauenzimmern natuͤrliche Guͤte des Herzens, vermoͤge welcher ſie ſich im Vertrauen auf die Redlichkeit des Schuldners nur gar zu leicht pflegen bewegen zu laſſen, eine Interceßion zu uͤbernehmen, wobey nur die gute Ab- ſicht obwaltet, durch ein gegebenes Wort Jemand zu die- nen, uͤbrigens aber kein wirklicher Schade befuͤrchtet wird 25). Aus dieſem wahren Grunde will daher der Vellejaniſche Rathſchluß nur das Frauenzimmer in den Faͤllen ſchuͤtzen, wo ſie eine fremde Verbind- lichkeit uͤbernahmen, und ſich aus bloßer Gefaͤlligkeit der Gefahr unterzogen, etwas zu bezahlen, welches zu ver- lieren ſie weder die Abſicht, noch anders woher eine Ver- bind- 21) L. 2. D. ad SCtum Vellejan. L. 2. D. de Reg. Iur. 22) L. 2. §. 2. D. ad SCtum Vellej. 23) Cit. L. 2. §. 3. D. eodem. 24) L. 12. §. 2. D. de iudiciiſ. 25) Man vergleiche hierbey vorzuͤglich Hrn. Prof. Webers
Beytraͤge zu der Lehre von gerichtlichen Klagen und Einreden. (Schwerin und Wismar 1789. 8.) 3te Betrachtung S. 36. u. folg. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0130" n="116"/><fw place="top" type="header">1. Buch. 5. Tit. §. 117.</fw><lb/> in vorzuͤglichen Grade zugeſchrieben wird. Dieſe wird<lb/> in unſern Geſetzen nicht nur als die Urſach angegeben,<lb/> warum Frauenzimmer keine Buͤrgſchaft guͤltig uͤberneh-<lb/> men koͤnnen, ſondern warum ſie auch uͤberhaupt von oͤffen-<lb/> lichen Aemtern ausgeſchloſſen ſind <note place="foot" n="21)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2. <hi rendition="#i">D. ad SCtum Vellejan. L.</hi> 2. <hi rendition="#i">D. de Reg. Iur.</hi></hi></note>. Unter jener<lb/><hi rendition="#g">Schwaͤche des Geſchlechts</hi>, oder wie ſich die Geſe-<lb/> tze eigentlich ausdruͤcken, <hi rendition="#aq">ſexus imbecillitas</hi> <note place="foot" n="22)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2. §. 2. <hi rendition="#i">D. ad SCtum Vellej.</hi></hi></note>, <hi rendition="#aq">infirmi-<lb/> tas foeminarum</hi> <note place="foot" n="23)"><hi rendition="#aq">Cit. <hi rendition="#i">L.</hi> 2. §. 3. <hi rendition="#i">D. eodem.</hi></hi></note>, iſt jedoch nicht Mangel des Ver-<lb/> ſtandes, als welcher ihnen von den Geſetzen keinesweges<lb/> abgeſprochen wird <note place="foot" n="24)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 12. §. 2. <hi rendition="#i">D. de iudiciiſ.</hi></hi></note>, auch nicht natuͤrliche Schwach-<lb/> heit des Koͤrpers zu verſtehen, ſondern vielmehr <hi rendition="#aq">a</hi>) eine ge-<lb/> wiſſe gutmuͤthige Neigung, ſich andern gefaͤllig zu bewei-<lb/> ſen, eine den Frauenzimmern natuͤrliche Guͤte des Herzens,<lb/> vermoͤge welcher ſie ſich im Vertrauen auf die Redlichkeit<lb/> des Schuldners nur gar zu leicht pflegen bewegen zu laſſen,<lb/> eine Interceßion zu uͤbernehmen, wobey nur die gute Ab-<lb/> ſicht obwaltet, durch ein gegebenes Wort Jemand zu die-<lb/> nen, uͤbrigens aber kein wirklicher Schade befuͤrchtet<lb/> wird <note place="foot" n="25)">Man vergleiche hierbey vorzuͤglich Hrn. Prof. <hi rendition="#g">Webers</hi><lb/> Beytraͤge zu der Lehre von gerichtlichen Klagen und Einreden.<lb/> (<hi rendition="#g">Schwerin</hi> und <hi rendition="#g">Wismar</hi> 1789. 8.) 3te Betrachtung<lb/> S. 36. u. folg.</note>. Aus dieſem wahren Grunde will daher<lb/> der Vellejaniſche Rathſchluß nur das Frauenzimmer<lb/> in den Faͤllen ſchuͤtzen, wo ſie eine fremde Verbind-<lb/> lichkeit uͤbernahmen, und ſich aus bloßer Gefaͤlligkeit der<lb/> Gefahr unterzogen, etwas zu bezahlen, welches zu ver-<lb/> lieren ſie weder die Abſicht, noch anders woher eine Ver-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">bind-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0130]
1. Buch. 5. Tit. §. 117.
in vorzuͤglichen Grade zugeſchrieben wird. Dieſe wird
in unſern Geſetzen nicht nur als die Urſach angegeben,
warum Frauenzimmer keine Buͤrgſchaft guͤltig uͤberneh-
men koͤnnen, ſondern warum ſie auch uͤberhaupt von oͤffen-
lichen Aemtern ausgeſchloſſen ſind 21). Unter jener
Schwaͤche des Geſchlechts, oder wie ſich die Geſe-
tze eigentlich ausdruͤcken, ſexus imbecillitas 22), infirmi-
tas foeminarum 23), iſt jedoch nicht Mangel des Ver-
ſtandes, als welcher ihnen von den Geſetzen keinesweges
abgeſprochen wird 24), auch nicht natuͤrliche Schwach-
heit des Koͤrpers zu verſtehen, ſondern vielmehr a) eine ge-
wiſſe gutmuͤthige Neigung, ſich andern gefaͤllig zu bewei-
ſen, eine den Frauenzimmern natuͤrliche Guͤte des Herzens,
vermoͤge welcher ſie ſich im Vertrauen auf die Redlichkeit
des Schuldners nur gar zu leicht pflegen bewegen zu laſſen,
eine Interceßion zu uͤbernehmen, wobey nur die gute Ab-
ſicht obwaltet, durch ein gegebenes Wort Jemand zu die-
nen, uͤbrigens aber kein wirklicher Schade befuͤrchtet
wird 25). Aus dieſem wahren Grunde will daher
der Vellejaniſche Rathſchluß nur das Frauenzimmer
in den Faͤllen ſchuͤtzen, wo ſie eine fremde Verbind-
lichkeit uͤbernahmen, und ſich aus bloßer Gefaͤlligkeit der
Gefahr unterzogen, etwas zu bezahlen, welches zu ver-
lieren ſie weder die Abſicht, noch anders woher eine Ver-
bind-
21) L. 2. D. ad SCtum Vellejan. L. 2. D. de Reg. Iur.
22) L. 2. §. 2. D. ad SCtum Vellej.
23) Cit. L. 2. §. 3. D. eodem.
24) L. 12. §. 2. D. de iudiciiſ.
25) Man vergleiche hierbey vorzuͤglich Hrn. Prof. Webers
Beytraͤge zu der Lehre von gerichtlichen Klagen und Einreden.
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