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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 5. Tit. §. 119.
gelehrsamkeit der herrschaftlichen Gewalt gesetzt hat 74),
ist es doch immer Grundsatz des römischen Rechts geblie-
ben, daß Sclaven zwar Menschen, aber keine Per-
sonen im Staate sind 75). Als Menschen betrachtet,
ließ man ihnen daher diejenigen Rechte angedeyen, die
nach dem Naturrecht unter Menschen statt finden 76).
So war es z. B. nicht erlaubt, einen fremden Sclaven
ohne rechtmäsige Ursach zu tödten. Hatte ihn Jemand
getöder, und es war aus Fahrläßigkeit, oder aus einem
groben Versehen geschehen, so verfiel der Thäter in die
Strafe des Aquilischen Gesetzes 77); hatte er ihn aber
aus Vorsatz umgebracht, so wurde der Mörder eben so
nach dem Cornelischen Gesetz vom Todtschlag gerichtet,
als wenn er eine freye Person getödtet hätte 78). So
bestrafte ferner der Prätor die einem fremden Sclaven
zugefügte Iniurie 79). Bey den Sclaven-Ehen kam

nicht
74) Zur allgemeinen Uebersicht aller vicissitudinum servitutis ro-
manae
empfehle ich die synchronistischen Tabellen in der oben
schon angeführten Meißnerischen oder Wiesandschen
Disputation
.
75) Ant. faber in Iurisprud. Papinianea Lib. I. Tit. 1 -- 7.
76) L. 32. D. de Reg. Iur. Hierüber hat vortreflich commen-
tirt Ge. d'arnaud in Diss. de iure Servorum. (Leovardiae
1744. 4) Cap. IV. et V.
77) L. 2. pr. D. ad L. Aquil.
78) L. 1. §. 2. D. ad L. Cornel. de Sicar. Und zwar hatte die
Strafe des Cornelischen Gesetzes auch alsdann noch statt,
wenn gleich der Todschläger seiner Verbindlichkeit aus dem
Aquilischen Gesetz schon ein Genüge geleistet hatte. L. 23.
§. 9. D. ad L. Aquil. §. 11. I. eodem.
79) L. 15. §. 35. D. de iniur. Nach dem strengen Civilrecht
hieß es zwar: Servis ipsis nullam fieri iniuriam, §. 3. Inst.
de iniuriis.
Allein der Prätor hat dies geändert. §. 7. I.
eodem.

1. Buch. 5. Tit. §. 119.
gelehrſamkeit der herrſchaftlichen Gewalt geſetzt hat 74),
iſt es doch immer Grundſatz des roͤmiſchen Rechts geblie-
ben, daß Sclaven zwar Menſchen, aber keine Per-
ſonen im Staate ſind 75). Als Menſchen betrachtet,
ließ man ihnen daher diejenigen Rechte angedeyen, die
nach dem Naturrecht unter Menſchen ſtatt finden 76).
So war es z. B. nicht erlaubt, einen fremden Sclaven
ohne rechtmaͤſige Urſach zu toͤdten. Hatte ihn Jemand
getoͤder, und es war aus Fahrlaͤßigkeit, oder aus einem
groben Verſehen geſchehen, ſo verfiel der Thaͤter in die
Strafe des Aquiliſchen Geſetzes 77); hatte er ihn aber
aus Vorſatz umgebracht, ſo wurde der Moͤrder eben ſo
nach dem Corneliſchen Geſetz vom Todtſchlag gerichtet,
als wenn er eine freye Perſon getoͤdtet haͤtte 78). So
beſtrafte ferner der Praͤtor die einem fremden Sclaven
zugefuͤgte Iniurie 79). Bey den Sclaven-Ehen kam

nicht
74) Zur allgemeinen Ueberſicht aller viciſſitudinum ſervitutis ro-
manae
empfehle ich die ſynchroniſtiſchen Tabellen in der oben
ſchon angefuͤhrten Meißneriſchen oder Wieſandſchen
Diſputation
.
75) Ant. faber in Iurisprud. Papinianea Lib. I. Tit. 1 — 7.
76) L. 32. D. de Reg. Iur. Hieruͤber hat vortreflich commen-
tirt Ge. d’arnaud in Diſſ. de iure Servorum. (Leovardiae
1744. 4) Cap. IV. et V.
77) L. 2. pr. D. ad L. Aquil.
78) L. 1. §. 2. D. ad L. Cornel. de Sicar. Und zwar hatte die
Strafe des Corneliſchen Geſetzes auch alsdann noch ſtatt,
wenn gleich der Todſchlaͤger ſeiner Verbindlichkeit aus dem
Aquiliſchen Geſetz ſchon ein Genuͤge geleiſtet hatte. L. 23.
§. 9. D. ad L. Aquil. §. 11. I. eodem.
79) L. 15. §. 35. D. de iniur. Nach dem ſtrengen Civilrecht
hieß es zwar: Servis ipſis nullam fieri iniuriam, §. 3. Inſt.
de iniuriis.
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eodem.
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[130/0144] 1. Buch. 5. Tit. §. 119. gelehrſamkeit der herrſchaftlichen Gewalt geſetzt hat 74), iſt es doch immer Grundſatz des roͤmiſchen Rechts geblie- ben, daß Sclaven zwar Menſchen, aber keine Per- ſonen im Staate ſind 75). Als Menſchen betrachtet, ließ man ihnen daher diejenigen Rechte angedeyen, die nach dem Naturrecht unter Menſchen ſtatt finden 76). So war es z. B. nicht erlaubt, einen fremden Sclaven ohne rechtmaͤſige Urſach zu toͤdten. Hatte ihn Jemand getoͤder, und es war aus Fahrlaͤßigkeit, oder aus einem groben Verſehen geſchehen, ſo verfiel der Thaͤter in die Strafe des Aquiliſchen Geſetzes 77); hatte er ihn aber aus Vorſatz umgebracht, ſo wurde der Moͤrder eben ſo nach dem Corneliſchen Geſetz vom Todtſchlag gerichtet, als wenn er eine freye Perſon getoͤdtet haͤtte 78). So beſtrafte ferner der Praͤtor die einem fremden Sclaven zugefuͤgte Iniurie 79). Bey den Sclaven-Ehen kam nicht 74) Zur allgemeinen Ueberſicht aller viciſſitudinum ſervitutis ro- manae empfehle ich die ſynchroniſtiſchen Tabellen in der oben ſchon angefuͤhrten Meißneriſchen oder Wieſandſchen Diſputation. 75) Ant. faber in Iurisprud. Papinianea Lib. I. Tit. 1 — 7. 76) L. 32. D. de Reg. Iur. Hieruͤber hat vortreflich commen- tirt Ge. d’arnaud in Diſſ. de iure Servorum. (Leovardiae 1744. 4) Cap. IV. et V. 77) L. 2. pr. D. ad L. Aquil. 78) L. 1. §. 2. D. ad L. Cornel. de Sicar. Und zwar hatte die Strafe des Corneliſchen Geſetzes auch alsdann noch ſtatt, wenn gleich der Todſchlaͤger ſeiner Verbindlichkeit aus dem Aquiliſchen Geſetz ſchon ein Genuͤge geleiſtet hatte. L. 23. §. 9. D. ad L. Aquil. §. 11. I. eodem. 79) L. 15. §. 35. D. de iniur. Nach dem ſtrengen Civilrecht hieß es zwar: Servis ipſis nullam fieri iniuriam, §. 3. Inſt. de iniuriis. Allein der Praͤtor hat dies geaͤndert. §. 7. I. eodem.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/144>, abgerufen am 23.11.2024.