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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 7. Tit. §. 158.
Die Feyerlichkeit dieses Acts bestund nun darin 35). Der
Vater verkaufte zum Schein seinen Sohn vor der Obrig-
keit an einem Bürger in Gegenwart einiger Zeugen, deren
weniger nicht, als fünf seyn durften, auch römische Bür-
ger und alle mannbar seyn mußten. Die Formel war:
mancupo tibi hunc filium, qui meus est. Der Käufer er-
grif hierauf den Sohn bey der Hand, zeigte dem Vater
desselben eine Münze vor, die ohngefähr ein Sesterz seyn
mochte, und sprach: hunc ego hominem ex iure Quiritium
meum esse aio, isque mihi emtus est hoc aere aeneaque libra.

Nun warf er die Münze in eine Waagschale, welche
eine besondere Person in die Höhe hielt, die hiervon
Libripens genennet wurde. Denn schon die Gesetze der
zwölf Tafeln 36) verordneten, daß der Käufer das Eigen-
thum der ihm verkauften, und übergebenen Sache eher
nicht erwerben solle, als bis er den Verkäufer befriediget
hätte. Nach Empfang des Nummus, der den Kauf-
schilling vorstellete, übergab der Vater den Sohn noch-
mals an den Käufer, und nun erst erlangte letzterer ein
quiritarisches Eigenthum durch den Spruch des Prätors.
Des Antestatus habe ich bey dieser Handlung mit
Fleiß keine Erwähnung gethan, weil es noch ungewiß
ist, ob derselbe eine besondere Person vorgestellet habe,
oder ob er nicht vielmehr mit dem Käufer des Sohnes
der nämliche gewesen sey, wie ich mit Augustin 37),

Cujaz
35) cajus Institut. lib. I. Tit. VI. §. 3. aleander ad Ca-
jum not. 34. theophilus ad §. 6. I. quib. mod. ius pat.
pot. solvitur. Barn
. brissonius select. ex iure civ. anti-
quitat. lib. I. c.
7. besonders wernher select. Observat. fo-
rens. Tom. III. P. I. Obs. 13. n.
61. ff.
36) Tab. VI. Res vendita transque data emtori non acquiritor,
donicum satisfactum escit
.
37) ad LL. XII. Tabb. cap. 52.

1. Buch. 7. Tit. §. 158.
Die Feyerlichkeit dieſes Acts beſtund nun darin 35). Der
Vater verkaufte zum Schein ſeinen Sohn vor der Obrig-
keit an einem Buͤrger in Gegenwart einiger Zeugen, deren
weniger nicht, als fuͤnf ſeyn durften, auch roͤmiſche Buͤr-
ger und alle mannbar ſeyn mußten. Die Formel war:
mancupo tibi hunc filium, qui meus eſt. Der Kaͤufer er-
grif hierauf den Sohn bey der Hand, zeigte dem Vater
deſſelben eine Muͤnze vor, die ohngefaͤhr ein Seſterz ſeyn
mochte, und ſprach: hunc ego hominem ex iure Quiritium
meum eſſe aio, isque mihi emtus eſt hoc aere aeneaque libra.

Nun warf er die Muͤnze in eine Waagſchale, welche
eine beſondere Perſon in die Hoͤhe hielt, die hiervon
Libripens genennet wurde. Denn ſchon die Geſetze der
zwoͤlf Tafeln 36) verordneten, daß der Kaͤufer das Eigen-
thum der ihm verkauften, und uͤbergebenen Sache eher
nicht erwerben ſolle, als bis er den Verkaͤufer befriediget
haͤtte. Nach Empfang des Nummus, der den Kauf-
ſchilling vorſtellete, uͤbergab der Vater den Sohn noch-
mals an den Kaͤufer, und nun erſt erlangte letzterer ein
quiritariſches Eigenthum durch den Spruch des Praͤtors.
Des Anteſtatus habe ich bey dieſer Handlung mit
Fleiß keine Erwaͤhnung gethan, weil es noch ungewiß
iſt, ob derſelbe eine beſondere Perſon vorgeſtellet habe,
oder ob er nicht vielmehr mit dem Kaͤufer des Sohnes
der naͤmliche geweſen ſey, wie ich mit Auguſtin 37),

Cujaz
35) cajus Inſtitut. lib. I. Tit. VI. §. 3. aleander ad Ca-
jum not. 34. theophilus ad §. 6. I. quib. mod. ius pat.
pot. ſolvitur. Barn
. brissonius ſelect. ex iure civ. anti-
quitat. lib. I. c.
7. beſonders wernher ſelect. Obſervat. fo-
renſ. Tom. III. P. I. Obſ. 13. n.
61. ff.
36) Tab. VI. Res vendita transque data emtori non acquiritor,
donicum ſatisfactum eſcit
.
37) ad LL. XII. Tabb. cap. 52.
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[350/0364] 1. Buch. 7. Tit. §. 158. Die Feyerlichkeit dieſes Acts beſtund nun darin 35). Der Vater verkaufte zum Schein ſeinen Sohn vor der Obrig- keit an einem Buͤrger in Gegenwart einiger Zeugen, deren weniger nicht, als fuͤnf ſeyn durften, auch roͤmiſche Buͤr- ger und alle mannbar ſeyn mußten. Die Formel war: mancupo tibi hunc filium, qui meus eſt. Der Kaͤufer er- grif hierauf den Sohn bey der Hand, zeigte dem Vater deſſelben eine Muͤnze vor, die ohngefaͤhr ein Seſterz ſeyn mochte, und ſprach: hunc ego hominem ex iure Quiritium meum eſſe aio, isque mihi emtus eſt hoc aere aeneaque libra. Nun warf er die Muͤnze in eine Waagſchale, welche eine beſondere Perſon in die Hoͤhe hielt, die hiervon Libripens genennet wurde. Denn ſchon die Geſetze der zwoͤlf Tafeln 36) verordneten, daß der Kaͤufer das Eigen- thum der ihm verkauften, und uͤbergebenen Sache eher nicht erwerben ſolle, als bis er den Verkaͤufer befriediget haͤtte. Nach Empfang des Nummus, der den Kauf- ſchilling vorſtellete, uͤbergab der Vater den Sohn noch- mals an den Kaͤufer, und nun erſt erlangte letzterer ein quiritariſches Eigenthum durch den Spruch des Praͤtors. Des Anteſtatus habe ich bey dieſer Handlung mit Fleiß keine Erwaͤhnung gethan, weil es noch ungewiß iſt, ob derſelbe eine beſondere Perſon vorgeſtellet habe, oder ob er nicht vielmehr mit dem Kaͤufer des Sohnes der naͤmliche geweſen ſey, wie ich mit Auguſtin 37), Cujaz 35) cajus Inſtitut. lib. I. Tit. VI. §. 3. aleander ad Ca- jum not. 34. theophilus ad §. 6. I. quib. mod. ius pat. pot. ſolvitur. Barn. brissonius ſelect. ex iure civ. anti- quitat. lib. I. c. 7. beſonders wernher ſelect. Obſervat. fo- renſ. Tom. III. P. I. Obſ. 13. n. 61. ff. 36) Tab. VI. Res vendita transque data emtori non acquiritor, donicum ſatisfactum eſcit. 37) ad LL. XII. Tabb. cap. 52.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/364>, abgerufen am 20.05.2024.