Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

de Statu Hominum.
den Zustandes, in welchen die Bauern durch übermäßi-
ge Dienste gerathen sind, das Beste des Landes erforder-
te, eine Aenderung in Ansehung der bisherigen Bauern-
Dienste vorzunehmen 53). Die Entscheidungsnormen bey
Bestimmung der gemeßenen Dienste geben die Dienstre-
gister
, desgleichen die Hof- und Annehmungsbriefe
der Unterthanen. Diese haben einen unstreitigen Ver-
trag zwischen der Herrschaft und ihren dienstpflichtigen
Unterthanen zum Grunde. Die Herrschaft eignet da-
durch einen ihrer Unterthanen den Besitz eines unter ih-
rer Gerichtsbarkeit liegenden Bauernguths zu, und die-
ser macht sich dagegen anheischig, derselben gewisse Dien-
ste und Abgaben dagegen richtig zu leisten. Die Dienst-
register
, oder wie sie auch an manchen Orten genennet
werden, die Diensturbarien aber enthalten ein genaues
Verzeichniß sowohl der Schuldigkeiten der Unterthanen
gegen die Herrschaft, als auch desjenigen, was die letztere
denen erstern besonders an Deputat u. d. zu entrichten
verbunden ist. In Ermangelung derselben muß auch ein
vieljähriges Herkommen und Observanz hierunter zur
Richtschnur dienen. Auch die Verjährung kann zuweilen
ungemessene Dienste in gemessene verwandeln, wenn die
Erforderniße derselben vorhanden sind. Hätte freylich
eine Bauerngemeinde, die sonst zu ungemessenen Dien-
sten verpflichtet war, binnen 30 Jahren wöchentlich nur
drey Tage gedienet, so würde dieses zu einer Verjährung
der ungemessenen Dienste noch nicht genug seyn, wenn
nicht auch zugleich erwiesen werden könnte, daß die
Herrschaft binnen dieser Zeit zwar mehr Dienst-Tage
gefordert, solche aber nicht geleistet worden wären, und

die-
53) S. Eichmann Erklärungen des bürgerlichen Rechts 2. Th.
S. 378.

de Statu Hominum.
den Zuſtandes, in welchen die Bauern durch uͤbermaͤßi-
ge Dienſte gerathen ſind, das Beſte des Landes erforder-
te, eine Aenderung in Anſehung der bisherigen Bauern-
Dienſte vorzunehmen 53). Die Entſcheidungsnormen bey
Beſtimmung der gemeßenen Dienſte geben die Dienſtre-
giſter
, desgleichen die Hof- und Annehmungsbriefe
der Unterthanen. Dieſe haben einen unſtreitigen Ver-
trag zwiſchen der Herrſchaft und ihren dienſtpflichtigen
Unterthanen zum Grunde. Die Herrſchaft eignet da-
durch einen ihrer Unterthanen den Beſitz eines unter ih-
rer Gerichtsbarkeit liegenden Bauernguths zu, und die-
ſer macht ſich dagegen anheiſchig, derſelben gewiſſe Dien-
ſte und Abgaben dagegen richtig zu leiſten. Die Dienſt-
regiſter
, oder wie ſie auch an manchen Orten genennet
werden, die Dienſturbarien aber enthalten ein genaues
Verzeichniß ſowohl der Schuldigkeiten der Unterthanen
gegen die Herrſchaft, als auch desjenigen, was die letztere
denen erſtern beſonders an Deputat u. d. zu entrichten
verbunden iſt. In Ermangelung derſelben muß auch ein
vieljaͤhriges Herkommen und Obſervanz hierunter zur
Richtſchnur dienen. Auch die Verjaͤhrung kann zuweilen
ungemeſſene Dienſte in gemeſſene verwandeln, wenn die
Erforderniße derſelben vorhanden ſind. Haͤtte freylich
eine Bauerngemeinde, die ſonſt zu ungemeſſenen Dien-
ſten verpflichtet war, binnen 30 Jahren woͤchentlich nur
drey Tage gedienet, ſo wuͤrde dieſes zu einer Verjaͤhrung
der ungemeſſenen Dienſte noch nicht genug ſeyn, wenn
nicht auch zugleich erwieſen werden koͤnnte, daß die
Herrſchaft binnen dieſer Zeit zwar mehr Dienſt-Tage
gefordert, ſolche aber nicht geleiſtet worden waͤren, und

