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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 8. Tit. §. 169.
den Wasser. Es ist hier nicht von Flüssen die Rede,
welche, als publike Sachen, unstreitig zum Staatseigen-
thum gehören; sondern von dem Flußwasser an sich be-
trachtet, in sofern es in beständigen Lauf ist, und ab-
und zufließt, mithin nie immer dasselbige ist 19). Die-
ses ist ohne Zweifel res communis. Denn jeder Mensch
kann Wasser schöpfen, so viel er braucht. Allein einzel-
ne Portionen von diesem Flußwasser werden durch die
Occupation unstreitig ein Eigenthum des Schöpfenden,
und dieser kann damit machen, was er will. Eben so
kann man auch von dem Meer nur einen geringen Theil
sich zu eigen machen, den man neben seinen Grundstü-
cken hat 20). Man kann auch durch Anlegung eines
Baues auf demselben, den damit belegten Platz so lange
zu seinem Eigenthum machen, als der Bau fortdauert,
nur daß dadurch der gemeine Gebrauch des Meers nicht
gehindert werde 21). Allein der Ocean selbst ist kein
Gegenstand einer Occupation, und kann mithin von Nie-

manden
19) Nettelbladt a. a. O.
20) L. 14. D. de iniuriis.
21) L. 1. §. 18. D. de operis novi nunciat. L. 2. §. 8. L. 3.
§. 1. D. ne quid in loco publico fiat. In dieser letztern Stelle
heißt es: Maris communem usum omnibus hominibus, ut
aeris: iactasque in id pilas, eius esse, qui iecerit; sed id con-
cedendum non esse, si deterior litoris marisve usus eo modo
futurus sit. Pilae iactae
heißen hier aufgestellte, aufgerich-
tete, eingesetzte Pfeiler, so erklärt es Hr. Prof. westphal
in Interpretat. iuris civ. de libertate et servitut. praedior. Sect. II.
Cap. IX. §. 165. Not.
132. Es kann aber auch darunter ein
mit Steinen ausgefüllter Grund im Meere (moles in mare
iacta, L. 2. §. 8. eod.)
verstanden werden, worauf ein Ge-
bäude errichtet werden kann. S. brissonius de Verbor.
Significat. v. Pila.

1. Buch. 8. Tit. §. 169.
den Waſſer. Es iſt hier nicht von Fluͤſſen die Rede,
welche, als publike Sachen, unſtreitig zum Staatseigen-
thum gehoͤren; ſondern von dem Flußwaſſer an ſich be-
trachtet, in ſofern es in beſtaͤndigen Lauf iſt, und ab-
und zufließt, mithin nie immer daſſelbige iſt 19). Die-
ſes iſt ohne Zweifel res communis. Denn jeder Menſch
kann Waſſer ſchoͤpfen, ſo viel er braucht. Allein einzel-
ne Portionen von dieſem Flußwaſſer werden durch die
Occupation unſtreitig ein Eigenthum des Schoͤpfenden,
und dieſer kann damit machen, was er will. Eben ſo
kann man auch von dem Meer nur einen geringen Theil
ſich zu eigen machen, den man neben ſeinen Grundſtuͤ-
cken hat 20). Man kann auch durch Anlegung eines
Baues auf demſelben, den damit belegten Platz ſo lange
zu ſeinem Eigenthum machen, als der Bau fortdauert,
nur daß dadurch der gemeine Gebrauch des Meers nicht
gehindert werde 21). Allein der Ocean ſelbſt iſt kein
Gegenſtand einer Occupation, und kann mithin von Nie-

manden
19) Nettelbladt a. a. O.
20) L. 14. D. de iniuriis.
21) L. 1. §. 18. D. de operis novi nunciat. L. 2. §. 8. L. 3.
§. 1. D. ne quid in loco publico fiat. In dieſer letztern Stelle
heißt es: Maris communem uſum omnibus hominibus, ut
aëris: iactasque in id pilas, eius eſſe, qui iecerit; ſed id con-
cedendum non eſſe, ſi deterior litoris marisve uſus eo modo
futurus ſit. Pilae iactae
heißen hier aufgeſtellte, aufgerich-
tete, eingeſetzte Pfeiler, ſo erklaͤrt es Hr. Prof. westphal
in Interpretat. iuris civ. de libertate et ſervitut. praedior. Séct. II.
Cap. IX. §. 165. Not.
132. Es kann aber auch darunter ein
mit Steinen ausgefuͤllter Grund im Meere (moles in mare
iacta, L. 2. §. 8. eod.)
verſtanden werden, worauf ein Ge-
baͤude errichtet werden kann. S. brissonius de Verbor.
Significat. v. Pila.
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[440/0454] 1. Buch. 8. Tit. §. 169. den Waſſer. Es iſt hier nicht von Fluͤſſen die Rede, welche, als publike Sachen, unſtreitig zum Staatseigen- thum gehoͤren; ſondern von dem Flußwaſſer an ſich be- trachtet, in ſofern es in beſtaͤndigen Lauf iſt, und ab- und zufließt, mithin nie immer daſſelbige iſt 19). Die- ſes iſt ohne Zweifel res communis. Denn jeder Menſch kann Waſſer ſchoͤpfen, ſo viel er braucht. Allein einzel- ne Portionen von dieſem Flußwaſſer werden durch die Occupation unſtreitig ein Eigenthum des Schoͤpfenden, und dieſer kann damit machen, was er will. Eben ſo kann man auch von dem Meer nur einen geringen Theil ſich zu eigen machen, den man neben ſeinen Grundſtuͤ- cken hat 20). Man kann auch durch Anlegung eines Baues auf demſelben, den damit belegten Platz ſo lange zu ſeinem Eigenthum machen, als der Bau fortdauert, nur daß dadurch der gemeine Gebrauch des Meers nicht gehindert werde 21). Allein der Ocean ſelbſt iſt kein Gegenſtand einer Occupation, und kann mithin von Nie- manden 19) Nettelbladt a. a. O. 20) L. 14. D. de iniuriis. 21) L. 1. §. 18. D. de operis novi nunciat. L. 2. §. 8. L. 3. §. 1. D. ne quid in loco publico fiat. In dieſer letztern Stelle heißt es: Maris communem uſum omnibus hominibus, ut aëris: iactasque in id pilas, eius eſſe, qui iecerit; ſed id con- cedendum non eſſe, ſi deterior litoris marisve uſus eo modo futurus ſit. Pilae iactae heißen hier aufgeſtellte, aufgerich- tete, eingeſetzte Pfeiler, ſo erklaͤrt es Hr. Prof. westphal in Interpretat. iuris civ. de libertate et ſervitut. praedior. Séct. II. Cap. IX. §. 165. Not. 132. Es kann aber auch darunter ein mit Steinen ausgefuͤllter Grund im Meere (moles in mare iacta, L. 2. §. 8. eod.) verſtanden werden, worauf ein Ge- baͤude errichtet werden kann. S. brissonius de Verbor. Significat. v. Pila.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/454>, abgerufen am 20.05.2024.