Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.De adoptionibus, emancipationibus etc. sächsische Emancipation. Allein nicht zu gedenken,daß hierdurch auf eine höchst ungereimte Art der römische Sprachgebrauch einem blos reutschen, von der römischen Emancipation ganz verschiedenen Institute zugeeignet werde 17), so liegt auch in dieser gemeinen Vorstellungs- art eine unverzeihliche Inconsequenz. Den eine still- schweigende Emancipation wird diejenige ge- nennt, quae tacito patris consensu innititur, wie unser Verfasser selbst sagt: und doch wird gleich darnach be- hauptet, daß durch Errichtung eines besondern Hauswe- sens auch wieder des Vaters Willen desselben Gewalt aufgehoben werde. Was nun wider meinen Willen ge- schehen und von mir nicht gehindert werden kann; das läßt sich nicht wohl in meiner stillschweigenden Einwilli- gung begründen 18). Richtiger würde es seyn, wenn man sagte: daß die Befreyung der Kinder von der vä- terlichen Gewalt nach heutigen Rechten auf eine zwey- fache Art geschehen könne, entweder durch die Eman- cipation, oder ohne dieselbe aus gesetzlicher Vor- schrift, auch gegen des Vaters Willen. Die Eman- cipation bestehet heutiges Tages gewöhnlich darin, daß der Vater vor dem Richter sich ausdrücklich anerklärt, daß er sein Kind der väterlichen Gewalt entlassen wolle. Es heißt dieses die Justinianische Emancipation. Zu- weilen pflegt jedoch der ordentliche Richter übergangen, und 17) Umständlicher hat dieses I. H. boehmer in Diss. de statu liberorum sui iuris factorum per separationem vel nuptias. Halae 1721. Cap. II. §. 2. gezeigt. Man vergleiche auch riccius in Spicileg, iuris germ. pag. 475. 18) Diese Ungereimtheit hat auch schon Hr. Prof. Weber in den Reflexionen zur Beförderung einer gründlichen Theorie vom heutigen Gebrauch des röm. Rechts §. 20. S. 73. folg. gerügt. A a 4
De adoptionibus, emancipationibus etc. ſaͤchſiſche Emancipation. Allein nicht zu gedenken,daß hierdurch auf eine hoͤchſt ungereimte Art der roͤmiſche Sprachgebrauch einem blos reutſchen, von der roͤmiſchen Emancipation ganz verſchiedenen Inſtitute zugeeignet werde 17), ſo liegt auch in dieſer gemeinen Vorſtellungs- art eine unverzeihliche Inconſequenz. Den eine ſtill- ſchweigende Emancipation wird diejenige ge- nennt, quae tacito patris conſenſu innititur, wie unſer Verfaſſer ſelbſt ſagt: und doch wird gleich darnach be- hauptet, daß durch Errichtung eines beſondern Hauswe- ſens auch wieder des Vaters Willen deſſelben Gewalt aufgehoben werde. Was nun wider meinen Willen ge- ſchehen und von mir nicht gehindert werden kann; das laͤßt ſich nicht wohl in meiner ſtillſchweigenden Einwilli- gung begruͤnden 18). Richtiger wuͤrde es ſeyn, wenn man ſagte: daß die Befreyung der Kinder von der vaͤ- terlichen Gewalt nach heutigen Rechten auf eine zwey- fache Art geſchehen koͤnne, entweder durch die Eman- cipation, oder ohne dieſelbe aus geſetzlicher Vor- ſchrift, auch gegen des Vaters Willen. Die Eman- cipation beſtehet heutiges Tages gewoͤhnlich darin, daß der Vater vor dem Richter ſich ausdruͤcklich anerklaͤrt, daß er ſein Kind der vaͤterlichen Gewalt entlaſſen wolle. Es heißt dieſes die Juſtinianiſche Emancipation. Zu- weilen pflegt jedoch der ordentliche Richter uͤbergangen, und 17) Umſtaͤndlicher hat dieſes I. H. boehmer in Diſſ. de ſtatu liberorum ſui iuris factorum per ſeparationem vel nuptias. Halae 1721. Cap. II. §. 2. gezeigt. Man vergleiche auch riccius in Spicileg, iuris germ. pag. 475. 18) Dieſe Ungereimtheit hat auch ſchon Hr. Prof. Weber in den Reflexionen zur Befoͤrderung einer gruͤndlichen Theorie vom heutigen Gebrauch des roͤm. Rechts §. 20. S. 73. folg. geruͤgt. A a 4
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De adoptionibus, emancipationibus etc.
ſaͤchſiſche Emancipation. Allein nicht zu gedenken,
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Sprachgebrauch einem blos reutſchen, von der roͤmiſchen
Emancipation ganz verſchiedenen Inſtitute zugeeignet
werde 17), ſo liegt auch in dieſer gemeinen Vorſtellungs-
art eine unverzeihliche Inconſequenz. Den eine ſtill-
ſchweigende Emancipation wird diejenige ge-
nennt, quae tacito patris conſenſu innititur, wie unſer
Verfaſſer ſelbſt ſagt: und doch wird gleich darnach be-
hauptet, daß durch Errichtung eines beſondern Hauswe-
ſens auch wieder des Vaters Willen deſſelben Gewalt
aufgehoben werde. Was nun wider meinen Willen ge-
ſchehen und von mir nicht gehindert werden kann; das
laͤßt ſich nicht wohl in meiner ſtillſchweigenden Einwilli-
gung begruͤnden 18). Richtiger wuͤrde es ſeyn, wenn
man ſagte: daß die Befreyung der Kinder von der vaͤ-
terlichen Gewalt nach heutigen Rechten auf eine zwey-
fache Art geſchehen koͤnne, entweder durch die Eman-
cipation, oder ohne dieſelbe aus geſetzlicher Vor-
ſchrift, auch gegen des Vaters Willen. Die Eman-
cipation beſtehet heutiges Tages gewoͤhnlich darin, daß
der Vater vor dem Richter ſich ausdruͤcklich anerklaͤrt,
daß er ſein Kind der vaͤterlichen Gewalt entlaſſen wolle.
Es heißt dieſes die Juſtinianiſche Emancipation. Zu-
weilen pflegt jedoch der ordentliche Richter uͤbergangen,
und
17) Umſtaͤndlicher hat dieſes I. H. boehmer in Diſſ. de ſtatu
liberorum ſui iuris factorum per ſeparationem vel nuptias.
Halae 1721. Cap. II. §. 2. gezeigt. Man vergleiche auch
riccius in Spicileg, iuris germ. pag. 475.
18) Dieſe Ungereimtheit hat auch ſchon Hr. Prof. Weber in
den Reflexionen zur Befoͤrderung einer gruͤndlichen Theorie
vom heutigen Gebrauch des roͤm. Rechts §. 20. S. 73. folg.
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