Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.gangene einen großen Theil der Abneigung auf sich neh¬ Während in solcher Weise Teutschland in sei¬ gangene einen großen Theil der Abneigung auf ſich neh¬ Während in ſolcher Weiſe Teutſchland in ſei¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0101" n="93"/> gangene einen großen Theil der Abneigung auf ſich neh¬<lb/> men, welche die Gegenwart verſchuldet hatte, und<lb/> die Geſchichte erſchien bald den aufgebrachten Gemü¬<lb/> thern nur als die Rüſtkammer, aus der jede Abge¬<lb/> ſchmacktheit, jede tyranniſche Anmaßung und jede<lb/> brutale oder abgefeimte Willkühr ſich nach ihrem Be¬<lb/> darfe die nöthigen Waffen holte.</p><lb/> <p>Während in ſolcher Weiſe Teutſchland in ſei¬<lb/> nen verworrenen Verhältniſſen ſich abarbeitete, und<lb/> alſo eine neue Umkehr und Selbſtvergeſſenheit vorbe¬<lb/> reitete; hatte Frankreich die Bühne, die mit dem<lb/> Sturze Napoleons zuſammengeſtürzt, ſchnell wieder<lb/> aufgerichtet, und ſtatt der großen tragiſchen Stücke<lb/> aus römiſcher Kaiſerzeit, wurden nun wieder große<lb/> Bürgerdramen, Henriaden mit der nöthigen Zuthat<lb/> von Freyſinnigkeit mit dem beßten <hi rendition="#aq">Ensemble</hi> aufge¬<lb/> führt. Dort ſtritten in Strophe und Gegenſtrophe<lb/> Ultra's mit Liberalen ſtarken Streit; ſie theilten ſich<lb/> rechts und links in Haufen und Partheyungen, die,<lb/> wenn es galt in geſchicktem Manöver wieder nach<lb/> der Mitte in Maſſen ſich vereinigten, und alſo, bald<lb/> verbunden bald entzweyt, die Miniſter in der Hof¬<lb/> burg belagerten; und das Spiel mit Gewandheit und<lb/> Geſchick ausgeführt, fieng an ihrerſeits die verdrü߬<lb/> lichen Teutſchen wieder zu ergötzen. Sie bemerkten ſo¬<lb/> gleich, daß die Ultra's wieder dieſelben Leute aus<lb/> dem Mittelalter ſeyen, die von Norden herunter in<lb/> ſteifen Zöpfen den Stock predigten und die Leibeigen¬<lb/> ſchaft, Preußenthum und die Heimlichkeit, und was<lb/> ſonſt in der Heimath von ſolchen lieblichen Klängen<lb/> ihr Ohr erfreuete; die Liberalen aber ſchienen ſo<lb/></p> </body> </text> </TEI> [93/0101]
gangene einen großen Theil der Abneigung auf ſich neh¬
men, welche die Gegenwart verſchuldet hatte, und
die Geſchichte erſchien bald den aufgebrachten Gemü¬
thern nur als die Rüſtkammer, aus der jede Abge¬
ſchmacktheit, jede tyranniſche Anmaßung und jede
brutale oder abgefeimte Willkühr ſich nach ihrem Be¬
darfe die nöthigen Waffen holte.
Während in ſolcher Weiſe Teutſchland in ſei¬
nen verworrenen Verhältniſſen ſich abarbeitete, und
alſo eine neue Umkehr und Selbſtvergeſſenheit vorbe¬
reitete; hatte Frankreich die Bühne, die mit dem
Sturze Napoleons zuſammengeſtürzt, ſchnell wieder
aufgerichtet, und ſtatt der großen tragiſchen Stücke
aus römiſcher Kaiſerzeit, wurden nun wieder große
Bürgerdramen, Henriaden mit der nöthigen Zuthat
von Freyſinnigkeit mit dem beßten Ensemble aufge¬
führt. Dort ſtritten in Strophe und Gegenſtrophe
Ultra's mit Liberalen ſtarken Streit; ſie theilten ſich
rechts und links in Haufen und Partheyungen, die,
wenn es galt in geſchicktem Manöver wieder nach
der Mitte in Maſſen ſich vereinigten, und alſo, bald
verbunden bald entzweyt, die Miniſter in der Hof¬
burg belagerten; und das Spiel mit Gewandheit und
Geſchick ausgeführt, fieng an ihrerſeits die verdrü߬
lichen Teutſchen wieder zu ergötzen. Sie bemerkten ſo¬
gleich, daß die Ultra's wieder dieſelben Leute aus
dem Mittelalter ſeyen, die von Norden herunter in
ſteifen Zöpfen den Stock predigten und die Leibeigen¬
ſchaft, Preußenthum und die Heimlichkeit, und was
ſonſt in der Heimath von ſolchen lieblichen Klängen
ihr Ohr erfreuete; die Liberalen aber ſchienen ſo
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