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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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1) Der Besitzer ist nicht schuldig, den Rechtstitel seines Be-
sitzes anzugeben, wenn er seines Besitzes wegen von Jemand
in Anspruch genommen wird 58).

2) Der Besitz befreyet in der Regel vom Beweise, und legt
diese Last dem Gegner auf. Kann dieser nun den Grund seiner
Klage nicht beweisen, so ist der Beklagte von der Klage loszu-
sprechen, wenn er auch nichts als den Besitz für sich hat 59).
Denn dieser allein begründet schon die rechtliche Vermuthung,
daß er die Sache rechtmäßig besitze; es muß ihm nur keine stär-
kere Präsumtion entgegenstehen 60).

3) Der Besitzer hat den Vorzug vor dem Nichtbesitzer, wenn
beyde auf die nämliche Sache Anspruch machen, und einer so
viel, als der andere, für sich hat. (In pari causa melior est con-
ditio possidentis
61).

4) Eine vorzügliche Wirkung des Besitzes ist die rechtliche
Möglichkeit der Verjährung einer solchen Sache, die man bona
fide
und durch einen gerechten Titel von einem Nichteigenthümer
an sich gebracht hat 62).

5) Ein grosser Vortheil des Besitzes ist es ferner, daß der
Besitzer die Früchte der Sache, welche er bona fide als ver-
meintlicher Eigenthümer inne hatte, in gewissen Fällen lucrirt
(§. 591) 63). Nicht minder legen die Gesetze


6) dem
58) L. 11. C. de petit. hered. Jedoch hat diese Regel ihre Aus-
nahmen. S. Spangenbergs Versuch. 2. Th. §. 169.
Not. i S. 246.
59) §. 4. I. de Interdict. L. 2. C. de probat. L. fin. Cod. de
rei vindicat.
60) Höpfners Commentar §. 283 Not. 7. S. 275.
61) L. 128. D. de Reg. iur. Man sehe jedoch Spangen-
bergs
Versuch 2. Th. §. 156. und Höpfner §. 283. Nr. 3.
62) Spangenberg im angef. Versuch §. 162.
63) L. 48. pr. D. acquir. rer. dom. L. 4. §. 2. D. fin. reg.
Spangenberg 2. Th. §. 163. ff.

1) Der Beſitzer iſt nicht ſchuldig, den Rechtstitel ſeines Be-
ſitzes anzugeben, wenn er ſeines Beſitzes wegen von Jemand
in Anſpruch genommen wird 58).

2) Der Beſitz befreyet in der Regel vom Beweiſe, und legt
dieſe Laſt dem Gegner auf. Kann dieſer nun den Grund ſeiner
Klage nicht beweiſen, ſo iſt der Beklagte von der Klage loszu-
ſprechen, wenn er auch nichts als den Beſitz fuͤr ſich hat 59).
Denn dieſer allein begruͤndet ſchon die rechtliche Vermuthung,
daß er die Sache rechtmaͤßig beſitze; es muß ihm nur keine ſtaͤr-
kere Praͤſumtion entgegenſtehen 60).

3) Der Beſitzer hat den Vorzug vor dem Nichtbeſitzer, wenn
beyde auf die naͤmliche Sache Anſpruch machen, und einer ſo
viel, als der andere, fuͤr ſich hat. (In pari cauſa melior eſt con-
ditio poſſidentis
61).

4) Eine vorzuͤgliche Wirkung des Beſitzes iſt die rechtliche
Moͤglichkeit der Verjaͤhrung einer ſolchen Sache, die man bona
fide
und durch einen gerechten Titel von einem Nichteigenthuͤmer
an ſich gebracht hat 62).

5) Ein groſſer Vortheil des Beſitzes iſt es ferner, daß der
Beſitzer die Fruͤchte der Sache, welche er bona fide als ver-
meintlicher Eigenthuͤmer inne hatte, in gewiſſen Faͤllen lucrirt
(§. 591) 63). Nicht minder legen die Geſetze


6) dem
58) L. 11. C. de petit. hered. Jedoch hat dieſe Regel ihre Aus-
nahmen. S. Spangenbergs Verſuch. 2. Th. §. 169.
Not. i S. 246.
59) §. 4. I. de Interdict. L. 2. C. de probat. L. fin. Cod. de
rei vindicat.
60) Hoͤpfners Commentar §. 283 Not. 7. S. 275.
61) L. 128. D. de Reg. iur. Man ſehe jedoch Spangen-
bergs
Verſuch 2. Th. §. 156. und Hoͤpfner §. 283. Nr. 3.
62) Spangenberg im angef. Verſuch §. 162.
63) L. 48. pr. D. acquir. rer. dom. L. 4. §. 2. D. fin. reg.
Spangenberg 2. Th. §. 163. ff.
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[155/0161] 1) Der Beſitzer iſt nicht ſchuldig, den Rechtstitel ſeines Be- ſitzes anzugeben, wenn er ſeines Beſitzes wegen von Jemand in Anſpruch genommen wird 58). 2) Der Beſitz befreyet in der Regel vom Beweiſe, und legt dieſe Laſt dem Gegner auf. Kann dieſer nun den Grund ſeiner Klage nicht beweiſen, ſo iſt der Beklagte von der Klage loszu- ſprechen, wenn er auch nichts als den Beſitz fuͤr ſich hat 59). Denn dieſer allein begruͤndet ſchon die rechtliche Vermuthung, daß er die Sache rechtmaͤßig beſitze; es muß ihm nur keine ſtaͤr- kere Praͤſumtion entgegenſtehen 60). 3) Der Beſitzer hat den Vorzug vor dem Nichtbeſitzer, wenn beyde auf die naͤmliche Sache Anſpruch machen, und einer ſo viel, als der andere, fuͤr ſich hat. (In pari cauſa melior eſt con- ditio poſſidentis 61). 4) Eine vorzuͤgliche Wirkung des Beſitzes iſt die rechtliche Moͤglichkeit der Verjaͤhrung einer ſolchen Sache, die man bona fide und durch einen gerechten Titel von einem Nichteigenthuͤmer an ſich gebracht hat 62). 5) Ein groſſer Vortheil des Beſitzes iſt es ferner, daß der Beſitzer die Fruͤchte der Sache, welche er bona fide als ver- meintlicher Eigenthuͤmer inne hatte, in gewiſſen Faͤllen lucrirt (§. 591) 63). Nicht minder legen die Geſetze 6) dem 58) L. 11. C. de petit. hered. Jedoch hat dieſe Regel ihre Aus- nahmen. S. Spangenbergs Verſuch. 2. Th. §. 169. Not. i S. 246. 59) §. 4. I. de Interdict. L. 2. C. de probat. L. fin. Cod. de rei vindicat. 60) Hoͤpfners Commentar §. 283 Not. 7. S. 275. 61) L. 128. D. de Reg. iur. Man ſehe jedoch Spangen- bergs Verſuch 2. Th. §. 156. und Hoͤpfner §. 283. Nr. 3. 62) Spangenberg im angef. Verſuch §. 162. 63) L. 48. pr. D. acquir. rer. dom. L. 4. §. 2. D. fin. reg. Spangenberg 2. Th. §. 163. ff.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/161>, abgerufen am 21.11.2024.