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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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de Statu Hominum.
zu befördern berechtiget ist 34). Ich bemerke endlich
noch,

III) daß ein Mensch oft mehrere Personen in sich
vereinigen kann. In einem solchen Fall hat man stets
darauf zu sehen, in welcher Person ein solcher Mensch
handelt. Denn nur die Rechte kommen in Betracht, die
ihm nach derjenigen Person zustehen, in Ansehung deren
er eine Handlung unternommen. Es schadet auch einem
solchen Menschen dasjenige, so er in Ansehung der einen
Person zu thun verpflichtet war, nichts in Ansehung sei-
ner andern Person. Man setze den Fall, daß Jemand
filiusfamilias und dabey Vormund eines Pupillen wäre.
Der Vater enterbe ihn in seinem Testament, dem Pupillen
seines Sohnes aber vermache er ein Legat. So kann er
als Vormund für seinen Pupillen aus dem väterlichen
Testament das Legat verlangen und in Empfang nehmen,
und hernach doch noch für sich das Testament seines Va-
ters als ein pflichtwidriges (inofficiosum) anfechten 35),
ohne daß ihm die Einrede, er habe durch den Em-
pfang des Legats das Testament einmal als
gültig anerkannt,
entgegen gesetzt werden kann.
Ein solcher Mensch kann auch bürgerliche Rechts-Hand-
lungen, zu deren Verrichtung sonst zwey verschiedene
Personen erfordert werden, der Regel nach vor sich selbst
verrichten, wenn er beyde Personen vorstellt. Ein schö-
nes Beyspiel hat Paulus lib. IV. ad Sabinum 36): Si Con-
sul vel Praeses filiusfamilias sit; posse eum apud se-
metipsum vel emancipari, vel in adoptionem dari,

con-
34) Mayer in der angef. Einleitung in das Privat-Fürstenrecht
Kap. IV.
35) §. 4. Instit. de inoff. testamento.
36) L. 3. D. de adopt. et emancipat.
D 5

de Statu Hominum.
zu befoͤrdern berechtiget iſt 34). Ich bemerke endlich
noch,

III) daß ein Menſch oft mehrere Perſonen in ſich
vereinigen kann. In einem ſolchen Fall hat man ſtets
darauf zu ſehen, in welcher Perſon ein ſolcher Menſch
handelt. Denn nur die Rechte kommen in Betracht, die
ihm nach derjenigen Perſon zuſtehen, in Anſehung deren
er eine Handlung unternommen. Es ſchadet auch einem
ſolchen Menſchen dasjenige, ſo er in Anſehung der einen
Perſon zu thun verpflichtet war, nichts in Anſehung ſei-
ner andern Perſon. Man ſetze den Fall, daß Jemand
filiusfamilias und dabey Vormund eines Pupillen waͤre.
Der Vater enterbe ihn in ſeinem Teſtament, dem Pupillen
ſeines Sohnes aber vermache er ein Legat. So kann er
als Vormund fuͤr ſeinen Pupillen aus dem vaͤterlichen
Teſtament das Legat verlangen und in Empfang nehmen,
und hernach doch noch fuͤr ſich das Teſtament ſeines Va-
ters als ein pflichtwidriges (inofficioſum) anfechten 35),
ohne daß ihm die Einrede, er habe durch den Em-
pfang des Legats das Teſtament einmal als
guͤltig anerkannt,
entgegen geſetzt werden kann.
Ein ſolcher Menſch kann auch buͤrgerliche Rechts-Hand-
lungen, zu deren Verrichtung ſonſt zwey verſchiedene
Perſonen erfordert werden, der Regel nach vor ſich ſelbſt
verrichten, wenn er beyde Perſonen vorſtellt. Ein ſchoͤ-
nes Beyſpiel hat Paulus lib. IV. ad Sabinum 36): Si Con-
ſul vel Praeſes filiusfamilias ſit; poſſe eum apud ſe-
metipſum vel emancipari, vel in adoptionem dari,

con-
34) Mayer in der angef. Einleitung in das Privat-Fuͤrſtenrecht
Kap. IV.
35) §. 4. Inſtit. de inoff. teſtamento.
36) L. 3. D. de adopt. et emancipat.
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[57/0071] de Statu Hominum. zu befoͤrdern berechtiget iſt 34). Ich bemerke endlich noch, III) daß ein Menſch oft mehrere Perſonen in ſich vereinigen kann. In einem ſolchen Fall hat man ſtets darauf zu ſehen, in welcher Perſon ein ſolcher Menſch handelt. Denn nur die Rechte kommen in Betracht, die ihm nach derjenigen Perſon zuſtehen, in Anſehung deren er eine Handlung unternommen. Es ſchadet auch einem ſolchen Menſchen dasjenige, ſo er in Anſehung der einen Perſon zu thun verpflichtet war, nichts in Anſehung ſei- ner andern Perſon. Man ſetze den Fall, daß Jemand filiusfamilias und dabey Vormund eines Pupillen waͤre. Der Vater enterbe ihn in ſeinem Teſtament, dem Pupillen ſeines Sohnes aber vermache er ein Legat. So kann er als Vormund fuͤr ſeinen Pupillen aus dem vaͤterlichen Teſtament das Legat verlangen und in Empfang nehmen, und hernach doch noch fuͤr ſich das Teſtament ſeines Va- ters als ein pflichtwidriges (inofficioſum) anfechten 35), ohne daß ihm die Einrede, er habe durch den Em- pfang des Legats das Teſtament einmal als guͤltig anerkannt, entgegen geſetzt werden kann. Ein ſolcher Menſch kann auch buͤrgerliche Rechts-Hand- lungen, zu deren Verrichtung ſonſt zwey verſchiedene Perſonen erfordert werden, der Regel nach vor ſich ſelbſt verrichten, wenn er beyde Perſonen vorſtellt. Ein ſchoͤ- nes Beyſpiel hat Paulus lib. IV. ad Sabinum 36): Si Con- ſul vel Praeſes filiusfamilias ſit; poſſe eum apud ſe- metipſum vel emancipari, vel in adoptionem dari, con- 34) Mayer in der angef. Einleitung in das Privat-Fuͤrſtenrecht Kap. IV. 35) §. 4. Inſtit. de inoff. teſtamento. 36) L. 3. D. de adopt. et emancipat. D 5

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/71>, abgerufen am 23.11.2024.