Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

. . . Nun dächte er vielleicht, ich machte mir ein Gewissen daraus, ihn zu vertreiben.

Oh que nenni! rief der Caduchon mit schlauer Miene; so gewissenhaft sind die Mädchen nicht, wenn's ans Heirathen geht, und so was bildet sich der Francois nicht ein. Also wirklich . . . er hat fortgewollt? Wohin denn? Und woher weißt du's? Gestern Mittag war davon noch nicht die Rede.

Er hat's mir selbst erzählt, antwortete Claudine. In die weite Welt wollte er gehen, unter die Soldaten. Das soll er aber nicht . . . Ihr müßt's verhindern. Er kann ja nun beim Henriot bleiben. Und indem sie das Gesicht abwendete, fügte sie mit bewegter Stimme hinzu: Mich braucht er darum doch nicht wieder zu sehen; ich gehe fort, wer weiß wie weit . . . Das sagt ihm, Caduchon . . .

Sag's ihm nur selber! rief der Caduchon und Claudine fuhr von ihrem Schemel auf, denn in diesem Augenblick trat Francois ein.

Claudine! rief er, aber nicht in einem Freudenton, und blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen, während sie abwechselnd blaß und roth wurde und sich zitternd an den hinter ihr stehenden Tisch lehnte. Die Augen des Caduchon flogen von Einem zum Andern.

Ei, ei, auch mit der Claudine steht es so! sagte er zu sich selbst. Cadet Caduchon, du bist der kurzsichtigste alte Kerl in ganz Jurancon! Dann aber erinnerte er sich seiner Pflichten als Wirth.

. . . Nun dächte er vielleicht, ich machte mir ein Gewissen daraus, ihn zu vertreiben.

Oh que nenni! rief der Caduchon mit schlauer Miene; so gewissenhaft sind die Mädchen nicht, wenn's ans Heirathen geht, und so was bildet sich der François nicht ein. Also wirklich . . . er hat fortgewollt? Wohin denn? Und woher weißt du's? Gestern Mittag war davon noch nicht die Rede.

Er hat's mir selbst erzählt, antwortete Claudine. In die weite Welt wollte er gehen, unter die Soldaten. Das soll er aber nicht . . . Ihr müßt's verhindern. Er kann ja nun beim Henriot bleiben. Und indem sie das Gesicht abwendete, fügte sie mit bewegter Stimme hinzu: Mich braucht er darum doch nicht wieder zu sehen; ich gehe fort, wer weiß wie weit . . . Das sagt ihm, Caduchon . . .

Sag's ihm nur selber! rief der Caduchon und Claudine fuhr von ihrem Schemel auf, denn in diesem Augenblick trat François ein.

Claudine! rief er, aber nicht in einem Freudenton, und blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen, während sie abwechselnd blaß und roth wurde und sich zitternd an den hinter ihr stehenden Tisch lehnte. Die Augen des Caduchon flogen von Einem zum Andern.

Ei, ei, auch mit der Claudine steht es so! sagte er zu sich selbst. Cadet Caduchon, du bist der kurzsichtigste alte Kerl in ganz Jurançon! Dann aber erinnerte er sich seiner Pflichten als Wirth.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <p><pb facs="#f0055"/>
. . . Nun dächte er vielleicht, ich                machte mir ein Gewissen daraus, ihn zu vertreiben.</p><lb/>
        <p>Oh que nenni! rief der Caduchon mit schlauer Miene; so gewissenhaft sind die Mädchen                nicht, wenn's ans Heirathen geht, und so was bildet sich der François nicht ein. Also                wirklich . . . er hat fortgewollt? Wohin denn? Und woher weißt du's? Gestern Mittag                war davon noch nicht die Rede.</p><lb/>
        <p>Er hat's mir selbst erzählt, antwortete Claudine. In die weite Welt wollte er gehen,                unter die Soldaten. Das soll er aber nicht . . . Ihr müßt's verhindern. Er kann ja                nun beim Henriot bleiben. Und indem sie das Gesicht abwendete, fügte sie mit bewegter                Stimme hinzu: Mich braucht er darum doch nicht wieder zu sehen; ich gehe fort, wer                weiß wie weit . . . Das sagt ihm, Caduchon . . .</p><lb/>
        <p>Sag's ihm nur selber! rief der Caduchon und Claudine fuhr von ihrem Schemel auf, denn                in diesem Augenblick trat François ein.</p><lb/>
        <p>Claudine! rief er, aber nicht in einem Freudenton, und blieb wie angewurzelt auf der                Schwelle stehen, während sie abwechselnd blaß und roth wurde und sich zitternd an den                hinter ihr stehenden Tisch lehnte. Die Augen des Caduchon flogen von Einem zum                Andern.</p><lb/>
        <p>Ei, ei, auch mit der Claudine steht es so! sagte er zu sich selbst. Cadet Caduchon,                du bist der kurzsichtigste alte Kerl in ganz Jurançon! Dann aber erinnerte er sich                seiner Pflichten als Wirth.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0055] . . . Nun dächte er vielleicht, ich machte mir ein Gewissen daraus, ihn zu vertreiben. Oh que nenni! rief der Caduchon mit schlauer Miene; so gewissenhaft sind die Mädchen nicht, wenn's ans Heirathen geht, und so was bildet sich der François nicht ein. Also wirklich . . . er hat fortgewollt? Wohin denn? Und woher weißt du's? Gestern Mittag war davon noch nicht die Rede. Er hat's mir selbst erzählt, antwortete Claudine. In die weite Welt wollte er gehen, unter die Soldaten. Das soll er aber nicht . . . Ihr müßt's verhindern. Er kann ja nun beim Henriot bleiben. Und indem sie das Gesicht abwendete, fügte sie mit bewegter Stimme hinzu: Mich braucht er darum doch nicht wieder zu sehen; ich gehe fort, wer weiß wie weit . . . Das sagt ihm, Caduchon . . . Sag's ihm nur selber! rief der Caduchon und Claudine fuhr von ihrem Schemel auf, denn in diesem Augenblick trat François ein. Claudine! rief er, aber nicht in einem Freudenton, und blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen, während sie abwechselnd blaß und roth wurde und sich zitternd an den hinter ihr stehenden Tisch lehnte. Die Augen des Caduchon flogen von Einem zum Andern. Ei, ei, auch mit der Claudine steht es so! sagte er zu sich selbst. Cadet Caduchon, du bist der kurzsichtigste alte Kerl in ganz Jurançon! Dann aber erinnerte er sich seiner Pflichten als Wirth.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:29:37Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:29:37Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/55
Zitationshilfe: Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/55>, abgerufen am 18.12.2024.