Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
1. Buch. 7. Tit. §. 160.

c) Wenn er einen Unmündigen arrogirt hat, dem-
selben aber nach erlangter Mündigkeit die Arrogation
aus einer hinlänglichen Ursache mißfällt 72).

II) Giebt es Fälle, wo Kinder wieder ihren Willen
emancipiret werden können. Hierher gehört:



a) wenn
gebeten worden wäre, sein Kind zu emancipiren, hierzu nicht ge-
zwungen werden könne: potestas enim patria inaestimabilis res
est.
S. L. 114. §. 8. D. de legat. 1. Eben so dachte auch Pa-
pinian
, wie Ulpian erzählt in L. 92. cit. Ja Ulpian
muß selbst gestehen, daß er Anfangs der nämlichen Meinung
gewesen sey; allein in dieser L. 92. ändert er sie wieder, und
erklärt sich nunmehr dahin, daß wenn aus dem Testamente
erhelle, daß der Testirer dem Vater das Legat in keiner an-
dern Absicht habe hinterlassen wollen, als um sein Kind dage-
gen zu emancipiren, der Vater, wenn er dieses Vermächtniß
angenommen hat, extra ordinem anzuhalten sey, daß Kind aus
seiner Gewalt zu entlassen. Neque enim debet circumveniri
testantium voluntas. Sic deinde hoc accipiendum, quemadmo-
dum si sub conditione liberorum emancipandorum ei fuisset le-
gatum relictum: vel ita ut eos emanciparet.
Verschiedene wol-
len die oben angeführten Worte extra ordinem, von einem
fürstlichen Befehl erklären, wodurch der Vater zur
Emancipation zu nöthigen sey; z. B. Dionys. gothofredus
in not. ad d. L.
92. und thomasius in Diss. de us. pr. tit.
I. quib. mod. ius p. p. solv. §. 15. not. c.
Allein diese Er-
klärung ist irrig. Es ist vielmehr von einer persecutione ex-
traordinaria
die Rede, so wie bey Fideicommissen üblich war.
L. 178. §. 2. D. de Verh. Signif. S. Heimburg cit.
Dissert. §. 21. Ant. faber in Iurisprud. Papinian. Tit. XI.
Princip. X. Illat.
9. Was übrigens die Redensart: ius
extra ordinem dicit Praetor:
eigentlich bedeute, erklärt ge-
bauer
in Comment. acad. de iurisdictione sec. doctrin. Rom.
Cap. I.
§. 11. Vergleiche auch den I. Th. dieses Com-
mentars
§. 1. n. 8. S. 8.
72) L. 32. et 33. D. de adopt.
1. Buch. 7. Tit. §. 160.

c) Wenn er einen Unmuͤndigen arrogirt hat, dem-
ſelben aber nach erlangter Muͤndigkeit die Arrogation
aus einer hinlaͤnglichen Urſache mißfaͤllt 72).

II) Giebt es Faͤlle, wo Kinder wieder ihren Willen
emancipiret werden koͤnnen. Hierher gehoͤrt:



