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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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Statt S. 168 -- 170.

§. 127.
b) Teutsches Bürgerrecht.

In Teutschland macht man zwar auch einen Unterschied zwi-
schen Einheimischen und Fremden, zwischen Bürgern
und Nichtbürgern, allein er ist nie so wichtig gewesen, als
bey den Römern. Denn da Kaiser Friedrich II. in der Avth.
Omnes peregrini Cod. communia de Succession.
den Unterschied
zwischen Fremden und Einheimischen in Absicht auf den Genuß
der gemeinen Rechte aufgehoben hat, so werden Fremde in der
Regel nach ebendenselben Gesetzen gerichtet, welchen auch die
Einheimischen unterworfen sind. Indessen sind doch sowohl durch
die gemeinen Reichs- als durch die speciellen Landesgesetze und
Statuten den einheimischen Bürgern in Teutschland manche Vor-
rechte vor den Fremden und Ausländern zugestanden worden.
Und dieser Inbegriff von Vorrechten, welche Einheimischen nach
den teutschen Gesetzen und Statuten vor Fremden zustehen, wird
das teutsche Bürgerrecht oder Indigenat genennt 53).
Ob nun gleich das teutsche Indigenat in der angeführten
Bedeutung sowohl durch Geburt als durch Aufnahme er-
worben werden kann, und daher unter dem allgemeinen Aus-
druck Bürger die Eingebohrnen sowohl als die Einzög-
linge
begriffen werden; so geniessen doch die erstern vor den
letztern nicht selten bedeutende Vorzüge, deren Inbegriff das
Indigenat (Eingebohrenheit) im strengern Verstande ge-
nennt wird.

Nach der eigenthümlichen teutschen Reichsverfassung giebt
es nun ein dreyfaches Indigenat, nämlich ein Reichsindige-
nat
, ein Territorialindigenat, und ein Gemeinheits-
indigenat
54).


I) Das
53) Ist Not. 86. der ersten Ausgabe, der nur noch beygefügt
worden: Wilh. Aug. Fried. Danz Handbuch des heuti-
gen teutschen Privatrechts 3. Band §. 312. ff.
54) Danz im Handbuch 3. B. §. 313. nimmt auch noch Kreis-
indigenat
an, welches diejenigen Rechte in sich begreift,
die

Statt S. 168 — 170.

§. 127.
b) Teutſches Buͤrgerrecht.

In Teutſchland macht man zwar auch einen Unterſchied zwi-
ſchen Einheimiſchen und Fremden, zwiſchen Buͤrgern
und Nichtbuͤrgern, allein er iſt nie ſo wichtig geweſen, als
bey den Roͤmern. Denn da Kaiſer Friedrich II. in der Avth.
Omnes peregrini Cod. communia de Succeſſion.
den Unterſchied
zwiſchen Fremden und Einheimiſchen in Abſicht auf den Genuß
der gemeinen Rechte aufgehoben hat, ſo werden Fremde in der
Regel nach ebendenſelben Geſetzen gerichtet, welchen auch die
Einheimiſchen unterworfen ſind. Indeſſen ſind doch ſowohl durch
die gemeinen Reichs- als durch die ſpeciellen Landesgeſetze und
Statuten den einheimiſchen Buͤrgern in Teutſchland manche Vor-
rechte vor den Fremden und Auslaͤndern zugeſtanden worden.
Und dieſer Inbegriff von Vorrechten, welche Einheimiſchen nach
den teutſchen Geſetzen und Statuten vor Fremden zuſtehen, wird
das teutſche Buͤrgerrecht oder Indigenat genennt 53).
Ob nun gleich das teutſche Indigenat in der angefuͤhrten
Bedeutung ſowohl durch Geburt als durch Aufnahme er-
worben werden kann, und daher unter dem allgemeinen Aus-
druck Buͤrger die Eingebohrnen ſowohl als die Einzoͤg-
linge
begriffen werden; ſo genieſſen doch die erſtern vor den
letztern nicht ſelten bedeutende Vorzuͤge, deren Inbegriff das
Indigenat (Eingebohrenheit) im ſtrengern Verſtande ge-
nennt wird.

Nach der eigenthuͤmlichen teutſchen Reichsverfaſſung giebt
es nun ein dreyfaches Indigenat, naͤmlich ein Reichsindige-
nat
, ein Territorialindigenat, und ein Gemeinheits-
indigenat
54).


I) Das
53) Iſt Not. 86. der erſten Ausgabe, der nur noch beygefuͤgt
worden: Wilh. Aug. Fried. Danz Handbuch des heuti-
gen teutſchen Privatrechts 3. Band §. 312. ff.
54) Danz im Handbuch 3. B. §. 313. nimmt auch noch Kreis-
indigenat
an, welches diejenigen Rechte in ſich begreift,
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[61/0067] Statt S. 168 — 170. §. 127. b) Teutſches Buͤrgerrecht. In Teutſchland macht man zwar auch einen Unterſchied zwi- ſchen Einheimiſchen und Fremden, zwiſchen Buͤrgern und Nichtbuͤrgern, allein er iſt nie ſo wichtig geweſen, als bey den Roͤmern. Denn da Kaiſer Friedrich II. in der Avth. Omnes peregrini Cod. communia de Succeſſion. den Unterſchied zwiſchen Fremden und Einheimiſchen in Abſicht auf den Genuß der gemeinen Rechte aufgehoben hat, ſo werden Fremde in der Regel nach ebendenſelben Geſetzen gerichtet, welchen auch die Einheimiſchen unterworfen ſind. Indeſſen ſind doch ſowohl durch die gemeinen Reichs- als durch die ſpeciellen Landesgeſetze und Statuten den einheimiſchen Buͤrgern in Teutſchland manche Vor- rechte vor den Fremden und Auslaͤndern zugeſtanden worden. Und dieſer Inbegriff von Vorrechten, welche Einheimiſchen nach den teutſchen Geſetzen und Statuten vor Fremden zuſtehen, wird das teutſche Buͤrgerrecht oder Indigenat genennt 53). Ob nun gleich das teutſche Indigenat in der angefuͤhrten Bedeutung ſowohl durch Geburt als durch Aufnahme er- worben werden kann, und daher unter dem allgemeinen Aus- druck Buͤrger die Eingebohrnen ſowohl als die Einzoͤg- linge begriffen werden; ſo genieſſen doch die erſtern vor den letztern nicht ſelten bedeutende Vorzuͤge, deren Inbegriff das Indigenat (Eingebohrenheit) im ſtrengern Verſtande ge- nennt wird. Nach der eigenthuͤmlichen teutſchen Reichsverfaſſung giebt es nun ein dreyfaches Indigenat, naͤmlich ein Reichsindige- nat, ein Territorialindigenat, und ein Gemeinheits- indigenat 54). I) Das 53) Iſt Not. 86. der erſten Ausgabe, der nur noch beygefuͤgt worden: Wilh. Aug. Fried. Danz Handbuch des heuti- gen teutſchen Privatrechts 3. Band §. 312. ff. 54) Danz im Handbuch 3. B. §. 313. nimmt auch noch Kreis- indigenat an, welches diejenigen Rechte in ſich begreift, die

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/67>, abgerufen am 27.11.2024.