die-
53) S. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts 2. Th.
S. 378.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0169" n="155"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Statu Hominum.</hi></fw><lb/>
den Zu&#x017F;tandes, in welchen die Bauern durch u&#x0364;berma&#x0364;ßi-<lb/>
ge Dien&#x017F;te gerathen &#x017F;ind, das Be&#x017F;te des Landes erforder-<lb/>
te, eine Aenderung in An&#x017F;ehung der bisherigen Bauern-<lb/>
Dien&#x017F;te vorzunehmen <note place="foot" n="53)">S. <hi rendition="#g">Eichmann</hi> Erkla&#x0364;rungen des bu&#x0364;rgerlichen Rechts 2. Th.<lb/>
S. 378.</note>. Die Ent&#x017F;cheidungsnormen bey<lb/>
Be&#x017F;timmung der gemeßenen Dien&#x017F;te geben die <hi rendition="#fr">Dien&#x017F;tre-<lb/>
gi&#x017F;ter</hi>, desgleichen die <hi rendition="#fr">Hof</hi>- und <hi rendition="#fr">Annehmungsbriefe</hi><lb/>
der Unterthanen. Die&#x017F;e haben einen un&#x017F;treitigen Ver-<lb/>
trag zwi&#x017F;chen der Herr&#x017F;chaft und ihren dien&#x017F;tpflichtigen<lb/>
Unterthanen zum Grunde. Die Herr&#x017F;chaft eignet da-<lb/>
durch einen ihrer Unterthanen den Be&#x017F;itz eines unter ih-<lb/>
rer Gerichtsbarkeit liegenden Bauernguths zu, und die-<lb/>
&#x017F;er macht &#x017F;ich dagegen anhei&#x017F;chig, der&#x017F;elben gewi&#x017F;&#x017F;e Dien-<lb/>
&#x017F;te und Abgaben dagegen richtig zu lei&#x017F;ten. Die <hi rendition="#fr">Dien&#x017F;t-<lb/>
regi&#x017F;ter</hi>, oder wie &#x017F;ie auch an manchen Orten genennet<lb/>
werden, die <hi rendition="#fr">Dien&#x017F;turbarien</hi> aber enthalten ein genaues<lb/>
Verzeichniß &#x017F;owohl der Schuldigkeiten der Unterthanen<lb/>
gegen die Herr&#x017F;chaft, als auch desjenigen, was die letztere<lb/>
denen er&#x017F;tern be&#x017F;onders an Deputat u. d. zu entrichten<lb/>
verbunden i&#x017F;t. In Ermangelung der&#x017F;elben muß auch ein<lb/>
vielja&#x0364;hriges Herkommen und Ob&#x017F;ervanz hierunter zur<lb/>
Richt&#x017F;chnur dienen. Auch die Verja&#x0364;hrung kann zuweilen<lb/>
ungeme&#x017F;&#x017F;ene Dien&#x017F;te in geme&#x017F;&#x017F;ene verwandeln, wenn die<lb/>
Erforderniße der&#x017F;elben vorhanden &#x017F;ind. Ha&#x0364;tte freylich<lb/>
eine Bauerngemeinde, die &#x017F;on&#x017F;t zu ungeme&#x017F;&#x017F;enen Dien-<lb/>
&#x017F;ten verpflichtet war, binnen 30 Jahren wo&#x0364;chentlich nur<lb/>
drey Tage gedienet, &#x017F;o wu&#x0364;rde die&#x017F;es zu einer Verja&#x0364;hrung<lb/>
der ungeme&#x017F;&#x017F;enen Dien&#x017F;te noch nicht genug &#x017F;eyn, wenn<lb/>
nicht auch zugleich erwie&#x017F;en werden ko&#x0364;nnte, daß die<lb/>
Herr&#x017F;chaft binnen die&#x017F;er Zeit zwar mehr Dien&#x017F;t-Tage<lb/>
gefordert, &#x017F;olche aber nicht gelei&#x017F;tet worden wa&#x0364;ren, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0169] de Statu Hominum. den Zuſtandes, in welchen die Bauern durch uͤbermaͤßi- ge Dienſte gerathen ſind, das Beſte des Landes erforder- te, eine Aenderung in Anſehung der bisherigen Bauern- Dienſte vorzunehmen 53). Die Entſcheidungsnormen bey Beſtimmung der gemeßenen Dienſte geben die Dienſtre- giſter, desgleichen die Hof- und Annehmungsbriefe der Unterthanen. Dieſe haben einen unſtreitigen Ver- trag zwiſchen der Herrſchaft und ihren dienſtpflichtigen Unterthanen zum Grunde. Die Herrſchaft eignet da- durch einen ihrer Unterthanen den Beſitz eines unter ih- rer Gerichtsbarkeit liegenden Bauernguths zu, und die- ſer macht ſich dagegen anheiſchig, derſelben gewiſſe Dien- ſte und Abgaben dagegen richtig zu leiſten. Die Dienſt- regiſter, oder wie ſie auch an manchen Orten genennet werden, die Dienſturbarien aber enthalten ein genaues Verzeichniß ſowohl der Schuldigkeiten der Unterthanen gegen die Herrſchaft, als auch desjenigen, was die letztere denen erſtern beſonders an Deputat u. d. zu entrichten verbunden iſt. In Ermangelung derſelben muß auch ein vieljaͤhriges Herkommen und Obſervanz hierunter zur Richtſchnur dienen. Auch die Verjaͤhrung kann zuweilen ungemeſſene Dienſte in gemeſſene verwandeln, wenn die Erforderniße derſelben vorhanden ſind. Haͤtte freylich eine Bauerngemeinde, die ſonſt zu ungemeſſenen Dien- ſten verpflichtet war, binnen 30 Jahren woͤchentlich nur drey Tage gedienet, ſo wuͤrde dieſes zu einer Verjaͤhrung der ungemeſſenen Dienſte noch nicht genug ſeyn, wenn nicht auch zugleich erwieſen werden koͤnnte, daß die Herrſchaft binnen dieſer Zeit zwar mehr Dienſt-Tage gefordert, ſolche aber nicht geleiſtet worden waͤren, und die- 53) S. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts 2. Th. S. 378.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/169
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/169>, abgerufen am 12.05.2024.