Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Personenrecht ist also vielmehr ein Inbegriff von Rech-
ten, welche in dem verschiedenen Zustande der Menschen ihren
Grund haben.

Fragt man nun aber weiter, was der Zustand eines
Menschen
(Status hominis) sey? so sind auch hier die Begriffe
der Rechtsgelehrten meist unrichtig. Unser Verf. sagt: Statum
hominis
constituunt mutabilia, ob quorum existentiam homini cer-
ta competunt iura.
Allein dieser Begriff ist darum offenbar
falsch, weil die Eigenschaft eines Menschen, welche den Zustand
desselben ausmacht, auch permanent seyn kann. Z. B. die Eigen-
schaft des Geschlechts macht einen Zustand des Menschen aus.
Allein diese ist doch gewiß nicht veränderlich. Ferner die Eigen-
schaft eines Ehegatten, eines Sohnes stellt einen Zustand vor,
allein auch diese Eigenschaft ist permanent 50). Nicht richtiger
ist der Begriff anderer Rechtsgelehrten 51), welche sagen, der
Zustand des Menschen sey eine Eigenschaft desselben, von
welcher Rechte und Verbindlichkeiten abhangen. Denn wenn ich
z. B. Eigenthümer einer Sache, oder Pächter, oder Pfandgläu-
biger bin, so sind ja dieß auch Eigenschaften, von denen Rechte
und Verbindlichkeiten abhangen, und doch gehören diese, wie je-
der Jurist weiß, nicht zum Personen-sondern Sachenrecht 52).
der Zustand des Menschen ist vielmehr eine in dem Subject
des Menschen beruhende Eigenschaft, woraus verschiedene Rech-
te entspringen. Nach diesem Begriff ist also die Qualität eines

Eigen-
50) S. Höpfners Commentar über die Heineccischen Institu-
tionen §. 62. Not. 1. S. 89. (nach der sechsten verbesserten
Aufl. Frankfurt am Main 1798. 4.)
51) Man vergleiche Arn. Flor. Theod. mallinkrot Diss. de sta-
tu nondum natorum, indeque dependentibus iuribus et obliga-
tionibus. (Giessae 1759.)
§. 2. Eichmanns Erklärungen
des bürgerlichen Rechts 2. Th. §. 111. und Hufelands In-
stitutionen des gesammten positiven Rechts §. 197.
52) Schon nettelbladt in System. element. iurisprud. positi-
vae Germanor. commun. general.
§. 13. tadelt den gemeinen
Begriff von Status hominis.

Perſonenrecht iſt alſo vielmehr ein Inbegriff von Rech-
ten, welche in dem verſchiedenen Zuſtande der Menſchen ihren
Grund haben.

Fragt man nun aber weiter, was der Zuſtand eines
Menſchen
(Status hominis) ſey? ſo ſind auch hier die Begriffe
der Rechtsgelehrten meiſt unrichtig. Unſer Verf. ſagt: Statum
hominis
conſtituunt mutabilia, ob quorum exiſtentiam homini cer-
ta competunt iura.
Allein dieſer Begriff iſt darum offenbar
falſch, weil die Eigenſchaft eines Menſchen, welche den Zuſtand
deſſelben ausmacht, auch permanent ſeyn kann. Z. B. die Eigen-
ſchaft des Geſchlechts macht einen Zuſtand des Menſchen aus.
Allein dieſe iſt doch gewiß nicht veraͤnderlich. Ferner die Eigen-
ſchaft eines Ehegatten, eines Sohnes ſtellt einen Zuſtand vor,
allein auch dieſe Eigenſchaft iſt permanent 50). Nicht richtiger
iſt der Begriff anderer Rechtsgelehrten 51), welche ſagen, der
Zuſtand des Menſchen ſey eine Eigenſchaft deſſelben, von
welcher Rechte und Verbindlichkeiten abhangen. Denn wenn ich
z. B. Eigenthuͤmer einer Sache, oder Paͤchter, oder Pfandglaͤu-
biger bin, ſo ſind ja dieß auch Eigenſchaften, von denen Rechte
und Verbindlichkeiten abhangen, und doch gehoͤren dieſe, wie je-
der Juriſt weiß, nicht zum Perſonen-ſondern Sachenrecht 52).
der Zuſtand des Menſchen iſt vielmehr eine in dem Subject
des Menſchen beruhende Eigenſchaft, woraus verſchiedene Rech-
te entſpringen. Nach dieſem Begriff iſt alſo die Qualitaͤt eines

