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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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deren Rechte und Verbindlichkeiten theils aus dem Mieth-Con-
tract, den sie mit ihrer Herrschaft geschlossen haben, theils aus
den besondern Gesindeordnungen, theils aus dem Gewohnheits-
recht eines jeden Orts beurtheilt werden müssen 66). Im All-
gemeinen bestehen

I) ihre Pflichten darin.

1) Dienstboten sind verbunden, ihrer Herrschaft diejenigen
Dienste zu leisten, wozu sie sich vermiethet haben, ja sie müssen
sich allen erlaubten häuslichen Verrichtungen nach
dem Willen der Herrschaft unterziehen, in sofern sie nicht aus-
schließend zu gewissen bestimmten Geschäften
ge-
miethet worden sind 67).

2) Sie sind schuldig, ihre Dienstgeschäfte mit Treue,
Fleiß
und Aufmerksamkeit zu verrichten, und müssen da-
her jeden aus Vorsatz, oder durch grobes oder mäßiges
Versehen
, verursachten Schaden ersetzen. Ein geringes
Versehen
hingegen vertreten sie anders nicht, als wenn sie
entweder gegen den ausdrücklichen Befehl der Herrschaft gehan-
delt, oder sich ungeheissen in ein Geschäft eingemischt haben, das
nicht zu ihrem Dienst gehörte, oder zu solchen Arten von Geschäf-
ten angenommen sind, die einen vorzüglichen Grad von Aufmerk-
samkeit oder Geschicklichkeit voraussetzen. Hätte ein Dienstbote
auf Befehl seiner Herrschaft ein ausserordentliches und schweres
Geschäft übernehmen müssen, welches er nicht verstand, und wo-

zu
den, und in dieser Rücksicht auf irgend eine Art mit demselben
in Verbindung standen. Man rechnete daher zu denselben
nicht nur alle Arten von Knechten, sondern auch den Hausva-
ter selbst, Haussöhne und Töchter, Schwestern und Brüder;
und auch die Hausfrau. S. Ian. langlaeus in Semestr.
Lib. III. c.
2. Der Unterschied ist besonders beym Haus-
diebstahl
von Wichtigkeit- S. günther Diss. de furto do-
mestico. Lipsiae 1785.
66) Die beste Schrift hiervon ist Johann Lorenz Dorn's
Versuch einer ausführlichen Abhandlung des Gesinderechts.
Erlangen 1794. 8
67) Dorn in dem angeführten Versuch §. 81. S. 200.
C 4

deren Rechte und Verbindlichkeiten theils aus dem Mieth-Con-
tract, den ſie mit ihrer Herrſchaft geſchloſſen haben, theils aus
den beſondern Geſindeordnungen, theils aus dem Gewohnheits-
recht eines jeden Orts beurtheilt werden muͤſſen 66). Im All-
gemeinen beſtehen

I) ihre Pflichten darin.

1) Dienſtboten ſind verbunden, ihrer Herrſchaft diejenigen
Dienſte zu leiſten, wozu ſie ſich vermiethet haben, ja ſie muͤſſen
ſich allen erlaubten haͤuslichen Verrichtungen nach
dem Willen der Herrſchaft unterziehen, in ſofern ſie nicht aus-
ſchließend zu gewiſſen beſtimmten Geſchaͤften
ge-
miethet worden ſind 67).

2) Sie ſind ſchuldig, ihre Dienſtgeſchaͤfte mit Treue,
Fleiß
und Aufmerkſamkeit zu verrichten, und muͤſſen da-
her jeden aus Vorſatz, oder durch grobes oder maͤßiges
Verſehen
, verurſachten Schaden erſetzen. Ein geringes
Verſehen
hingegen vertreten ſie anders nicht, als wenn ſie
entweder gegen den ausdruͤcklichen Befehl der Herrſchaft gehan-
delt, oder ſich ungeheiſſen in ein Geſchaͤft eingemiſcht haben, das
nicht zu ihrem Dienſt gehoͤrte, oder zu ſolchen Arten von Geſchaͤf-
ten angenommen ſind, die einen vorzuͤglichen Grad von Aufmerk-
ſamkeit oder Geſchicklichkeit vorausſetzen. Haͤtte ein Dienſtbote
auf Befehl ſeiner Herrſchaft ein auſſerordentliches und ſchweres
Geſchaͤft uͤbernehmen muͤſſen, welches er nicht verſtand, und wo-

