Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
1. Buch. 8. Tit. §. 172.

Doch genug von den Begriffen der Alten. Unsere
heutige Juristen 91) lehren, daß körperliche Sachen,
Körper,
res corporales, diejenigen zu nennen sind, von
denen man sich sinnliche Vorstellungen machen kann;
unkörperliche aber diejenigen, welche von der Art sind,
daß man sich von ihnen keine sinnliche Vorstellungen
machen kann. Andere 92) sagen noch bestimmter, kör-
perliche Dinge
sind die zusammengesetzten Substanzen.
Was hingegen keine Substanz, oder nicht aus Theilen
zusammengesetzt ist, heißt eine unkörperliche Sache.
Sachen der ersten Art, sofern sie als ein bestimmtes
Individuum, den Gegenstand eines Rechts ausmachen,
werden in unsern Gesetzen Species genennr 93). Unkör-
perliche Sachen
sind von verschiedener Art. Einige
sind ihrer Natur nach solche. Cajus 94) rechnet
dahin ea, quae in iure consistunt, das heißt, wo es
auf ein Recht oder auf eine Verbindlichkeit
überhaupt ankommt
. Daß diese Worte so verstan-
den werden müssen, ergiebt sich aus den von Cajus an-

geführ-
corporalium definitionem retinuisse, sed in ea tactum, plerum-
que, nisi semper, solis manibus oculisque subiecisse, animad-
vertentes nempe, in reliquis rebus corporalibus, quae nimirum
solis auribus, naribusve subiacent, emolumentum ali-
quod solidum ad rationem vitae pertinens, aut finem in arte
sua fere nullum.
91) Woltär Grundsätze der Rechtsgelehrsamkeit §. 214.
S. 313. ff. hofacker Princip. iur. civ. Rom. germ. T. II.
P. I. §. 720. et
723. Westphal System des R. R. über
die Arten der Sachen etc. §. 4.
92) Höpfner im Commentar §. 340.
93) L 2. D de reb. credit. L. 6. D. de rei vindicat. L. 30.
pr. D. de legat.
1.
94) L. 1. §. 1. D. de divis. ver.
1. Buch. 8. Tit. §. 172.

Doch genug von den Begriffen der Alten. Unſere
heutige Juriſten 91) lehren, daß koͤrperliche Sachen,
Koͤrper,
res corporales, diejenigen zu nennen ſind, von
denen man ſich ſinnliche Vorſtellungen machen kann;
unkoͤrperliche aber diejenigen, welche von der Art ſind,
daß man ſich von ihnen keine ſinnliche Vorſtellungen
machen kann. Andere 92) ſagen noch beſtimmter, koͤr-
perliche Dinge
ſind die zuſammengeſetzten Subſtanzen.
Was hingegen keine Subſtanz, oder nicht aus Theilen
zuſammengeſetzt iſt, heißt eine unkoͤrperliche Sache.
Sachen der erſten Art, ſofern ſie als ein beſtimmtes
Individuum, den Gegenſtand eines Rechts ausmachen,
werden in unſern Geſetzen Species genennr 93). Unkoͤr-
perliche Sachen
ſind von verſchiedener Art. Einige
ſind ihrer Natur nach ſolche. Cajus 94) rechnet
dahin ea, quae in iure conſiſtunt, das heißt, wo es
auf ein Recht oder auf eine Verbindlichkeit
uͤberhaupt ankommt
. Daß dieſe Worte ſo verſtan-
den werden muͤſſen, ergiebt ſich aus den von Cajus an-