Eigen-
50) S. Hoͤpfners Commentar uͤber die Heinecciſchen Inſtitu-
tionen §. 62. Not. 1. S. 89. (nach der ſechſten verbeſſerten
Aufl. Frankfurt am Main 1798. 4.)
51) Man vergleiche Arn. Flor. Theod. mallinkrot Diſſ. de ſta-
tu nondum natorum, indeque dependentibus iuribus et obliga-
tionibus. (Gieſſae 1759.)
§. 2. Eichmanns Erklaͤrungen
des buͤrgerlichen Rechts 2. Th. §. 111. und Hufelands In-
ſtitutionen des geſammten poſitiven Rechts §. 197.
52) Schon nettelbladt in Syſtem. element. iurisprud. poſiti-
vae Germanor. commun. general.
§. 13. tadelt den gemeinen
Begriff von Status hominis.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0018" n="12"/>
          <p><hi rendition="#g">Per&#x017F;onenrecht</hi> i&#x017F;t al&#x017F;o vielmehr ein Inbegriff von Rech-<lb/>
ten, welche in dem ver&#x017F;chiedenen Zu&#x017F;tande der Men&#x017F;chen ihren<lb/>
Grund haben.</p><lb/>
          <p>Fragt man nun aber weiter, was der <hi rendition="#g">Zu&#x017F;tand eines<lb/>
Men&#x017F;chen</hi> <hi rendition="#aq">(Status hominis)</hi> &#x017F;ey? &#x017F;o &#x017F;ind auch hier die Begriffe<lb/>
der Rechtsgelehrten mei&#x017F;t unrichtig. Un&#x017F;er Verf. &#x017F;agt: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Statum<lb/>
hominis</hi> con&#x017F;tituunt mutabilia, ob quorum exi&#x017F;tentiam homini cer-<lb/>
ta competunt iura.</hi> Allein die&#x017F;er Begriff i&#x017F;t darum offenbar<lb/>
fal&#x017F;ch, weil die Eigen&#x017F;chaft eines Men&#x017F;chen, welche den Zu&#x017F;tand<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben ausmacht, auch permanent &#x017F;eyn kann. Z. B. die Eigen-<lb/>
&#x017F;chaft des Ge&#x017F;chlechts macht einen Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen aus.<lb/>
Allein die&#x017F;e i&#x017F;t doch gewiß nicht vera&#x0364;nderlich. Ferner die Eigen-<lb/>
&#x017F;chaft eines Ehegatten, eines Sohnes &#x017F;tellt einen Zu&#x017F;tand vor,<lb/>
allein auch die&#x017F;e Eigen&#x017F;chaft i&#x017F;t permanent <note place="foot" n="50)">S. <hi rendition="#g">Ho&#x0364;pfners</hi> Commentar u&#x0364;ber die Heinecci&#x017F;chen In&#x017F;titu-<lb/>
tionen §. 62. Not. 1. S. 89. (nach der &#x017F;ech&#x017F;ten verbe&#x017F;&#x017F;erten<lb/>
Aufl. <hi rendition="#g">Frankfurt am Main</hi> 1798. 4.)</note>. Nicht richtiger<lb/>
i&#x017F;t der Begriff anderer Rechtsgelehrten <note place="foot" n="51)">Man vergleiche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Arn. Flor. Theod.</hi><hi rendition="#k">mallinkrot</hi> Di&#x017F;&#x017F;. de &#x017F;ta-<lb/>
tu nondum natorum, indeque dependentibus iuribus et obliga-<lb/>
tionibus. <hi rendition="#i">(Gie&#x017F;&#x017F;ae 1759.)</hi></hi> §. 2. <hi rendition="#g">Eichmanns</hi> Erkla&#x0364;rungen<lb/>
des bu&#x0364;rgerlichen Rechts 2. Th. §. 111. und <hi rendition="#g">Hufelands</hi> In-<lb/>
&#x017F;titutionen des ge&#x017F;ammten po&#x017F;itiven Rechts §. 197.</note>, welche &#x017F;agen, der<lb/><hi rendition="#g">Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen</hi> &#x017F;ey eine Eigen&#x017F;chaft de&#x017F;&#x017F;elben, von<lb/>
welcher Rechte und Verbindlichkeiten abhangen. Denn wenn ich<lb/>
z. B. Eigenthu&#x0364;mer einer Sache, oder Pa&#x0364;chter, oder Pfandgla&#x0364;u-<lb/>