zu
den, und in dieſer Ruͤckſicht auf irgend eine Art mit demſelben
in Verbindung ſtanden. Man rechnete daher zu denſelben
nicht nur alle Arten von Knechten, ſondern auch den Hausva-
ter ſelbſt, Hausſoͤhne und Toͤchter, Schweſtern und Bruͤder;
und auch die Hausfrau. S. Ian. langlaeus in Semeſtr.
Lib. III. c.
2. Der Unterſchied iſt beſonders beym Haus-
diebſtahl
von Wichtigkeit- S. günther Diſſ. de furto do-
meſtico. Lipſiae 1785.
66) Die beſte Schrift hiervon iſt Johann Lorenz Dorn’s
Verſuch einer ausfuͤhrlichen Abhandlung des Geſinderechts.
Erlangen 1794. 8
67) Dorn in dem angefuͤhrten Verſuch §. 81. S. 200.
C 4
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[39/0045] deren Rechte und Verbindlichkeiten theils aus dem Mieth-Con- tract, den ſie mit ihrer Herrſchaft geſchloſſen haben, theils aus den beſondern Geſindeordnungen, theils aus dem Gewohnheits- recht eines jeden Orts beurtheilt werden muͤſſen 66). Im All- gemeinen beſtehen I) ihre Pflichten darin. 1) Dienſtboten ſind verbunden, ihrer Herrſchaft diejenigen Dienſte zu leiſten, wozu ſie ſich vermiethet haben, ja ſie muͤſſen ſich allen erlaubten haͤuslichen Verrichtungen nach dem Willen der Herrſchaft unterziehen, in ſofern ſie nicht aus- ſchließend zu gewiſſen beſtimmten Geſchaͤften ge- miethet worden ſind 67). 2) Sie ſind ſchuldig, ihre Dienſtgeſchaͤfte mit Treue, Fleiß und Aufmerkſamkeit zu verrichten, und muͤſſen da- her jeden aus Vorſatz, oder durch grobes oder maͤßiges Verſehen, verurſachten Schaden erſetzen. Ein geringes Verſehen hingegen vertreten ſie anders nicht, als wenn ſie entweder gegen den ausdruͤcklichen Befehl der Herrſchaft gehan- delt, oder ſich ungeheiſſen in ein Geſchaͤft eingemiſcht haben, das nicht zu ihrem Dienſt gehoͤrte, oder zu ſolchen Arten von Geſchaͤf- ten angenommen ſind, die einen vorzuͤglichen Grad von Aufmerk- ſamkeit oder Geſchicklichkeit vorausſetzen. Haͤtte ein Dienſtbote auf Befehl ſeiner Herrſchaft ein auſſerordentliches und ſchweres Geſchaͤft uͤbernehmen muͤſſen, welches er nicht verſtand, und wo- zu 65) 66) Die beſte Schrift hiervon iſt Johann Lorenz Dorn’s Verſuch einer ausfuͤhrlichen Abhandlung des Geſinderechts. Erlangen 1794. 8 67) Dorn in dem angefuͤhrten Verſuch §. 81. S. 200. 65) den, und in dieſer Ruͤckſicht auf irgend eine Art mit demſelben in Verbindung ſtanden. Man rechnete daher zu denſelben nicht nur alle Arten von Knechten, ſondern auch den Hausva- ter ſelbſt, Hausſoͤhne und Toͤchter, Schweſtern und Bruͤder; und auch die Hausfrau. S. Ian. langlaeus in Semeſtr. Lib. III. c. 2. Der Unterſchied iſt beſonders beym Haus- diebſtahl von Wichtigkeit- S. günther Diſſ. de furto do- meſtico. Lipſiae 1785. C 4

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/45>, abgerufen am 29.04.2024.