Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

de Statu Hominum.
halten. Denn unreif ist jedes Kind, das vor der
gewöhnlichen Geburtszeit zur Welt kommt, und daher
Zeichen an sich trägt, welche beweisen, daß es im Mut-
terleibe nicht so weit vervollkommnet worden sey, als es
einem ganz reifen Kinde zukommt 98). Nimmt man nun
an was durch unzählige Erfahrungen bestätigt ist, daß
die Ausbildung und Vervollkommnung eines Foetus in
neun Monaten, oder in neun und dreyßig bis vierzig
Wochen, von der Empfängniß an gerechnet, vollbracht
werde, nach deren Verlauf die Geburt des Kindes gewöhnlich
zu erfolgen pflegt 99), so kann freylich ein siebenmonat-
liches Kind für kein so vollkommen reifes Kind, als ein
neun monatliches gehalten werden, vielmehr wird ersteres
noch die Zeichen der Unvollkommenheit an sich haben 100).
Da indessen nicht jedes unreife Kind ein Abortus ist 1),
so schadet jene Unvollkommenheit der Erbfähigkeit des
Kindes nichts, wenn nur das Kind wenigstens denjenigen
Grad der Ausbildung erreicht hat, daß es eines weitern

Lebens
98) Von den Kennzeichen eines reifen und unreifen Kindes han-
delt Ploucquet in der angeführten Schrift §. 33--37.
99) roederer de temporum in graviditate et partu aestimatio-
ne §. VI. de haller Elem. physiol. Lib. XXIX. p. 421.
100) Dan. hoffmann Annotat. ad govey de generatione foe-
tus p. 104. Si septimo vel octavo mense lucem salutet foetus,
signa ac testimonia imperfectionis ac immaturitatis afferet.
Ploucquet. a. a. O. §. 35.
1) Frid. hoffmann Opp. med. T. III. p. 177. Immaturum,
nondumque vitalem per abortum excretum foetum a partu sep-
timestri vel octimestri distinguimus. roederer Elem. Artis
Obstetr. §. 716. Qui inter septimi et noni mensis, a prima
conceptione, finem contingit partus, praematurus vocatur;
abortus vero, quando ante dictum tempus embrye excidit.

de Statu Hominum.
halten. Denn unreif iſt jedes Kind, das vor der
gewoͤhnlichen Geburtszeit zur Welt kommt, und daher
Zeichen an ſich traͤgt, welche beweiſen, daß es im Mut-
terleibe nicht ſo weit vervollkommnet worden ſey, als es
einem ganz reifen Kinde zukommt 98). Nimmt man nun
an was durch unzaͤhlige Erfahrungen beſtaͤtigt iſt, daß
die Ausbildung und Vervollkommnung eines Foetus in
neun Monaten, oder in neun und dreyßig bis vierzig
Wochen, von der Empfaͤngniß an gerechnet, vollbracht
werde, nach deren Verlauf die Geburt des Kindes gewoͤhnlich
zu erfolgen pflegt 99), ſo kann freylich ein ſiebenmonat-
liches Kind fuͤr kein ſo vollkommen reifes Kind, als ein
neun monatliches gehalten werden, vielmehr wird erſteres
noch die Zeichen der Unvollkommenheit an ſich haben 100).
Da indeſſen nicht jedes unreife Kind ein Abortus iſt 1),
ſo ſchadet jene Unvollkommenheit der Erbfaͤhigkeit des
Kindes nichts, wenn nur das Kind wenigſtens denjenigen
Grad der Ausbildung erreicht hat, daß es eines weitern

