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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 4. Tit. §. 110.
Es fragt sich also, ob und wenn Privilegien
durch den Nichtgebrauch verlohren gehen
können
? Die Rechtsgelehrten sind deshalb verschiede-
ner Meinung. Einige halten Privilegien für res merae
facultatis,
die durch Nichtgebrauch anderer gestalt nicht
erlöschen könnten, als wenn von Seiten eines andern,
dem daran gelegen, daß das Privilegium aufhöre, ein
Widerspruch geschehen, und der Privilegirte sich dabey
beruhiget habe. Nur diejenigen Privilegien nehmen sie
aus, die nach ausdrücklicher Vorschrift der Gesetze in An-
sehung des Gebrauchs in eine bestimmte Zeit wären ein-
geschränket worden 1). Z. B. das Privilegium, Markt
halten zu dürfen 2). Allein diese Theorie kann meines
Erachtens wenig Beyfall finden, wenn man sich an den
Begriff einer rei merae facultatis noch erinnert, den ich

an
ce, et casu, in quo privilegio suo non est usus. Ius publicum
aber zeigt dasjenige Recht an, quod in privilegio immunita-
tis iure communi Veteranis vel aliis concesso consistit.
Hier-
aus läßt sich urtheilen, was von der Meinung derjenigen zu
halten sey, welche behaupten, daß negative Privilegien,
welche in der Befugniß eine sonst nothwendig auszuübende
Verbindlichkeit zu unterlassen, bestehen, durch ein einiges dem
Privilegium gerade zuwiderlaufendes und wissentlich unter-
nommenes Faktum erlöschen; ich will mich deshalb auf Fran-
cisc. de
amaya Commentar. in tres posteriores libros Codicis
Imp. Iustiniani. Tom. I. (Lugduni 1639. fol.) lib. X. Tit. 43.
n. 12. sqq.
vorzüglich bezogen haben, der diesen Irrthum am
gründlichsten widerlegt hat. Mit mir stimmt auch voet in
Comment. ad Pandect. h. t.
§. 22. überein.
1) S. Christ. claproth Diss. de rebus merae facultatis (Goet-
tingae 1745.) §. 13. Car. Frid. dieterich System. elemen-
tar. iurisprud. civ. privatae P. l. Tit. 1. Part. general. §. 19.
p. 30. nettelbladt System. elem. Iurisprud. positivae Ger-
manor. commun. generalis. §. 472. (Halae 1781.)
2) L. 1. D. de nundinis.

1. Buch. 4. Tit. §. 110.
Es fragt ſich alſo, ob und wenn Privilegien
durch den Nichtgebrauch verlohren gehen
koͤnnen
? Die Rechtsgelehrten ſind deshalb verſchiede-
ner Meinung. Einige halten Privilegien fuͤr res merae
facultatis,
die durch Nichtgebrauch anderer geſtalt nicht
erloͤſchen koͤnnten, als wenn von Seiten eines andern,
dem daran gelegen, daß das Privilegium aufhoͤre, ein
Widerſpruch geſchehen, und der Privilegirte ſich dabey
beruhiget habe. Nur diejenigen Privilegien nehmen ſie
aus, die nach ausdruͤcklicher Vorſchrift der Geſetze in An-
ſehung des Gebrauchs in eine beſtimmte Zeit waͤren ein-
geſchraͤnket worden 1). Z. B. das Privilegium, Markt
halten zu duͤrfen 2). Allein dieſe Theorie kann meines
Erachtens wenig Beyfall finden, wenn man ſich an den
Begriff einer rei merae facultatis noch erinnert, den ich

