den lassen, und solche Kammern der Gemeinen gewinnen, die auf nichts ruhen, als den Coterien der Hauptstadt und der Zeitungen, und in Mitten einer durch alle Ele¬ mente durchgeführten Despotie, allein die Freyheit vertreten sollen, darum immer schwanken zwischen Auf¬ ruhr und Unterjochung, und ewig das langweilige Scherzspiel spielen, die Minister, die ihrerseits mit allen Seiltänzerkünsten sich im Gleichgewichte zu hal¬ ten suchen, aus ihren Stellen zu vertreiben, und selbst wieder vertrieben zu werden.
Zwar ist zu hoffen, daß auch dort die Institutio¬ nen mit der Zeit sich besser befestigen werden; es haben wichtige Elemente des öffentlichen Lebens in diesem Lande sich entwickelt, die wir achten sollen und ehren auch am Auslande, mit dem der Friede uns versöhnt; es ist vor Allem dort eine Schule aufgethan, in der weltkluge, gewandte, verschlagene Staatsmänner sich dem Lande bilden, die die bleichsüchtigen, zaghaften Zöglinge unse¬ rer sitzenden und schreibenden Schule leicht überlisten und düpiren: aber damit ist für das innere Glück des Volkes zur Zeit immer noch wenig ausgerich¬ tet, und es liegen wohl noch andere Keime in dem Unsrigen, die auf eine weit fruchtbarere Weise sich entfalten werden, wenn es zwar nicht in thörich¬ tem Dünkel das Fremde verschmäht, aber auch nicht in noch thörichterer Selbstvergessenheit die Eigenthüm¬ lichkeit in fremder Nachahmung ganz untergehen läßt.
Indem mit diesen Partheyansichten sich zuerst die üble Laune, dann der Unmuth, endlich die Erbitterung der Zeit verband; indem vielfältig sich kreutzende In¬ teressen alles durcheinander mischten, zu den gewöhn
7
den laſſen, und ſolche Kammern der Gemeinen gewinnen, die auf nichts ruhen, als den Coterien der Hauptſtadt und der Zeitungen, und in Mitten einer durch alle Ele¬ mente durchgeführten Despotie, allein die Freyheit vertreten ſollen, darum immer ſchwanken zwiſchen Auf¬ ruhr und Unterjochung, und ewig das langweilige Scherzſpiel ſpielen, die Miniſter, die ihrerſeits mit allen Seiltänzerkünſten ſich im Gleichgewichte zu hal¬ ten ſuchen, aus ihren Stellen zu vertreiben, und ſelbſt wieder vertrieben zu werden.
Zwar iſt zu hoffen, daß auch dort die Inſtitutio¬ nen mit der Zeit ſich beſſer befeſtigen werden; es haben wichtige Elemente des öffentlichen Lebens in dieſem Lande ſich entwickelt, die wir achten ſollen und ehren auch am Auslande, mit dem der Friede uns verſöhnt; es iſt vor Allem dort eine Schule aufgethan, in der weltkluge, gewandte, verſchlagene Staatsmänner ſich dem Lande bilden, die die bleichſüchtigen, zaghaften Zöglinge unſe¬ rer ſitzenden und ſchreibenden Schule leicht überliſten und düpiren: aber damit iſt für das innere Glück des Volkes zur Zeit immer noch wenig ausgerich¬ tet, und es liegen wohl noch andere Keime in dem Unſrigen, die auf eine weit fruchtbarere Weiſe ſich entfalten werden, wenn es zwar nicht in thörich¬ tem Dünkel das Fremde verſchmäht, aber auch nicht in noch thörichterer Selbſtvergeſſenheit die Eigenthüm¬ lichkeit in fremder Nachahmung ganz untergehen läßt.
