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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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Schwere des Kindes, auf die Beschaffenheit der Haare und Nä-
gel, auf den Zustand und die Farbe der Haut, auf die Beschaf-
fenheit der Nabelschnur, ferner der Knochen und insonderheit
der Lunge an, ob nämlich diese Luft und viel Blut enthält, oder
zusammen gefallen und klein ist, und bey der angestellten Lungen-
probe im Wasser sinkt 46). Im Zweifel muß das Zeugniß der
Aerzte dem Zeugniß der Hebamme, die bey der Geburt des
Kindes gegenwärtig gewesen, vorgezogen werden, wenn nämlich
jenes mit guten Gründen unterstützt ist 47). Läßt sich die Sache
mit vollkommener Gewißheit nicht bestimmen, so vermuthet man
in bürgerlichen Fällen eher für das Leben als für den Tod des
Kindes, wenn nämlich die Geburt auf die gewöhnliche Art,
und zu der Zeit geschehen ist, da das Kind für lebensfähig gehal-
ten wird 48).

S. 82. Z. 3. ist nach den Worten: sind erzeugt, noch
hinzuzufügen: oder gebohren worden.


S. 86.
46) S. Metzgers kurzgefaßtes System der gerichtlichen Arz-
neywissenschaft §. 277. u. 278. Peter Camper von den
Kennzeichen des Lebens und Todes bey neugebohrnen Kindern.
Von der in solchem Falle gewöhnlichen Lungenprobe ist
besonders nachzusehen Ploucquets Abhandlung über die
gewaltsamen Todesarten. 2. Abschnitt 1. Kap. §. 81. ff.
S. 288. ff.
47) Mich. alberti Commentat. in Constitut. crim. Carolin.
p. 107. sqq.
Es wurde hierüber in einem Erbschaftsfalle ge-
stritten, wovon die Acten von der Fürstl. Solmsischen Regie-
rung zu Lich an unsere Fakultät geschickt wurden. Die Heb-
amme sagte auf ihre geleistete Pflichten aus, sie habe das neu-
gebohrne Kind auf ihrem Schoos gehabt, und Bewegungen
am Körper und Munde desselben verspürt. Allein die Aerzte,
welche die Obduction des Kindes verrichtet hatten, zeigten
in ihrem Gutachten aus unwiderleglichen Gründen, daß das
Kind bey der Geburt nicht mehr gelebt haben könne, und über-
dem nicht einmal lebensfähig gewesen sey.
48) Luc. van de poll de exheredatione et praeteritione Cap. 37.
§. 2. lauterbach Colleg. theor. pract. Pandectar. h. Tit.
§. XXVII.
In peinlichen Fällen findet diese Vermuthung nicht
Statt. S. Quistorp in den Grundsätzen des T. peinlichen
Rechts 1. Th. §. 270.

Schwere des Kindes, auf die Beſchaffenheit der Haare und Naͤ-
gel, auf den Zuſtand und die Farbe der Haut, auf die Beſchaf-
fenheit der Nabelſchnur, ferner der Knochen und inſonderheit
der Lunge an, ob naͤmlich dieſe Luft und viel Blut enthaͤlt, oder
zuſammen gefallen und klein iſt, und bey der angeſtellten Lungen-
probe im Waſſer ſinkt 46). Im Zweifel muß das Zeugniß der
Aerzte dem Zeugniß der Hebamme, die bey der Geburt des
Kindes gegenwaͤrtig geweſen, vorgezogen werden, wenn naͤmlich
jenes mit guten Gruͤnden unterſtuͤtzt iſt 47). Laͤßt ſich die Sache
mit vollkommener Gewißheit nicht beſtimmen, ſo vermuthet man
in buͤrgerlichen Faͤllen eher fuͤr das Leben als fuͤr den Tod des
Kindes, wenn naͤmlich die Geburt auf die gewoͤhnliche Art,
und zu der Zeit geſchehen iſt, da das Kind fuͤr lebensfaͤhig gehal-
ten wird 48).