an
ce, et caſu, in quo privilegio ſuo non eſt uſus. Ius publicum
aber zeigt dasjenige Recht an, quod in privilegio immunita-
tis iure communi Veteranis vel aliis conceſſo conſiſtit.
Hier-
aus laͤßt ſich urtheilen, was von der Meinung derjenigen zu
halten ſey, welche behaupten, daß negative Privilegien,
welche in der Befugniß eine ſonſt nothwendig auszuuͤbende
Verbindlichkeit zu unterlaſſen, beſtehen, durch ein einiges dem
Privilegium gerade zuwiderlaufendes und wiſſentlich unter-
nommenes Faktum erloͤſchen; ich will mich deshalb auf Fran-
ciſc. de
amaya Commentar. in tres poſteriores libros Codicis
Imp. Iuſtiniani. Tom. I. (Lugduni 1639. fol.) lib. X. Tit. 43.
n. 12. ſqq.
vorzuͤglich bezogen haben, der dieſen Irrthum am
gruͤndlichſten widerlegt hat. Mit mir ſtimmt auch voet in
Comment. ad Pandect. h. t.
§. 22. uͤberein.
1) S. Chriſt. claproth Diſſ. de rebus merae facultatis (Goet-
tingae 1745.) §. 13. Car. Frid. dieterich Syſtem. elemen-
tar. iurisprud. civ. privatae P. l. Tit. 1. Part. general. §. 19.
p. 30. nettelbladt Syſtem. elem. Iurisprud. poſitivae Ger-
manor. commun. generalis. §. 472. (Halae 1781.)
2) L. 1. D. de nundinis.
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[38/0052] 1. Buch. 4. Tit. §. 110. Es fragt ſich alſo, ob und wenn Privilegien durch den Nichtgebrauch verlohren gehen koͤnnen? Die Rechtsgelehrten ſind deshalb verſchiede- ner Meinung. Einige halten Privilegien fuͤr res merae facultatis, die durch Nichtgebrauch anderer geſtalt nicht erloͤſchen koͤnnten, als wenn von Seiten eines andern, dem daran gelegen, daß das Privilegium aufhoͤre, ein Widerſpruch geſchehen, und der Privilegirte ſich dabey beruhiget habe. Nur diejenigen Privilegien nehmen ſie aus, die nach ausdruͤcklicher Vorſchrift der Geſetze in An- ſehung des Gebrauchs in eine beſtimmte Zeit waͤren ein- geſchraͤnket worden 1). Z. B. das Privilegium, Markt halten zu duͤrfen 2). Allein dieſe Theorie kann meines Erachtens wenig Beyfall finden, wenn man ſich an den Begriff einer rei merae facultatis noch erinnert, den ich an 100) 1) S. Chriſt. claproth Diſſ. de rebus merae facultatis (Goet- tingae 1745.) §. 13. Car. Frid. dieterich Syſtem. elemen- tar. iurisprud. civ. privatae P. l. Tit. 1. Part. general. §. 19. p. 30. nettelbladt Syſtem. elem. Iurisprud. poſitivae Ger- manor. commun. generalis. §. 472. (Halae 1781.) 2) L. 1. D. de nundinis. 100) ce, et caſu, in quo privilegio ſuo non eſt uſus. Ius publicum aber zeigt dasjenige Recht an, quod in privilegio immunita- tis iure communi Veteranis vel aliis conceſſo conſiſtit. Hier- aus laͤßt ſich urtheilen, was von der Meinung derjenigen zu halten ſey, welche behaupten, daß negative Privilegien, welche in der Befugniß eine ſonſt nothwendig auszuuͤbende Verbindlichkeit zu unterlaſſen, beſtehen, durch ein einiges dem Privilegium gerade zuwiderlaufendes und wiſſentlich unter- nommenes Faktum erloͤſchen; ich will mich deshalb auf Fran- ciſc. de amaya Commentar. in tres poſteriores libros Codicis Imp. Iuſtiniani. Tom. I. (Lugduni 1639. fol.) lib. X. Tit. 43. n. 12. ſqq. vorzuͤglich bezogen haben, der dieſen Irrthum am gruͤndlichſten widerlegt hat. Mit mir ſtimmt auch voet in Comment. ad Pandect. h. t. §. 22. uͤberein.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/52>, abgerufen am 23.11.2024.