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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 5. Tit. §. 114.
machen, daß auch eine Mißgeburt für einen Menschen zu
halten, so Rechte erwerben, und solche auch wieder auf
andere transmittiren könne.

Von den Mißgeburten sind nun fehlerhafte Gebur-
ten wohl zu unterscheiden, welche man portenta oder osten-
ta
72) nennt. Dahin müssen diejenigen gerechnet wer-
den, deren Kopf zwar menschlich, aber doch auf irgend
eine Art mißgestaltet ist, z. B. deren Schedel schief, oder
spitz ist, auch die eine häßliche Physiognomie des Gesichts
haben, verunstaltete Nase, Mund, Kinn u. s. w. Man
rechnet hierher auch mißgestaltete Geburtstheile; desglei-

chen
nungen unter jenen beyden römischen Juristen annimmt, recht
geben, als dem wissenbach de Emblematibus Triboniani
pag.
339. beytreten, welcher die L. 14. für interpolirt hält.
Man vergleiche Ant. schulting in Not. ad Iul. Pauli libr. IV.
Sentent. Receptar. Tit. IX. not. 12. Iurisprud. vet. Antejustin.

S. 415. und Io. wybo in Triboniano defenso ad L. 14. D.
de Statu hom.
Allein Hr. Geh. J.R. walch in Notis ad eck-
hardi
Hermenevtic. iuris lib. I. cap. V.
§. 199. S. 372.
glaubt nicht einmal, daß es nöthig sey, zu den Ueberschriften
jener beyden Stellen der Pandecten seine Zuflucht zu nehmen.
Schon ihr Inhalt zeige deutlich, daß in beyden eine ganz
verschiedene Frage entschieden werde. Ubi paullo curatius,
sagt er, perpendamus ulpiani verba, solummodo quaestionem
in medium profert, num matri quoque ita prosit monstrum,
quod in lucem edidit, ut ex eo colligendum sit, illam statutis
obtemperasse; et ideo non potuit, quin omnino haec adfirmetur
quaestio
; paulus autem verbis, quae L. 34. D. de statu ho-
minum habentur, quaeve etiam lib. IV. Receptar. Sentent. Tit.
IX.
§. 3. exhibentur, ita sunt comparata, ut solum, qui sunt
liberi, definiant, hocque a numero liberorum monstra exclu-
dant
.
Man wird indessen, ohne die Ueberschrift zu Hülfe zu
nihmen, über diese Stellen nie ein vollkommenes Licht ver-
breiten.
72) L. 38. D. de Verb. Signif.

1. Buch. 5. Tit. §. 114.
machen, daß auch eine Mißgeburt fuͤr einen Menſchen zu
halten, ſo Rechte erwerben, und ſolche auch wieder auf
andere transmittiren koͤnne.

Von den Mißgeburten ſind nun fehlerhafte Gebur-
ten wohl zu unterſcheiden, welche man portenta oder oſten-
ta
72) nennt. Dahin muͤſſen diejenigen gerechnet wer-
den, deren Kopf zwar menſchlich, aber doch auf irgend
eine Art mißgeſtaltet iſt, z. B. deren Schedel ſchief, oder
ſpitz iſt, auch die eine haͤßliche Phyſiognomie des Geſichts
haben, verunſtaltete Naſe, Mund, Kinn u. ſ. w. Man
rechnet hierher auch mißgeſtaltete Geburtstheile; desglei-

chen
nungen unter jenen beyden roͤmiſchen Juriſten annimmt, recht
geben, als dem wissenbach de Emblematibus Triboniani
pag.
339. beytreten, welcher die L. 14. fuͤr interpolirt haͤlt.
Man vergleiche Ant. schulting in Not. ad Iul. Pauli libr. IV.
Sentent. Receptar. Tit. IX. not. 12. Iurisprud. vet. Antejuſtin.

