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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 131.
nicht möglich, einen allgemeinen Termin für das eintre-
tende Alter festzusetzen, weil die Erfahrung lehrt, daß
sich dasselbe bey dem einen früher, bey dem andern später,
äussert. Es kommt also hierbey alles auf das Ermessen
des Richters an 89), welcher bey seinem Urtheil über das
Alter eines Menschen vorzüglich auf die Leibes- und Ge-
müthskräfte desselben zu sehen hat 90); wenn nicht etwa
die gemeinen oder besondern Rechte in diesem oder jenem
Fall besonders bestimmt hätten, wenn ein Mensch für alt
gehalten werden solle. So z. B. nehmen die römischen
Gesetze an, daß man nach zurückgelegten sechzigsten
Jahre zum Zeugungsgeschäft nicht mehr aufgelegt sey, und
erlauben daher, in einem solchen Alter zu adoptiren 91).
Sie sprechen ferner denjenigen, welcher siebenzig
Jahr alt ist, von der Uebernahme der Vormundschaften
frey 92) u. s. w. In Sachsen wird ein Mensch für alt
gehalten, wenn er das sechzigste Jahre überschritten hat 93).

§. 131.
Unterschied zwischen Personen, die sui iuris, aber noch minder-
jährig
sind, in Absicht der Vormundschaft.

Personen, welche von der väterlichen Gewalt frey,
aber noch unmündig sind, werden Pupillen, Mündel
oder Mündlinge 94) genennt. Solche junge Leute, wenn

sie
89) zacchias Quaestion. Medico-Legal. Lib. I. Tit. 1. Qu. 9.
carpzov Pract. rer. crim. P. III Qu. 144. n.
13.
90) Eichmann in den Erklärungen des bürgerlichen Rechts
3. Th. S. 56. u. folgg.
91) L. 15. §. 2. D. de adoption.
92) §. 13. Inst. de excusat. tutor. L. 2. §. 1. D. eodem. L. 3.
D. de iure immunitat. L. un. Cod. qui aetate se excusant.
93) Sächsisch Landrecht B. I. Art. 48.
94) L. 239. pr. D. de Verb. Significat. pupillus est, qui,
cum impubes est, desiit in patris potestate esse aut morte, aut
emancipatione.

1. Buch. 6. Tit. §. 131.
nicht moͤglich, einen allgemeinen Termin fuͤr das eintre-
tende Alter feſtzuſetzen, weil die Erfahrung lehrt, daß
ſich daſſelbe bey dem einen fruͤher, bey dem andern ſpaͤter,
aͤuſſert. Es kommt alſo hierbey alles auf das Ermeſſen
des Richters an 89), welcher bey ſeinem Urtheil uͤber das
Alter eines Menſchen vorzuͤglich auf die Leibes- und Ge-
muͤthskraͤfte deſſelben zu ſehen hat 90); wenn nicht etwa
die gemeinen oder beſondern Rechte in dieſem oder jenem
Fall beſonders beſtimmt haͤtten, wenn ein Menſch fuͤr alt
gehalten werden ſolle. So z. B. nehmen die roͤmiſchen
Geſetze an, daß man nach zuruͤckgelegten ſechzigſten
Jahre zum Zeugungsgeſchaͤft nicht mehr aufgelegt ſey, und
erlauben daher, in einem ſolchen Alter zu adoptiren 91).
Sie ſprechen ferner denjenigen, welcher ſiebenzig
Jahr alt iſt, von der Uebernahme der Vormundſchaften
frey 92) u. ſ. w. In Sachſen wird ein Menſch fuͤr alt
gehalten, wenn er das ſechzigſte Jahre uͤberſchritten hat 93).

§. 131.
Unterſchied zwiſchen Perſonen, die ſui iuris, aber noch minder-
jaͤhrig
ſind, in Abſicht der Vormundſchaft.

Perſonen, welche von der vaͤterlichen Gewalt frey,
aber noch unmuͤndig ſind, werden Pupillen, Muͤndel
oder Muͤndlinge 94) genennt. Solche junge Leute, wenn

ſie
89) zacchias Quaeſtion. Medico-Legal. Lib. I. Tit. 1. Qu. 9.
carpzov Pract. rer. crim. P. III Qu. 144. n.
13.
90) Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts
3. Th. S. 56. u. folgg.
91) L. 15. §. 2. D. de adoption.
92) §. 13. Inſt. de excuſat. tutor. L. 2. §. 1. D. eodem. L. 3.
D. de iure immunitat. L. un. Cod. qui aetate ſe excuſant.
93) Saͤchſiſch Landrecht B. I. Art. 48.
94) L. 239. pr. D. de Verb. Significat. pupillus eſt, qui,
cum impubes eſt, deſiit in patris poteſtate eſſe aut morte, aut
emancipatione.
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[200/0214] 1. Buch. 6. Tit. §. 131. nicht moͤglich, einen allgemeinen Termin fuͤr das eintre- tende Alter feſtzuſetzen, weil die Erfahrung lehrt, daß ſich daſſelbe bey dem einen fruͤher, bey dem andern ſpaͤter, aͤuſſert. Es kommt alſo hierbey alles auf das Ermeſſen des Richters an 89), welcher bey ſeinem Urtheil uͤber das Alter eines Menſchen vorzuͤglich auf die Leibes- und Ge- muͤthskraͤfte deſſelben zu ſehen hat 90); wenn nicht etwa die gemeinen oder beſondern Rechte in dieſem oder jenem Fall beſonders beſtimmt haͤtten, wenn ein Menſch fuͤr alt gehalten werden ſolle. So z. B. nehmen die roͤmiſchen Geſetze an, daß man nach zuruͤckgelegten ſechzigſten Jahre zum Zeugungsgeſchaͤft nicht mehr aufgelegt ſey, und erlauben daher, in einem ſolchen Alter zu adoptiren 91). Sie ſprechen ferner denjenigen, welcher ſiebenzig Jahr alt iſt, von der Uebernahme der Vormundſchaften frey 92) u. ſ. w. In Sachſen wird ein Menſch fuͤr alt gehalten, wenn er das ſechzigſte Jahre uͤberſchritten hat 93). §. 131. Unterſchied zwiſchen Perſonen, die ſui iuris, aber noch minder- jaͤhrig ſind, in Abſicht der Vormundſchaft. Perſonen, welche von der vaͤterlichen Gewalt frey, aber noch unmuͤndig ſind, werden Pupillen, Muͤndel oder Muͤndlinge 94) genennt. Solche junge Leute, wenn ſie 89) zacchias Quaeſtion. Medico-Legal. Lib. I. Tit. 1. Qu. 9. carpzov Pract. rer. crim. P. III Qu. 144. n. 13. 90) Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts 3. Th. S. 56. u. folgg. 91) L. 15. §. 2. D. de adoption. 92) §. 13. Inſt. de excuſat. tutor. L. 2. §. 1. D. eodem. L. 3. D. de iure immunitat. L. un. Cod. qui aetate ſe excuſant. 93) Saͤchſiſch Landrecht B. I. Art. 48. 94) L. 239. pr. D. de Verb. Significat. pupillus eſt, qui, cum impubes eſt, deſiit in patris poteſtate eſſe aut morte, aut emancipatione.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/214>, abgerufen am 23.11.2024.