Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Nur herein, mein Junge, und schönen guten Morgen! rief er mit der unbefangensten Miene von der Welt. Qui l'aures jamai di -- gestern Abend erst fortgefahren und mit der Sonne schon wieder da . . . was hat das zu bedeuten?

Nichts Besonderes, antwortete der junge Mann, indem er näher trat und dem Caduchon die Hand schüttelte. Der Jean Limerac von St. Benoeit ist gestern wegen einer Kalkbestellung in Ceressi gewesen, hat aber Niemand gefunden. Nun muß ich nach St. Benoeit hinauf, und da wollte der Henriot, daß ich beim Vorüberfahren der Claudine nochmals seine Entschuldigung brächte. Es war mir aber noch zu früh, zum Bardet zu gehen . . .

Und da sollt' ich's ausrichten? fiel ihm der Alte ins Wort. Wie sich das trifft . . . eben hat mir die Claudine einen Auftrag an dich gegeben. Nein, nein, ich sage nichts, was ich nicht sagen soll, fuhr er zu ihr gewendet fort, als sie ihn heimlich anstieß. Aber eine Frage möcht' ich von dir beantwortet haben, und für dich wie für Andere wär's gut, wenn du mir offenherzig Bescheid gäbst. Du weißt so genau als ich, daß dich seit Jahren und Jahren ein hübscher, braver Bursche lieb hat, der freilich nichts auf der Welt besitzt, als seine fleißigen, geschickten Hände und seinen hellen Kopf. Nun will ich nur von dir wissen, ob er an dem, was du mir vorhin gesagt hast, irgend welchen Theil hat, ich meine, ob dir jemals der Gedanke gekommen ist, daß du ihn heirathen möchtest?

Nur herein, mein Junge, und schönen guten Morgen! rief er mit der unbefangensten Miene von der Welt. Qui l'aurès jamai di — gestern Abend erst fortgefahren und mit der Sonne schon wieder da . . . was hat das zu bedeuten?

Nichts Besonderes, antwortete der junge Mann, indem er näher trat und dem Caduchon die Hand schüttelte. Der Jean Limérac von St. Benoît ist gestern wegen einer Kalkbestellung in Ceressi gewesen, hat aber Niemand gefunden. Nun muß ich nach St. Benoît hinauf, und da wollte der Henriot, daß ich beim Vorüberfahren der Claudine nochmals seine Entschuldigung brächte. Es war mir aber noch zu früh, zum Bardet zu gehen . . .

Und da sollt' ich's ausrichten? fiel ihm der Alte ins Wort. Wie sich das trifft . . . eben hat mir die Claudine einen Auftrag an dich gegeben. Nein, nein, ich sage nichts, was ich nicht sagen soll, fuhr er zu ihr gewendet fort, als sie ihn heimlich anstieß. Aber eine Frage möcht' ich von dir beantwortet haben, und für dich wie für Andere wär's gut, wenn du mir offenherzig Bescheid gäbst. Du weißt so genau als ich, daß dich seit Jahren und Jahren ein hübscher, braver Bursche lieb hat, der freilich nichts auf der Welt besitzt, als seine fleißigen, geschickten Hände und seinen hellen Kopf. Nun will ich nur von dir wissen, ob er an dem, was du mir vorhin gesagt hast, irgend welchen Theil hat, ich meine, ob dir jemals der Gedanke gekommen ist, daß du ihn heirathen möchtest?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <pb facs="#f0056"/>
        <p>Nur herein, mein Junge, und schönen guten Morgen! rief er mit der unbefangensten                Miene von der Welt. Qui l'aurès jamai di &#x2014; gestern Abend erst fortgefahren und mit                der Sonne schon wieder da . . . was hat das zu bedeuten?</p><lb/>
        <p>Nichts Besonderes, antwortete der junge Mann, indem er näher trat und dem Caduchon                die Hand schüttelte. Der Jean Limérac von St. Benoît ist gestern wegen einer                Kalkbestellung in Ceressi gewesen, hat aber Niemand gefunden. Nun muß ich nach St.                Benoît hinauf, und da wollte der Henriot, daß ich beim Vorüberfahren der Claudine                nochmals seine Entschuldigung brächte. Es war mir aber noch zu früh, zum Bardet zu                gehen . . .</p><lb/>
        <p>Und da sollt' ich's ausrichten? fiel ihm der Alte ins Wort. Wie sich das trifft . . .                eben hat mir die Claudine einen Auftrag an dich gegeben. Nein, nein, ich sage nichts,                was ich nicht sagen soll, fuhr er zu ihr gewendet fort, als sie ihn heimlich anstieß.                Aber eine Frage möcht' ich von dir beantwortet haben, und für dich wie für Andere                wär's gut, wenn du mir offenherzig Bescheid gäbst. Du weißt so genau als ich, daß                dich seit Jahren und Jahren ein hübscher, braver Bursche lieb hat, der freilich                nichts auf der Welt besitzt, als seine fleißigen, geschickten Hände und seinen hellen                Kopf. Nun will ich nur von dir wissen, ob er an dem, was du mir vorhin gesagt hast,                irgend welchen Theil hat, ich meine, ob dir jemals der Gedanke gekommen ist, daß du                ihn heirathen möchtest?</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0056] Nur herein, mein Junge, und schönen guten Morgen! rief er mit der unbefangensten Miene von der Welt. Qui l'aurès jamai di — gestern Abend erst fortgefahren und mit der Sonne schon wieder da . . . was hat das zu bedeuten? Nichts Besonderes, antwortete der junge Mann, indem er näher trat und dem Caduchon die Hand schüttelte. Der Jean Limérac von St. Benoît ist gestern wegen einer Kalkbestellung in Ceressi gewesen, hat aber Niemand gefunden. Nun muß ich nach St. Benoît hinauf, und da wollte der Henriot, daß ich beim Vorüberfahren der Claudine nochmals seine Entschuldigung brächte. Es war mir aber noch zu früh, zum Bardet zu gehen . . . Und da sollt' ich's ausrichten? fiel ihm der Alte ins Wort. Wie sich das trifft . . . eben hat mir die Claudine einen Auftrag an dich gegeben. Nein, nein, ich sage nichts, was ich nicht sagen soll, fuhr er zu ihr gewendet fort, als sie ihn heimlich anstieß. Aber eine Frage möcht' ich von dir beantwortet haben, und für dich wie für Andere wär's gut, wenn du mir offenherzig Bescheid gäbst. Du weißt so genau als ich, daß dich seit Jahren und Jahren ein hübscher, braver Bursche lieb hat, der freilich nichts auf der Welt besitzt, als seine fleißigen, geschickten Hände und seinen hellen Kopf. Nun will ich nur von dir wissen, ob er an dem, was du mir vorhin gesagt hast, irgend welchen Theil hat, ich meine, ob dir jemals der Gedanke gekommen ist, daß du ihn heirathen möchtest?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:29:37Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:29:37Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/56
Zitationshilfe: Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/56>, abgerufen am 21.11.2024.