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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 137. u. 138.
und Wissenschaft in so weit beyzustehen, als sie dessen
zum Unterhalt der Familie bedürfen. Denn die natür-
liche Billigkeit erfordert diese gegenseitige Unterstützung,
und einigen Ersatz für den Aufwand, welchen die Eltern
bey dem Unterricht des Kindes gewagt hatten, und das,
was sie dabey an häußlichen Arbeiten entbehren musten 12).
In so weit kann auch das Kind keine Vergütung fordern;
zumal wenn dasselbe seiner Jugend oder anderer Umstände
halber, ein mehreres mit seiner Dienstleistung nicht ver-
dienen könnte, als denen Eltern die Erziehung und der
Unterhalt desselben kostet 13). Wenn jedoch das Kind
schon ein solches Alter und Fähigkeit erreicht hätte, daß
es sich selbst mit seiner erlernten Profession oder Kunst
unter andern Leuten seinen Unterhalt zu verschaffen im
Stande wäre, ja noch mehr verdienen könnte, als der
Unterhalt, den es dafür von seinen Eltern genießt, aus-
macht; der Sohn bleibt aber bey den Eltern, und lei-
stet ihnen solche Dienste, zu denen sie sonst einen Faktor,
oder Handelsdiener, oder einen Gesellen halten und loh-
nen müßten; er erspart ihnen also das Gesellenlohn, so
gebühret einem solchen Kinde allerdings eine billige Be-
lohnung, die dasselbe auch noch bey der künftigen Elter-
lichen Erbtheilung in Anregung bringen, und vorausfor-
dern kann, weil es zum Besten der Miterben wirklich
gearbeitet hat 14).


6) Bey-
12) von Globig Preisschrift a. a. O.
13) Struben rechtliche Bedenken III. Th. Bed. 49.
14) Ferd. Christph. harpprecht Diss. de salario pro operis
liberorum praestando: in eiusd. Dissertat. Academ. Vol. I.
n. 2. renz mixt iuris rom. et germ. in materia patriae pote-
stat. §. XIX. Chr. Henr. breuning Diss. an pater teneatur
liberis ad mercedem praestandam propter operas praestitas.
Lipsiae
1772. Struben a. a. O. Eichmann Erklä-
rungen des bürgerl. Rechts III. Th. S. 177. u. ff.

1. Buch. 6. Tit. §. 137. u. 138.
und Wiſſenſchaft in ſo weit beyzuſtehen, als ſie deſſen
zum Unterhalt der Familie beduͤrfen. Denn die natuͤr-
liche Billigkeit erfordert dieſe gegenſeitige Unterſtuͤtzung,
und einigen Erſatz fuͤr den Aufwand, welchen die Eltern
bey dem Unterricht des Kindes gewagt hatten, und das,
was ſie dabey an haͤußlichen Arbeiten entbehren muſten 12).
In ſo weit kann auch das Kind keine Verguͤtung fordern;
zumal wenn daſſelbe ſeiner Jugend oder anderer Umſtaͤnde
halber, ein mehreres mit ſeiner Dienſtleiſtung nicht ver-
dienen koͤnnte, als denen Eltern die Erziehung und der
Unterhalt deſſelben koſtet 13). Wenn jedoch das Kind
ſchon ein ſolches Alter und Faͤhigkeit erreicht haͤtte, daß
es ſich ſelbſt mit ſeiner erlernten Profeſſion oder Kunſt
unter andern Leuten ſeinen Unterhalt zu verſchaffen im
Stande waͤre, ja noch mehr verdienen koͤnnte, als der
Unterhalt, den es dafuͤr von ſeinen Eltern genießt, aus-
macht; der Sohn bleibt aber bey den Eltern, und lei-
ſtet ihnen ſolche Dienſte, zu denen ſie ſonſt einen Faktor,
oder Handelsdiener, oder einen Geſellen halten und loh-
nen muͤßten; er erſpart ihnen alſo das Geſellenlohn, ſo
gebuͤhret einem ſolchen Kinde allerdings eine billige Be-
lohnung, die daſſelbe auch noch bey der kuͤnftigen Elter-
lichen Erbtheilung in Anregung bringen, und vorausfor-
dern kann, weil es zum Beſten der Miterben wirklich
gearbeitet hat 14).


6) Bey-
12) von Globig Preisſchrift a. a. O.
13) Struben rechtliche Bedenken III. Th. Bed. 49.
14) Ferd. Chriſtph. harpprecht Diſſ. de ſalario pro operis
liberorum praeſtando: in eiusd. Diſſertat. Academ. Vol. I.
n. 2. renz mixt iuris rom. et germ. in materia patriae pote-
ſtat. §. XIX. Chr. Henr. breuning Diſſ. an pater teneatur
liberis ad mercedem praeſtandam propter operas praeſtitas.
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1772. Struben a. a. O. Eichmann Erklaͤ-
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[232/0246] 1. Buch. 6. Tit. §. 137. u. 138. und Wiſſenſchaft in ſo weit beyzuſtehen, als ſie deſſen zum Unterhalt der Familie beduͤrfen. Denn die natuͤr- liche Billigkeit erfordert dieſe gegenſeitige Unterſtuͤtzung, und einigen Erſatz fuͤr den Aufwand, welchen die Eltern bey dem Unterricht des Kindes gewagt hatten, und das, was ſie dabey an haͤußlichen Arbeiten entbehren muſten 12). In ſo weit kann auch das Kind keine Verguͤtung fordern; zumal wenn daſſelbe ſeiner Jugend oder anderer Umſtaͤnde halber, ein mehreres mit ſeiner Dienſtleiſtung nicht ver- dienen koͤnnte, als denen Eltern die Erziehung und der Unterhalt deſſelben koſtet 13). Wenn jedoch das Kind ſchon ein ſolches Alter und Faͤhigkeit erreicht haͤtte, daß es ſich ſelbſt mit ſeiner erlernten Profeſſion oder Kunſt unter andern Leuten ſeinen Unterhalt zu verſchaffen im Stande waͤre, ja noch mehr verdienen koͤnnte, als der Unterhalt, den es dafuͤr von ſeinen Eltern genießt, aus- macht; der Sohn bleibt aber bey den Eltern, und lei- ſtet ihnen ſolche Dienſte, zu denen ſie ſonſt einen Faktor, oder Handelsdiener, oder einen Geſellen halten und loh- nen muͤßten; er erſpart ihnen alſo das Geſellenlohn, ſo gebuͤhret einem ſolchen Kinde allerdings eine billige Be- lohnung, die daſſelbe auch noch bey der kuͤnftigen Elter- lichen Erbtheilung in Anregung bringen, und vorausfor- dern kann, weil es zum Beſten der Miterben wirklich gearbeitet hat 14). 6) Bey- 12) von Globig Preisſchrift a. a. O. 13) Struben rechtliche Bedenken III. Th. Bed. 49. 14) Ferd. Chriſtph. harpprecht Diſſ. de ſalario pro operis liberorum praeſtando: in eiusd. Diſſertat. Academ. Vol. I. n. 2. renz mixt iuris rom. et germ. in materia patriae pote- ſtat. §. XIX. Chr. Henr. breuning Diſſ. an pater teneatur liberis ad mercedem praeſtandam propter operas praeſtitas. Lipſiae 1772. Struben a. a. O. Eichmann Erklaͤ- rungen des buͤrgerl. Rechts III. Th. S. 177. u. ff.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/246>, abgerufen am 11.05.2024.