biger bin, &#x017F;o &#x017F;ind ja dieß auch Eigen&#x017F;chaften, von denen Rechte<lb/>
und Verbindlichkeiten abhangen, und doch geho&#x0364;ren die&#x017F;e, wie je-<lb/>
der Juri&#x017F;t weiß, nicht zum Per&#x017F;onen-&#x017F;ondern Sachenrecht <note place="foot" n="52)">Schon <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">nettelbladt</hi> in Sy&#x017F;tem. element. iurisprud. po&#x017F;iti-<lb/>
vae Germanor. commun. general.</hi> §. 13. tadelt den gemeinen<lb/>
Begriff von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Status hominis.</hi></hi></note>.<lb/>
der <hi rendition="#g">Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen</hi> i&#x017F;t vielmehr eine in dem Subject<lb/>
des Men&#x017F;chen beruhende Eigen&#x017F;chaft, woraus ver&#x017F;chiedene Rech-<lb/>
te ent&#x017F;pringen. Nach die&#x017F;em Begriff i&#x017F;t al&#x017F;o die Qualita&#x0364;t eines<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Eigen-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0018] Perſonenrecht iſt alſo vielmehr ein Inbegriff von Rech- ten, welche in dem verſchiedenen Zuſtande der Menſchen ihren Grund haben. Fragt man nun aber weiter, was der Zuſtand eines Menſchen (Status hominis) ſey? ſo ſind auch hier die Begriffe der Rechtsgelehrten meiſt unrichtig. Unſer Verf. ſagt: Statum hominis conſtituunt mutabilia, ob quorum exiſtentiam homini cer- ta competunt iura. Allein dieſer Begriff iſt darum offenbar falſch, weil die Eigenſchaft eines Menſchen, welche den Zuſtand deſſelben ausmacht, auch permanent ſeyn kann. Z. B. die Eigen- ſchaft des Geſchlechts macht einen Zuſtand des Menſchen aus. Allein dieſe iſt doch gewiß nicht veraͤnderlich. Ferner die Eigen- ſchaft eines Ehegatten, eines Sohnes ſtellt einen Zuſtand vor, allein auch dieſe Eigenſchaft iſt permanent 50). Nicht richtiger iſt der Begriff anderer Rechtsgelehrten 51), welche ſagen, der Zuſtand des Menſchen ſey eine Eigenſchaft deſſelben, von welcher Rechte und Verbindlichkeiten abhangen. Denn wenn ich z. B. Eigenthuͤmer einer Sache, oder Paͤchter, oder Pfandglaͤu- biger bin, ſo ſind ja dieß auch Eigenſchaften, von denen Rechte und Verbindlichkeiten abhangen, und doch gehoͤren dieſe, wie je- der Juriſt weiß, nicht zum Perſonen-ſondern Sachenrecht 52). der Zuſtand des Menſchen iſt vielmehr eine in dem Subject des Menſchen beruhende Eigenſchaft, woraus verſchiedene Rech- te entſpringen. Nach dieſem Begriff iſt alſo die Qualitaͤt eines Eigen- 50) S. Hoͤpfners Commentar uͤber die Heinecciſchen Inſtitu- tionen §. 62. Not. 1. S. 89. (nach der ſechſten verbeſſerten Aufl. Frankfurt am Main 1798. 4.) 51) Man vergleiche Arn. Flor. Theod. mallinkrot Diſſ. de ſta- tu nondum natorum, indeque dependentibus iuribus et obliga- tionibus. (Gieſſae 1759.) §. 2. Eichmanns Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts 2. Th. §. 111. und Hufelands In- ſtitutionen des geſammten poſitiven Rechts §. 197. 52) Schon nettelbladt in Syſtem. element. iurisprud. poſiti- vae Germanor. commun. general. §. 13. tadelt den gemeinen Begriff von Status hominis.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/18
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/18>, abgerufen am 29.04.2024.