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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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tatis, agnationis, gentilitatis, connubii, patriae potestatis,
legitimi dominii, testamentifactionis, usucapionis etc.
Dieje-
nigen, welche alle diese Rechte, oder wenigstens die Privat-
rechte in ihrem ganzen Umfange genoßen, hiessen Quirites 37),
und wenn sie auch zugleich jene öffentlichen Rechte hatten,
Bürger mit vollem Rechte (Cives optimo iure) 38);
alle andere hingegen nannte man vor Antoninus Caracalla
Peregrinen überhaupt, wenn sie auch Römische Unterthanen
waren, wie die Provinzialen, oder auch wirklich einige von
jenen Vorrechten der Römischen Bürger genossen, wie die Lati-
nen
, und die nur eine römische Colonie ausmachten. Denn
wenn gleich Ulpian 39) die Latinen und Colonarien von
den Peregrinen unterscheidet, so setzt er sie doch den civibus Ro-
manis
ausdrücklich entgegen, und da die Latinität (ius latii)
nur ein sehr unvollkommenes Bürgerrecht war, welches gar keine
von den öffentlichen, sondern blos einige von den Privatrechten
der Röm. Bürger, nämlich das ius mancipii et commercii 40),
enthielt; so werden die Latinen richtiger zu den Peregrinen ge-
rechnet, wie auch schon Heineccius 41) bemerkt hat. Ein voll-
kommenes Bürgerrecht (ius civitatis optimum maximum, ius Qui-
ritium
) hatten anfangs nur diejenigen Römer, welche in Rom,
oder in einem römischen Municipium wohnten, und ein solches
erlangte man durch die Geburt, wenn beyde Eltern schon Bür-
ger waren, ferner durch eine feyerliche Manumission vor ei-
nem Magistrate des Röm. Volks, oder in einem Testament, oder

durch
37) Der Name Quirites kommt nicht vom Quirin, wie Ju-
stinian
lehrt §. 2. I. de I. N. G. et Civ. sondern von der Sa-
biner Hauptstadt Cures her. livius lib. I. c. 13. dionys.
halicarn
. Lib. II. p. 111. plutarch. in Romulo p.
30. und
in Numa p. 61.
38) S. Alb. Diet. treckel Select. Antiquitat. P. I. p. 111. sq.
39) Fragm. Tit. 5. §. 4. et Tit. 19. §. 4.
40) ulpianus Fragm. Tit. XIX. §. 4.
41) Commentar ad Leg. Iuliam et Pap. Poppaeam Lib. II. cap. 9.
§. 5. pag.
226.

tatis, agnationis, gentilitatis, connubii, patriae poteſtatis,
legitimi dominii, teſtamentifactionis, uſucapionis etc.
Dieje-
nigen, welche alle dieſe Rechte, oder wenigſtens die Privat-
rechte in ihrem ganzen Umfange genoßen, hieſſen Quirites 37),
und wenn ſie auch zugleich jene oͤffentlichen Rechte hatten,
Buͤrger mit vollem Rechte (Cives optimo iure) 38);
alle andere hingegen nannte man vor Antoninus Caracalla
Peregrinen uͤberhaupt, wenn ſie auch Roͤmiſche Unterthanen
waren, wie die Provinzialen, oder auch wirklich einige von
jenen Vorrechten der Roͤmiſchen Buͤrger genoſſen, wie die Lati-
nen
, und die nur eine roͤmiſche Colonie ausmachten. Denn
wenn gleich Ulpian 39) die Latinen und Colonarien von
den Peregrinen unterſcheidet, ſo ſetzt er ſie doch den civibus Ro-
manis
ausdruͤcklich entgegen, und da die Latinitaͤt (ius latii)
nur ein ſehr unvollkommenes Buͤrgerrecht war, welches gar keine
von den oͤffentlichen, ſondern blos einige von den Privatrechten
der Roͤm. Buͤrger, naͤmlich das ius mancipii et commercii 40),
enthielt; ſo werden die Latinen richtiger zu den Peregrinen ge-
rechnet, wie auch ſchon Heineccius 41) bemerkt hat. Ein voll-
kommenes Buͤrgerrecht (ius civitatis optimum maximum, ius Qui-
ritium
) hatten anfangs nur diejenigen Roͤmer, welche in Rom,
oder in einem roͤmiſchen Municipium wohnten, und ein ſolches
erlangte man durch die Geburt, wenn beyde Eltern ſchon Buͤr-
ger waren, ferner durch eine feyerliche Manumiſſion vor ei-
nem Magiſtrate des Roͤm. Volks, oder in einem Teſtament, oder