gefuͤhr-
corporalium definitionem retinuiſſe, ſed in ea tactum, plerum-
que, niſi ſemper, ſolis manibus oculisque ſubieciſſe, animad-
vertentes nempe, in reliquis rebus corporalibus, quae nimirum
ſolis auribus, naribusve ſubiacent, emolumentum ali-
quod ſolidum ad rationem vitae pertinens, aut finem in arte
ſua fere nullum.
91) Woltaͤr Grundſaͤtze der Rechtsgelehrſamkeit §. 214.
S. 313. ff. hofacker Princip. iur. civ. Rom. germ. T. II.
P. I. §. 720. et
723. Weſtphal Syſtem des R. R. uͤber
die Arten der Sachen ꝛc. §. 4.
92) Hoͤpfner im Commentar §. 340.
93) L 2. D de reb. credit. L. 6. D. de rei vindicat. L. 30.
pr. D. de legat.
1.
94) L. 1. §. 1. D. de diviſ. ver.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0474" n="460"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">1. Buch. 8. Tit. §. 172.</hi> </fw><lb/>
          <p>Doch genug von den Begriffen der Alten. Un&#x017F;ere<lb/>
heutige Juri&#x017F;ten <note place="foot" n="91)"><hi rendition="#g">Wolta&#x0364;r</hi> Grund&#x017F;a&#x0364;tze der Rechtsgelehr&#x017F;amkeit §. 214.<lb/>
S. 313. ff. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hofacker</hi> Princip. iur. civ. Rom. germ. T. II.<lb/>
P. I. §. 720. et</hi> 723. <hi rendition="#g">We&#x017F;tphal</hi> Sy&#x017F;tem des R. R. u&#x0364;ber<lb/>
die Arten der Sachen &#xA75B;c. §. 4.</note> lehren, daß <hi rendition="#fr">ko&#x0364;rperliche Sachen,<lb/>
Ko&#x0364;rper,</hi> <hi rendition="#aq">res corporales,</hi> diejenigen zu nennen &#x017F;ind, von<lb/>
denen man &#x017F;ich &#x017F;innliche Vor&#x017F;tellungen machen kann;<lb/><hi rendition="#fr">unko&#x0364;rperliche</hi> aber diejenigen, welche von der Art &#x017F;ind,<lb/>
daß man &#x017F;ich von ihnen keine &#x017F;innliche Vor&#x017F;tellungen<lb/>
machen kann. Andere <note place="foot" n="92)"><hi rendition="#g">Ho&#x0364;pfner</hi> im Commentar §. 340.</note> &#x017F;agen noch be&#x017F;timmter, <hi rendition="#fr">ko&#x0364;r-<lb/>
perliche Dinge</hi> &#x017F;ind die zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Sub&#x017F;tanzen.<lb/>
Was hingegen keine Sub&#x017F;tanz, oder nicht aus Theilen<lb/>
zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt i&#x017F;t, heißt eine <hi rendition="#fr">unko&#x0364;rperliche Sache.</hi><lb/>
Sachen der er&#x017F;ten Art, &#x017F;ofern &#x017F;ie als ein be&#x017F;timmtes<lb/>
Individuum, den Gegen&#x017F;tand eines Rechts ausmachen,<lb/>
werden in un&#x017F;ern Ge&#x017F;etzen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Species</hi></hi> genennr <note place="foot" n="93)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi> 2. <hi rendition="#i">D de reb. credit. L.</hi> 6. <hi rendition="#i">D. de rei vindicat. L.</hi> 30.<lb/><hi rendition="#i">pr. D. de legat.</hi></hi> 1.</note>. <hi rendition="#g">Unko&#x0364;r-<lb/>
perliche Sachen</hi> &#x017F;ind von ver&#x017F;chiedener Art. Einige<lb/>
&#x017F;ind <hi rendition="#g">ihrer Natur nach</hi> &#x017F;olche. <hi rendition="#fr">Cajus</hi> <note place="foot" n="94)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1. <hi rendition="#i">§.</hi> 1. <hi rendition="#i">D. de divi&#x017F;. ver.</hi></hi></note> rechnet<lb/>
dahin <hi rendition="#aq">ea, quae in iure con&#x017F;i&#x017F;tunt,</hi> das heißt, <hi rendition="#g">wo es<lb/>
auf ein Recht oder auf eine Verbindlichkeit<lb/>
u&#x0364;berhaupt ankommt</hi>. Daß die&#x017F;e Worte &#x017F;o ver&#x017F;tan-<lb/>
den werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, ergiebt &#x017F;ich aus den von Cajus an-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gefu&#x0364;hr-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_70_2" prev="#seg2pn_70_1" place="foot" n="90)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">corporalium definitionem retinui&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;ed in ea tactum, plerum-<lb/>
que, ni&#x017F;i &#x017F;emper, &#x017F;olis manibus oculisque &#x017F;ubieci&#x017F;&#x017F;e, animad-<lb/>
vertentes nempe, in reliquis rebus corporalibus, quae nimirum<lb/>
&#x017F;olis <hi rendition="#g">auribus, naribusve</hi> &#x017F;ubiacent, emolumentum ali-<lb/>
quod &#x017F;olidum ad rationem vitae pertinens, aut finem in arte<lb/>
&#x017F;ua fere nullum.</hi></hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[460/0474] 1. Buch. 8. Tit. §. 172. Doch genug von den Begriffen der Alten. Unſere heutige Juriſten 91) lehren, daß koͤrperliche Sachen, Koͤrper, res corporales, diejenigen zu nennen ſind, von denen man ſich ſinnliche Vorſtellungen machen kann; unkoͤrperliche aber diejenigen, welche von der Art ſind, daß man ſich von ihnen keine ſinnliche Vorſtellungen machen kann. Andere 92) ſagen noch beſtimmter, koͤr- perliche Dinge ſind die zuſammengeſetzten Subſtanzen. Was hingegen keine Subſtanz, oder nicht aus Theilen zuſammengeſetzt iſt, heißt eine unkoͤrperliche Sache. Sachen der erſten Art, ſofern ſie als ein beſtimmtes Individuum, den Gegenſtand eines Rechts ausmachen, werden in unſern Geſetzen Species genennr 93). Unkoͤr- perliche Sachen ſind von verſchiedener Art. Einige ſind ihrer Natur nach ſolche. Cajus 94) rechnet dahin ea, quae in iure conſiſtunt, das heißt, wo es auf ein Recht oder auf eine Verbindlichkeit uͤberhaupt ankommt. Daß dieſe Worte ſo verſtan- den werden muͤſſen, ergiebt ſich aus den von Cajus an- gefuͤhr- 90) 91) Woltaͤr Grundſaͤtze der Rechtsgelehrſamkeit §. 214. S. 313. ff. hofacker Princip. iur. civ. Rom. germ. T. II. P. I. §. 720. et 723. Weſtphal Syſtem des R. R. uͤber die Arten der Sachen ꝛc. §. 4. 92) Hoͤpfner im Commentar §. 340. 93) L 2. D de reb. credit. L. 6. D. de rei vindicat. L. 30. pr. D. de legat. 1. 94) L. 1. §. 1. D. de diviſ. ver. 90) corporalium definitionem retinuiſſe, ſed in ea tactum, plerum- que, niſi ſemper, ſolis manibus oculisque ſubieciſſe, animad- vertentes nempe, in reliquis rebus corporalibus, quae nimirum ſolis auribus, naribusve ſubiacent, emolumentum ali- quod ſolidum ad rationem vitae pertinens, aut finem in arte ſua fere nullum.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/474
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/474>, abgerufen am 23.11.2024.