Lebens
98) Von den Kennzeichen eines reifen und unreifen Kindes han-
delt Ploucquet in der angefuͤhrten Schrift §. 33—37.
99) roederer de temporum in graviditate et partu aeſtimatio-
ne §. VI. de haller Elem. phyſiol. Lib. XXIX. p. 421.
100) Dan. hoffmann Annotat. ad govey de generatione foe-
tus p. 104. Si ſeptimo vel octavo menſe lucem ſalutet foetus,
ſigna ac teſtimonia imperfectionis ac immaturitatis afferet.
Ploucquet. a. a. O. §. 35.
1) Frid. hoffmann Opp. med. T. III. p. 177. Immaturum,
nondumque vitalem per abortum excretum foetum a partu ſep-
timeſtri vel octimeſtri diſtinguimus. roederer Elem. Artis
Obſtetr. §. 716. Qui inter ſeptimi et noni menſis, a prima
conceptione, finem contingit partus, praematurus vocatur;
abortus vero, quando ante dictum tempus embrye excidit.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="77"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Statu Hominum.</hi></fw><lb/>
halten. Denn <hi rendition="#g">unreif</hi> i&#x017F;t jedes Kind, das vor der<lb/>
gewo&#x0364;hnlichen Geburtszeit zur Welt kommt, und daher<lb/>
Zeichen an &#x017F;ich tra&#x0364;gt, welche bewei&#x017F;en, daß es im Mut-<lb/>
terleibe nicht &#x017F;o weit vervollkommnet worden &#x017F;ey, als es<lb/>
einem ganz reifen Kinde zukommt <note place="foot" n="98)">Von den Kennzeichen eines reifen und unreifen Kindes han-<lb/>
delt <hi rendition="#g">Ploucquet</hi> in der angefu&#x0364;hrten Schrift §. 33&#x2014;37.</note>. Nimmt man nun<lb/>
an was durch unza&#x0364;hlige Erfahrungen be&#x017F;ta&#x0364;tigt i&#x017F;t, daß<lb/>
die Ausbildung und Vervollkommnung eines Foetus in<lb/>
neun Monaten, oder in neun und dreyßig bis vierzig<lb/>
Wochen, von der Empfa&#x0364;ngniß an gerechnet, vollbracht<lb/>
werde, nach deren Verlauf die Geburt des Kindes gewo&#x0364;hnlich<lb/>
zu erfolgen pflegt <note place="foot" n="99)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">roederer</hi> de temporum in graviditate et partu ae&#x017F;timatio-<lb/>
ne §. VI. <hi rendition="#i">de</hi> <hi rendition="#k">haller</hi> Elem. phy&#x017F;iol. Lib. XXIX. p.</hi> 421.</note>, &#x017F;o kann freylich ein &#x017F;iebenmonat-<lb/>
liches Kind fu&#x0364;r kein &#x017F;o vollkommen reifes Kind, als ein<lb/>
neun monatliches gehalten werden, vielmehr wird er&#x017F;teres<lb/>
noch die Zeichen der Unvollkommenheit an &#x017F;ich haben <note place="foot" n="100)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Dan.</hi><hi rendition="#k">hoffmann</hi> Annotat. ad <hi rendition="#k">govey</hi> de generatione foe-<lb/>
tus p. 104. <hi rendition="#i">Si &#x017F;eptimo vel octavo men&#x017F;e lucem &#x017F;alutet foetus,<lb/>
&#x017F;igna ac te&#x017F;timonia imperfectionis ac immaturitatis afferet.</hi></hi><lb/><hi rendition="#g">Ploucquet</hi>. a. a. O. §. 35.</note>.<lb/>
Da inde&#x017F;&#x017F;en nicht jedes unreife Kind ein Abortus i&#x017F;t <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Frid.</hi><hi rendition="#k">hoffmann</hi> Opp. med. T. III. p. 177. <hi rendition="#i">Immaturum,<lb/>
nondumque vitalem per abortum excretum foetum a partu &#x017F;ep-<lb/>
time&#x017F;tri vel octime&#x017F;tri di&#x017F;tinguimus.</hi> <hi rendition="#k">roederer</hi> Elem. Artis<lb/>
Ob&#x017F;tetr. §. 716. <hi rendition="#i">Qui inter &#x017F;eptimi et noni men&#x017F;is, a prima<lb/>
conceptione, finem contingit partus</hi>, <hi rendition="#k">praematurus</hi> <hi rendition="#i">vocatur</hi>;<lb/><hi rendition="#k">abortus</hi> <hi rendition="#i">vero, quando ante dictum tempus embrye excidit.</hi></hi></note>,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chadet jene Unvollkommenheit der Erbfa&#x0364;higkeit des<lb/>
Kindes nichts, wenn nur das Kind wenig&#x017F;tens denjenigen<lb/>
Grad der Ausbildung erreicht hat, daß es eines weitern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Lebens</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0091] de Statu Hominum. halten. Denn unreif iſt jedes Kind, das vor der gewoͤhnlichen Geburtszeit zur Welt kommt, und daher Zeichen an ſich traͤgt, welche beweiſen, daß es im Mut- terleibe nicht ſo weit vervollkommnet worden ſey, als es einem ganz reifen Kinde zukommt 98). Nimmt man nun an was durch unzaͤhlige Erfahrungen beſtaͤtigt iſt, daß die Ausbildung und Vervollkommnung eines Foetus in neun Monaten, oder in neun und dreyßig bis vierzig Wochen, von der Empfaͤngniß an gerechnet, vollbracht werde, nach deren Verlauf die Geburt des Kindes gewoͤhnlich zu erfolgen pflegt 99), ſo kann freylich ein ſiebenmonat- liches Kind fuͤr kein ſo vollkommen reifes Kind, als ein neun monatliches gehalten werden, vielmehr wird erſteres noch die Zeichen der Unvollkommenheit an ſich haben 100). Da indeſſen nicht jedes unreife Kind ein Abortus iſt 1), ſo ſchadet jene Unvollkommenheit der Erbfaͤhigkeit des Kindes nichts, wenn nur das Kind wenigſtens denjenigen Grad der Ausbildung erreicht hat, daß es eines weitern Lebens 98) Von den Kennzeichen eines reifen und unreifen Kindes han- delt Ploucquet in der angefuͤhrten Schrift §. 33—37. 99) roederer de temporum in graviditate et partu aeſtimatio- ne §. VI. de haller Elem. phyſiol. Lib. XXIX. p. 421. 100) Dan. hoffmann Annotat. ad govey de generatione foe- tus p. 104. Si ſeptimo vel octavo menſe lucem ſalutet foetus, ſigna ac teſtimonia imperfectionis ac immaturitatis afferet. Ploucquet. a. a. O. §. 35. 1) Frid. hoffmann Opp. med. T. III. p. 177. Immaturum, nondumque vitalem per abortum excretum foetum a partu ſep- timeſtri vel octimeſtri diſtinguimus. roederer Elem. Artis Obſtetr. §. 716. Qui inter ſeptimi et noni menſis, a prima conceptione, finem contingit partus, praematurus vocatur; abortus vero, quando ante dictum tempus embrye excidit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/91
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/91>, abgerufen am 11.05.2024.