durch
37) Der Name Quirites kommt nicht vom Quirin, wie Ju-
ſtinian
lehrt §. 2. I. de I. N. G. et Civ. ſondern von der Sa-
biner Hauptſtadt Cures her. livius lib. I. c. 13. dionys.
halicarn
. Lib. II. p. 111. plutarch. in Romulo p.
30. und
in Numa p. 61.
38) S. Alb. Diet. treckel Select. Antiquitat. P. I. p. 111. ſq.
39) Fragm. Tit. 5. §. 4. et Tit. 19. §. 4.
40) ulpianus Fragm. Tit. XIX. §. 4.
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[58/0064] tatis, agnationis, gentilitatis, connubii, patriae poteſtatis, legitimi dominii, teſtamentifactionis, uſucapionis etc. Dieje- nigen, welche alle dieſe Rechte, oder wenigſtens die Privat- rechte in ihrem ganzen Umfange genoßen, hieſſen Quirites 37), und wenn ſie auch zugleich jene oͤffentlichen Rechte hatten, Buͤrger mit vollem Rechte (Cives optimo iure) 38); alle andere hingegen nannte man vor Antoninus Caracalla Peregrinen uͤberhaupt, wenn ſie auch Roͤmiſche Unterthanen waren, wie die Provinzialen, oder auch wirklich einige von jenen Vorrechten der Roͤmiſchen Buͤrger genoſſen, wie die Lati- nen, und die nur eine roͤmiſche Colonie ausmachten. Denn wenn gleich Ulpian 39) die Latinen und Colonarien von den Peregrinen unterſcheidet, ſo ſetzt er ſie doch den civibus Ro- manis ausdruͤcklich entgegen, und da die Latinitaͤt (ius latii) nur ein ſehr unvollkommenes Buͤrgerrecht war, welches gar keine von den oͤffentlichen, ſondern blos einige von den Privatrechten der Roͤm. Buͤrger, naͤmlich das ius mancipii et commercii 40), enthielt; ſo werden die Latinen richtiger zu den Peregrinen ge- rechnet, wie auch ſchon Heineccius 41) bemerkt hat. Ein voll- kommenes Buͤrgerrecht (ius civitatis optimum maximum, ius Qui- ritium) hatten anfangs nur diejenigen Roͤmer, welche in Rom, oder in einem roͤmiſchen Municipium wohnten, und ein ſolches erlangte man durch die Geburt, wenn beyde Eltern ſchon Buͤr- ger waren, ferner durch eine feyerliche Manumiſſion vor ei- nem Magiſtrate des Roͤm. Volks, oder in einem Teſtament, oder durch 37) Der Name Quirites kommt nicht vom Quirin, wie Ju- ſtinian lehrt §. 2. I. de I. N. G. et Civ. ſondern von der Sa- biner Hauptſtadt Cures her. livius lib. I. c. 13. dionys. halicarn. Lib. II. p. 111. plutarch. in Romulo p. 30. und in Numa p. 61. 38) S. Alb. Diet. treckel Select. Antiquitat. P. I. p. 111. ſq. 39) Fragm. Tit. 5. §. 4. et Tit. 19. §. 4. 40) ulpianus Fragm. Tit. XIX. §. 4. 41) Commentar ad Leg. Iuliam et Pap. Poppaeam Lib. II. cap. 9. §. 5. pag. 226.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/64>, abgerufen am 16.05.2024.