S. 415. und Io. wybo in Triboniano defenſo ad L. 14. D.
de Statu hom.
Allein Hr. Geh. J.R. walch in Notis ad eck-
hardi
Hermenevtic. iuris lib. I. cap. V.
§. 199. S. 372.
glaubt nicht einmal, daß es noͤthig ſey, zu den Ueberſchriften
jener beyden Stellen der Pandecten ſeine Zuflucht zu nehmen.
Schon ihr Inhalt zeige deutlich, daß in beyden eine ganz
verſchiedene Frage entſchieden werde. Ubi paullo curatius,
ſagt er, perpendamus ulpiani verba, ſolummodo quaeſtionem
in medium profert, num matri quoque ita proſit monſtrum,
quod in lucem edidit, ut ex eo colligendum ſit, illam ſtatutis
obtemperaſſe; et ideo non potuit, quin omnino haec adfirmetur
quaeſtio
; paulus autem verbis, quae L. 34. D. de ſtatu ho-
minum habentur, quaeve etiam lib. IV. Receptar. Sentent. Tit.
IX.
§. 3. exhibentur, ita ſunt comparata, ut ſolum, qui ſunt
liberi, definiant, hocque a numero liberorum monſtra exclu-
dant
.
Man wird indeſſen, ohne die Ueberſchrift zu Huͤlfe zu
nihmen, uͤber dieſe Stellen nie ein vollkommenes Licht ver-
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72) L. 38. D. de Verb. Signif.
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[68/0082] 1. Buch. 5. Tit. §. 114. machen, daß auch eine Mißgeburt fuͤr einen Menſchen zu halten, ſo Rechte erwerben, und ſolche auch wieder auf andere transmittiren koͤnne. Von den Mißgeburten ſind nun fehlerhafte Gebur- ten wohl zu unterſcheiden, welche man portenta oder oſten- ta 72) nennt. Dahin muͤſſen diejenigen gerechnet wer- den, deren Kopf zwar menſchlich, aber doch auf irgend eine Art mißgeſtaltet iſt, z. B. deren Schedel ſchief, oder ſpitz iſt, auch die eine haͤßliche Phyſiognomie des Geſichts haben, verunſtaltete Naſe, Mund, Kinn u. ſ. w. Man rechnet hierher auch mißgeſtaltete Geburtstheile; desglei- chen 71) 72) L. 38. D. de Verb. Signif. 71) nungen unter jenen beyden roͤmiſchen Juriſten annimmt, recht geben, als dem wissenbach de Emblematibus Triboniani pag. 339. beytreten, welcher die L. 14. fuͤr interpolirt haͤlt. Man vergleiche Ant. schulting in Not. ad Iul. Pauli libr. IV. Sentent. Receptar. Tit. IX. not. 12. Iurisprud. vet. Antejuſtin. S. 415. und Io. wybo in Triboniano defenſo ad L. 14. D. de Statu hom. Allein Hr. Geh. J.R. walch in Notis ad eck- hardi Hermenevtic. iuris lib. I. cap. V. §. 199. S. 372. glaubt nicht einmal, daß es noͤthig ſey, zu den Ueberſchriften jener beyden Stellen der Pandecten ſeine Zuflucht zu nehmen. Schon ihr Inhalt zeige deutlich, daß in beyden eine ganz verſchiedene Frage entſchieden werde. Ubi paullo curatius, ſagt er, perpendamus ulpiani verba, ſolummodo quaeſtionem in medium profert, num matri quoque ita proſit monſtrum, quod in lucem edidit, ut ex eo colligendum ſit, illam ſtatutis obtemperaſſe; et ideo non potuit, quin omnino haec adfirmetur quaeſtio; paulus autem verbis, quae L. 34. D. de ſtatu ho- minum habentur, quaeve etiam lib. IV. Receptar. Sentent. Tit. IX. §. 3. exhibentur, ita ſunt comparata, ut ſolum, qui ſunt liberi, definiant, hocque a numero liberorum monſtra exclu- dant. Man wird indeſſen, ohne die Ueberſchrift zu Huͤlfe zu nihmen, uͤber dieſe Stellen nie ein vollkommenes Licht ver- breiten.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/82>, abgerufen am 12.05.2024.