a) wenn
gebeten worden waͤre, ſein Kind zu emancipiren, hierzu nicht ge-
zwungen werden koͤnne: poteſtas enim patria inaeſtimabilis res
eſt.
S. L. 114. §. 8. D. de legat. 1. Eben ſo dachte auch Pa-
pinian
, wie Ulpian erzaͤhlt in L. 92. cit. Ja Ulpian
muß ſelbſt geſtehen, daß er Anfangs der naͤmlichen Meinung
geweſen ſey; allein in dieſer L. 92. aͤndert er ſie wieder, und
erklaͤrt ſich nunmehr dahin, daß wenn aus dem Teſtamente
erhelle, daß der Teſtirer dem Vater das Legat in keiner an-
dern Abſicht habe hinterlaſſen wollen, als um ſein Kind dage-
gen zu emancipiren, der Vater, wenn er dieſes Vermaͤchtniß
angenommen hat, extra ordinem anzuhalten ſey, daß Kind aus
ſeiner Gewalt zu entlaſſen. Neque enim debet circumveniri
teſtantium voluntas. Sic deinde hoc accipiendum, quemadmo-
dum ſi ſub conditione liberorum emancipandorum ei fuiſſet le-
gatum relictum: vel ita ut eos emanciparet.
Verſchiedene wol-
len die oben angefuͤhrten Worte extra ordinem, von einem
fuͤrſtlichen Befehl erklaͤren, wodurch der Vater zur
Emancipation zu noͤthigen ſey; z. B. Dionyſ. gothofredus
in not. ad d. L.
92. und thomasius in Diſſ. de uſ. pr. tit.
I. quib. mod. ius p. p. ſolv. §. 15. not. c.
Allein dieſe Er-
klaͤrung iſt irrig. Es iſt vielmehr von einer perſecutione ex-
traordinaria
die Rede, ſo wie bey Fideicommiſſen uͤblich war.
L. 178. §. 2. D. de Verh. Signif. S. Heimburg cit.
Diſſert. §. 21. Ant. faber in Iurisprud. Papinian. Tit. XI.
Princip. X. Illat.
9. Was uͤbrigens die Redensart: ius
extra ordinem dicit Praetor:
eigentlich bedeute, erklaͤrt ge-
bauer
in Comment. acad. de iurisdictione ſec. doctrin. Rom.
Cap. I.
§. 11. Vergleiche auch den I. Th. dieſes Com-
mentars
§. 1. n. 8. S. 8.
72) L. 32. et 33. D. de adopt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0374" n="360"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">1. Buch. 7. Tit. §. 160.</hi> </fw><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">c</hi>) Wenn er einen Unmu&#x0364;ndigen arrogirt hat, dem-<lb/>
&#x017F;elben aber nach erlangter Mu&#x0364;ndigkeit die Arrogation<lb/>
aus einer hinla&#x0364;nglichen Ur&#x017F;ache mißfa&#x0364;llt <note place="foot" n="72)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi></hi> 32. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">et</hi></hi> 33. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D. de adopt.</hi></hi></note>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">II</hi>) Giebt es Fa&#x0364;lle, wo Kinder wieder ihren Willen<lb/>
emancipiret werden ko&#x0364;nnen. Hierher geho&#x0364;rt:</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a</hi>) wenn</fw><lb/>
          <p>
            <note xml:id="seg2pn_60_2" prev="#seg2pn_60_1" place="foot" n="71)">gebeten worden wa&#x0364;re, &#x017F;ein Kind zu emancipiren, hierzu nicht ge-<lb/>
zwungen werden ko&#x0364;nne: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">pote&#x017F;tas enim patria inae&#x017F;timabilis res<lb/>
e&#x017F;t.</hi></hi> S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi></hi> 114. §. 8. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D. de legat.</hi></hi> 1. Eben &#x017F;o dachte auch <hi rendition="#g">Pa-<lb/>
pinian</hi>, wie Ulpian erza&#x0364;hlt in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi></hi> 92. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">cit.</hi></hi> Ja <hi rendition="#g">Ulpian</hi><lb/>
muß &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;tehen, daß er Anfangs der na&#x0364;mlichen Meinung<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ey; allein in die&#x017F;er <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi></hi> 92. a&#x0364;ndert er &#x017F;ie wieder, und<lb/>
erkla&#x0364;rt &#x017F;ich nunmehr dahin, daß wenn aus dem Te&#x017F;tamente<lb/>
erhelle, daß der Te&#x017F;tirer dem Vater das Legat in keiner an-<lb/>
dern Ab&#x017F;icht habe hinterla&#x017F;&#x017F;en wollen, als um &#x017F;ein Kind dage-<lb/>
gen zu emancipiren, der Vater, wenn er die&#x017F;es Verma&#x0364;chtniß<lb/>
angenommen hat, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">extra ordinem</hi></hi> anzuhalten &#x017F;ey, daß Kind aus<lb/>
&#x017F;einer Gewalt zu entla&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Neque enim debet circumveniri<lb/>