Indem mit dieſen Partheyanſichten ſich zuerſt die üble Laune, dann der Unmuth, endlich die Erbitterung der Zeit verband; indem vielfältig ſich kreutzende In¬ tereſſen alles durcheinander miſchten, zu den gewöhn
7
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0105"n="97"/>
den laſſen, und ſolche Kammern der Gemeinen gewinnen,<lb/>
die auf nichts ruhen, als den Coterien der Hauptſtadt<lb/>
und der Zeitungen, und in Mitten einer durch alle Ele¬<lb/>
mente durchgeführten Despotie, allein die Freyheit<lb/>
vertreten ſollen, darum immer ſchwanken zwiſchen Auf¬<lb/>
ruhr und Unterjochung, und ewig das langweilige<lb/>
Scherzſpiel ſpielen, die Miniſter, die ihrerſeits mit<lb/>
allen Seiltänzerkünſten ſich im Gleichgewichte zu hal¬<lb/>
ten ſuchen, aus ihren Stellen zu vertreiben, und<lb/>ſelbſt wieder vertrieben zu werden.</p><lb/><p>Zwar iſt zu hoffen, daß auch dort die Inſtitutio¬<lb/>
nen mit der Zeit ſich beſſer befeſtigen werden; es haben<lb/>
wichtige Elemente des öffentlichen Lebens in dieſem<lb/>
Lande ſich entwickelt, die wir achten ſollen und ehren auch<lb/>
am Auslande, mit dem der Friede uns verſöhnt; es iſt<lb/>
vor Allem dort eine Schule aufgethan, in der weltkluge,<lb/>
gewandte, verſchlagene Staatsmänner ſich dem Lande<lb/>
bilden, die die bleichſüchtigen, zaghaften Zöglinge unſe¬<lb/>
rer ſitzenden und ſchreibenden Schule leicht überliſten<lb/>
und düpiren: aber damit iſt für das innere Glück<lb/>
des Volkes zur Zeit immer noch wenig ausgerich¬<lb/>
tet, und es liegen wohl noch andere Keime in<lb/>
dem Unſrigen, die auf eine weit fruchtbarere Weiſe<lb/>ſich entfalten werden, wenn es zwar nicht in thörich¬<lb/>
tem Dünkel das Fremde verſchmäht, aber auch nicht<lb/>
in noch thörichterer Selbſtvergeſſenheit die Eigenthüm¬<lb/>
lichkeit in fremder Nachahmung ganz untergehen läßt.</p><lb/><p>Indem mit dieſen Partheyanſichten ſich zuerſt die<lb/>
üble Laune, dann der Unmuth, endlich die Erbitterung<lb/>
der Zeit verband; indem vielfältig ſich kreutzende In¬<lb/>
tereſſen alles durcheinander miſchten, zu den gewöhn<lb/><fwplace="bottom"type="sig">7<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[97/0105]
den laſſen, und ſolche Kammern der Gemeinen gewinnen,
die auf nichts ruhen, als den Coterien der Hauptſtadt
und der Zeitungen, und in Mitten einer durch alle Ele¬
mente durchgeführten Despotie, allein die Freyheit
vertreten ſollen, darum immer ſchwanken zwiſchen Auf¬
ruhr und Unterjochung, und ewig das langweilige
Scherzſpiel ſpielen, die Miniſter, die ihrerſeits mit
allen Seiltänzerkünſten ſich im Gleichgewichte zu hal¬
ten ſuchen, aus ihren Stellen zu vertreiben, und
ſelbſt wieder vertrieben zu werden.
Zwar iſt zu hoffen, daß auch dort die Inſtitutio¬
nen mit der Zeit ſich beſſer befeſtigen werden; es haben
wichtige Elemente des öffentlichen Lebens in dieſem
Lande ſich entwickelt, die wir achten ſollen und ehren auch
am Auslande, mit dem der Friede uns verſöhnt; es iſt
vor Allem dort eine Schule aufgethan, in der weltkluge,
gewandte, verſchlagene Staatsmänner ſich dem Lande
bilden, die die bleichſüchtigen, zaghaften Zöglinge unſe¬
rer ſitzenden und ſchreibenden Schule leicht überliſten
und düpiren: aber damit iſt für das innere Glück
des Volkes zur Zeit immer noch wenig ausgerich¬
tet, und es liegen wohl noch andere Keime in
dem Unſrigen, die auf eine weit fruchtbarere Weiſe
ſich entfalten werden, wenn es zwar nicht in thörich¬
tem Dünkel das Fremde verſchmäht, aber auch nicht
in noch thörichterer Selbſtvergeſſenheit die Eigenthüm¬
lichkeit in fremder Nachahmung ganz untergehen läßt.
Indem mit dieſen Partheyanſichten ſich zuerſt die
üble Laune, dann der Unmuth, endlich die Erbitterung
der Zeit verband; indem vielfältig ſich kreutzende In¬
tereſſen alles durcheinander miſchten, zu den gewöhn
7
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/105>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.