S. 82. Z. 3. iſt nach den Worten: ſind erzeugt, noch
hinzuzufuͤgen: oder gebohren worden.


S. 86.
46) S. Metzgers kurzgefaßtes Syſtem der gerichtlichen Arz-
neywiſſenſchaft §. 277. u. 278. Peter Camper von den
Kennzeichen des Lebens und Todes bey neugebohrnen Kindern.
Von der in ſolchem Falle gewoͤhnlichen Lungenprobe iſt
beſonders nachzuſehen Ploucquets Abhandlung uͤber die
gewaltſamen Todesarten. 2. Abſchnitt 1. Kap. §. 81. ff.
S. 288. ff.
47) Mich. alberti Commentat. in Conſtitut. crim. Carolin.
p. 107. ſqq.
Es wurde hieruͤber in einem Erbſchaftsfalle ge-
ſtritten, wovon die Acten von der Fuͤrſtl. Solmſiſchen Regie-
rung zu Lich an unſere Fakultaͤt geſchickt wurden. Die Heb-
amme ſagte auf ihre geleiſtete Pflichten aus, ſie habe das neu-
gebohrne Kind auf ihrem Schoos gehabt, und Bewegungen
am Koͤrper und Munde deſſelben verſpuͤrt. Allein die Aerzte,
welche die Obduction des Kindes verrichtet hatten, zeigten
in ihrem Gutachten aus unwiderleglichen Gruͤnden, daß das
Kind bey der Geburt nicht mehr gelebt haben koͤnne, und uͤber-
dem nicht einmal lebensfaͤhig geweſen ſey.
48) Luc. van de poll de exheredatione et praeteritione Cap. 37.
§. 2. lauterbach Colleg. theor. pract. Pandectar. h. Tit.
§. XXVII.
In peinlichen Faͤllen findet dieſe Vermuthung nicht
Statt. S. Quiſtorp in den Grundſaͤtzen des T. peinlichen
Rechts 1. Th. §. 270.
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[22/0028] Schwere des Kindes, auf die Beſchaffenheit der Haare und Naͤ- gel, auf den Zuſtand und die Farbe der Haut, auf die Beſchaf- fenheit der Nabelſchnur, ferner der Knochen und inſonderheit der Lunge an, ob naͤmlich dieſe Luft und viel Blut enthaͤlt, oder zuſammen gefallen und klein iſt, und bey der angeſtellten Lungen- probe im Waſſer ſinkt 46). Im Zweifel muß das Zeugniß der Aerzte dem Zeugniß der Hebamme, die bey der Geburt des Kindes gegenwaͤrtig geweſen, vorgezogen werden, wenn naͤmlich jenes mit guten Gruͤnden unterſtuͤtzt iſt 47). Laͤßt ſich die Sache mit vollkommener Gewißheit nicht beſtimmen, ſo vermuthet man in buͤrgerlichen Faͤllen eher fuͤr das Leben als fuͤr den Tod des Kindes, wenn naͤmlich die Geburt auf die gewoͤhnliche Art, und zu der Zeit geſchehen iſt, da das Kind fuͤr lebensfaͤhig gehal- ten wird 48). S. 82. Z. 3. iſt nach den Worten: ſind erzeugt, noch hinzuzufuͤgen: oder gebohren worden. S. 86. 46) S. Metzgers kurzgefaßtes Syſtem der gerichtlichen Arz- neywiſſenſchaft §. 277. u. 278. Peter Camper von den Kennzeichen des Lebens und Todes bey neugebohrnen Kindern. Von der in ſolchem Falle gewoͤhnlichen Lungenprobe iſt beſonders nachzuſehen Ploucquets Abhandlung uͤber die gewaltſamen Todesarten. 2. Abſchnitt 1. Kap. §. 81. ff. S. 288. ff. 47) Mich. alberti Commentat. in Conſtitut. crim. Carolin. p. 107. ſqq. Es wurde hieruͤber in einem Erbſchaftsfalle ge- ſtritten, wovon die Acten von der Fuͤrſtl. Solmſiſchen Regie- rung zu Lich an unſere Fakultaͤt geſchickt wurden. Die Heb- amme ſagte auf ihre geleiſtete Pflichten aus, ſie habe das neu- gebohrne Kind auf ihrem Schoos gehabt, und Bewegungen am Koͤrper und Munde deſſelben verſpuͤrt. Allein die Aerzte, welche die Obduction des Kindes verrichtet hatten, zeigten in ihrem Gutachten aus unwiderleglichen Gruͤnden, daß das Kind bey der Geburt nicht mehr gelebt haben koͤnne, und uͤber- dem nicht einmal lebensfaͤhig geweſen ſey. 48) Luc. van de poll de exheredatione et praeteritione Cap. 37. §. 2. lauterbach Colleg. theor. pract. Pandectar. h. Tit. §. XXVII. In peinlichen Faͤllen findet dieſe Vermuthung nicht Statt. S. Quiſtorp in den Grundſaͤtzen des T. peinlichen Rechts 1. Th. §. 270.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/28>, abgerufen am 21.11.2024.