te&#x017F;tantium voluntas. Sic deinde hoc accipiendum, quemadmo-<lb/>
dum &#x017F;i &#x017F;ub conditione liberorum emancipandorum ei fui&#x017F;&#x017F;et le-<lb/>
gatum relictum: vel ita ut eos emanciparet.</hi></hi> Ver&#x017F;chiedene wol-<lb/>
len die oben angefu&#x0364;hrten Worte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">extra ordinem,</hi></hi> von einem<lb/><hi rendition="#g">fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Befehl</hi> erkla&#x0364;ren, wodurch der Vater zur<lb/>
Emancipation zu no&#x0364;thigen &#x017F;ey; z. B. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Diony&#x017F;</hi>. <hi rendition="#k">gothofredus</hi><lb/><hi rendition="#i">in not. ad d. L.</hi></hi> 92. und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">thomasius</hi> in Di&#x017F;&#x017F;. de u&#x017F;. pr. tit.<lb/>
I. quib. mod. ius p. p. &#x017F;olv. §. 15. not. c.</hi> Allein die&#x017F;e Er-<lb/>
kla&#x0364;rung i&#x017F;t irrig. Es i&#x017F;t vielmehr von einer <hi rendition="#aq">per&#x017F;ecutione ex-<lb/>
traordinaria</hi> die Rede, &#x017F;o wie bey Fideicommi&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;blich war.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi></hi> 178. §. 2. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D. de Verh. Signif.</hi></hi> S. <hi rendition="#g">Heimburg</hi> <hi rendition="#aq">cit.<lb/>
Di&#x017F;&#x017F;ert. §. 21. <hi rendition="#i">Ant.</hi> <hi rendition="#k">faber</hi> in Iurisprud. Papinian. Tit. XI.<lb/>
Princip. X. Illat.</hi> 9. Was u&#x0364;brigens die Redensart: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ius<lb/>
extra ordinem dicit Praetor:</hi></hi> eigentlich bedeute, erkla&#x0364;rt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ge-<lb/>
bauer</hi> in Comment. acad. de iurisdictione &#x017F;ec. doctrin. Rom.<lb/>
Cap. I.</hi> §. 11. Vergleiche auch den <hi rendition="#aq">I.</hi> <hi rendition="#g">Th. die&#x017F;es Com-<lb/>
mentars</hi> §. 1. <hi rendition="#aq">n.</hi> 8. S. 8.</note>
          </p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0374] 1. Buch. 7. Tit. §. 160. c) Wenn er einen Unmuͤndigen arrogirt hat, dem- ſelben aber nach erlangter Muͤndigkeit die Arrogation aus einer hinlaͤnglichen Urſache mißfaͤllt 72). II) Giebt es Faͤlle, wo Kinder wieder ihren Willen emancipiret werden koͤnnen. Hierher gehoͤrt: a) wenn 71) 72) L. 32. et 33. D. de adopt. 71) gebeten worden waͤre, ſein Kind zu emancipiren, hierzu nicht ge- zwungen werden koͤnne: poteſtas enim patria inaeſtimabilis res eſt. S. L. 114. §. 8. D. de legat. 1. Eben ſo dachte auch Pa- pinian, wie Ulpian erzaͤhlt in L. 92. cit. Ja Ulpian muß ſelbſt geſtehen, daß er Anfangs der naͤmlichen Meinung geweſen ſey; allein in dieſer L. 92. aͤndert er ſie wieder, und erklaͤrt ſich nunmehr dahin, daß wenn aus dem Teſtamente erhelle, daß der Teſtirer dem Vater das Legat in keiner an- dern Abſicht habe hinterlaſſen wollen, als um ſein Kind dage- gen zu emancipiren, der Vater, wenn er dieſes Vermaͤchtniß angenommen hat, extra ordinem anzuhalten ſey, daß Kind aus ſeiner Gewalt zu entlaſſen. Neque enim debet circumveniri teſtantium voluntas. Sic deinde hoc accipiendum, quemadmo- dum ſi ſub conditione liberorum emancipandorum ei fuiſſet le- gatum relictum: vel ita ut eos emanciparet. Verſchiedene wol- len die oben angefuͤhrten Worte extra ordinem, von einem fuͤrſtlichen Befehl erklaͤren, wodurch der Vater zur Emancipation zu noͤthigen ſey; z. B. Dionyſ. gothofredus in not. ad d. L. 92. und thomasius in Diſſ. de uſ. pr. tit. I. quib. mod. ius p. p. ſolv. §. 15. not. c. Allein dieſe Er- klaͤrung iſt irrig. Es iſt vielmehr von einer perſecutione ex- traordinaria die Rede, ſo wie bey Fideicommiſſen uͤblich war. L. 178. §. 2. D. de Verh. Signif. S. Heimburg cit. Diſſert. §. 21. Ant. faber in Iurisprud. Papinian. Tit. XI. Princip. X. Illat. 9. Was uͤbrigens die Redensart: ius extra ordinem dicit Praetor: eigentlich bedeute, erklaͤrt ge- bauer in Comment. acad. de iurisdictione ſec. doctrin. Rom. Cap. I. §. 11. Vergleiche auch den I. Th. dieſes Com- mentars §. 1. n. 8. S. 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/374
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/374>, abgerufen am 23.11.2024.