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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 7. Tit. §. 148.
das Kind viel damit ausrichten werde 98). Indessen,
daß sie wirklich zuweilen mit glücklichem Erfolg gegen
das Testament des leiblichen Vaters bey denen Centum-
virs angestellet worden, beweißt das Beyspiel des röm.
Ritters M. Ancus Carseolanus beym Valerius 99),
welchen auch sein Vater nach geschehener Adoption prä-
teriret hatte. Martian endlich machte einen Unterschied,
ob der Adoptivvater arm, oder ein vermögender Mann
sey. Im erstern Fall könne der präterirte Sohn die
Inofficiositätsklage gegen das Testament seines leiblichen
Vaters anstellen; weil hier der Vater seinen Sohn offen-
bar hintergangen hat, daß er ihn von einem Unvermö-
genden hat adoptiren lassen. Im letztern Fall hingegen
habe der Sohn nicht Ursach sich zu beklagen, da er aus
den Gütern seines Adoptivvaters noch sein Erbtheil zu
hoffen habe 100). Allein wie? wenn nach dem Tode des
leiblichen Vaters auch der Adoptivvater das Kind eman-
cipirte? Was half es nun dem Kinde, wenn auch der
Adoptivvater noch so reich war? Die Hoffnung zur Erb-
schaft desselben war nun für das Kind auf immer ver-
lohren. Sonach konnte es also leicht geschehen, daß das
Adoptivkind weder den leiblichen, noch den Adoptivva-
ter beerbte. Dieß suchte nun Justinian durch diese
neue Verordnung zu verhüten, worinn er will, daß nur
in dem Fall, wenn die Adoption von einem Ascendenten,
z. B. von dem mütterlichen Großvater geschehen, die
Verbindung mit dem leiblichen Vater, so lange nämlich

das
98) Justinian drückt sich folgendergestalt aus: Paulus autem
sine effectu derelinquit
.
99) Lib. VII. cap. 7.
100) Vermuthlich hatte Martian hiervon im 4ten Buch sei-
ner Institutionen gehandelt, wie sich aus der L. 30. D. de
inoff. testam
.
schließen läßt.

1. Buch. 7. Tit. §. 148.
das Kind viel damit ausrichten werde 98). Indeſſen,
daß ſie wirklich zuweilen mit gluͤcklichem Erfolg gegen
das Teſtament des leiblichen Vaters bey denen Centum-
virs angeſtellet worden, beweißt das Beyſpiel des roͤm.
Ritters M. Ancus Carſeolanus beym Valerius 99),
welchen auch ſein Vater nach geſchehener Adoption praͤ-
teriret hatte. Martian endlich machte einen Unterſchied,
ob der Adoptivvater arm, oder ein vermoͤgender Mann
ſey. Im erſtern Fall koͤnne der praͤterirte Sohn die
Inofficioſitaͤtsklage gegen das Teſtament ſeines leiblichen
Vaters anſtellen; weil hier der Vater ſeinen Sohn offen-
bar hintergangen hat, daß er ihn von einem Unvermoͤ-
genden hat adoptiren laſſen. Im letztern Fall hingegen
habe der Sohn nicht Urſach ſich zu beklagen, da er aus
den Guͤtern ſeines Adoptivvaters noch ſein Erbtheil zu
hoffen habe 100). Allein wie? wenn nach dem Tode des
leiblichen Vaters auch der Adoptivvater das Kind eman-
cipirte? Was half es nun dem Kinde, wenn auch der
Adoptivvater noch ſo reich war? Die Hoffnung zur Erb-
ſchaft deſſelben war nun fuͤr das Kind auf immer ver-
lohren. Sonach konnte es alſo leicht geſchehen, daß das
Adoptivkind weder den leiblichen, noch den Adoptivva-
ter beerbte. Dieß ſuchte nun Juſtinian durch dieſe
neue Verordnung zu verhuͤten, worinn er will, daß nur
in dem Fall, wenn die Adoption von einem Aſcendenten,
z. B. von dem muͤtterlichen Großvater geſchehen, die
Verbindung mit dem leiblichen Vater, ſo lange naͤmlich

das
98) Juſtinian druͤckt ſich folgendergeſtalt aus: Paulus autem
ſine effectu derelinquit
.
99) Lib. VII. cap. 7.
100) Vermuthlich hatte Martian hiervon im 4ten Buch ſei-
ner Inſtitutionen gehandelt, wie ſich aus der L. 30. D. de
inoff. teſtam
.
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[316/0330] 1. Buch. 7. Tit. §. 148. das Kind viel damit ausrichten werde 98). Indeſſen, daß ſie wirklich zuweilen mit gluͤcklichem Erfolg gegen das Teſtament des leiblichen Vaters bey denen Centum- virs angeſtellet worden, beweißt das Beyſpiel des roͤm. Ritters M. Ancus Carſeolanus beym Valerius 99), welchen auch ſein Vater nach geſchehener Adoption praͤ- teriret hatte. Martian endlich machte einen Unterſchied, ob der Adoptivvater arm, oder ein vermoͤgender Mann ſey. Im erſtern Fall koͤnne der praͤterirte Sohn die Inofficioſitaͤtsklage gegen das Teſtament ſeines leiblichen Vaters anſtellen; weil hier der Vater ſeinen Sohn offen- bar hintergangen hat, daß er ihn von einem Unvermoͤ- genden hat adoptiren laſſen. Im letztern Fall hingegen habe der Sohn nicht Urſach ſich zu beklagen, da er aus den Guͤtern ſeines Adoptivvaters noch ſein Erbtheil zu hoffen habe 100). Allein wie? wenn nach dem Tode des leiblichen Vaters auch der Adoptivvater das Kind eman- cipirte? Was half es nun dem Kinde, wenn auch der Adoptivvater noch ſo reich war? Die Hoffnung zur Erb- ſchaft deſſelben war nun fuͤr das Kind auf immer ver- lohren. Sonach konnte es alſo leicht geſchehen, daß das Adoptivkind weder den leiblichen, noch den Adoptivva- ter beerbte. Dieß ſuchte nun Juſtinian durch dieſe neue Verordnung zu verhuͤten, worinn er will, daß nur in dem Fall, wenn die Adoption von einem Aſcendenten, z. B. von dem muͤtterlichen Großvater geſchehen, die Verbindung mit dem leiblichen Vater, ſo lange naͤmlich das 98) Juſtinian druͤckt ſich folgendergeſtalt aus: Paulus autem ſine effectu derelinquit. 99) Lib. VII. cap. 7. 100) Vermuthlich hatte Martian hiervon im 4ten Buch ſei- ner Inſtitutionen gehandelt, wie ſich aus der L. 30. D. de inoff. teſtam. ſchließen laͤßt.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/330>, abgerufen am 23.11.2024.