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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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durch den ersten Eindruck und das Geschrey der ver¬
letzten Eitelkeit beherrschen, füllte die Welt mit An¬
klagen des unerhörten Frevels, stellte Untersuchungen
an und Ambassaden, die wieder keine Folgen hatten,
und weckte so zuerst die Idee großer Wichtigkeit in
den jungen Leuten, und zugleich war das ganze Ge¬
heimniß der Schwäche mit einemmal verrathen.

Als die Studenten beym Anblicke des heillosen Zu¬
standes, in den die Theilung das Vaterland gesetzt,
wenigstens im Universitätsleben diese Theilung zu ver¬
bannen, und die Landsmannschaften in eine Burschen¬
schaft zu vereinigen sich bemühten: da war es wohl
gerathen, wenn die Regierungen ja davon Notiz neh¬
men wollten, durch angemessene Einwirkung Solcher,
die das Vertrauen der Jünglinge besaßen, die Sache
allmählig dahin zu lenken, daß die Landsmannschaf¬
ten an sich gleichfalls auf sehr naturgemäßen Bezie¬
hungen beruhend, und darum nicht auszurotten, in
die Einheit aufgenommen wurden, also daß das Viele
die Vereinigung spanne, und dafür wieder die Be¬
ruhigung von ihr erhalte. Aber es schien, als ob das
Bild der verhaßten Einheit schon verletze; gerade
die schöne, sittliche Würde und Ruhe, die sich in der
Burschenschaft entwickelte, schien mehr zu ängstigen,
als das Gegentheil, das bisher an den Landsmann¬
schaften bestanden hatte; darum wurden diese wohl
eher begünstigt: und so geschah es, daß, indem eine
unheilbare Trennung zwischen sie und die Unitarier
kam, zu den vier Secten nur eine Fünfte sich gesellte,
die sich nun befehden, -- besonders seit die plumpe
Behandlung der Göttinger Universität die dortigen

durch den erſten Eindruck und das Geſchrey der ver¬
letzten Eitelkeit beherrſchen, füllte die Welt mit An¬
klagen des unerhörten Frevels, ſtellte Unterſuchungen
an und Ambaſſaden, die wieder keine Folgen hatten,
und weckte ſo zuerſt die Idee großer Wichtigkeit in
den jungen Leuten, und zugleich war das ganze Ge¬
heimniß der Schwäche mit einemmal verrathen.

Als die Studenten beym Anblicke des heilloſen Zu¬
ſtandes, in den die Theilung das Vaterland geſetzt,
wenigſtens im Univerſitätsleben dieſe Theilung zu ver¬
bannen, und die Landsmannſchaften in eine Burſchen¬
ſchaft zu vereinigen ſich bemühten: da war es wohl
gerathen, wenn die Regierungen ja davon Notiz neh¬
men wollten, durch angemeſſene Einwirkung Solcher,
die das Vertrauen der Jünglinge beſaßen, die Sache
allmählig dahin zu lenken, daß die Landsmannſchaf¬
ten an ſich gleichfalls auf ſehr naturgemäßen Bezie¬
hungen beruhend, und darum nicht auszurotten, in
die Einheit aufgenommen wurden, alſo daß das Viele
die Vereinigung ſpanne, und dafür wieder die Be¬
ruhigung von ihr erhalte. Aber es ſchien, als ob das
Bild der verhaßten Einheit ſchon verletze; gerade
die ſchöne, ſittliche Würde und Ruhe, die ſich in der
Burſchenſchaft entwickelte, ſchien mehr zu ängſtigen,
als das Gegentheil, das bisher an den Landsmann¬
ſchaften beſtanden hatte; darum wurden dieſe wohl
eher begünſtigt: und ſo geſchah es, daß, indem eine
unheilbare Trennung zwiſchen ſie und die Unitarier
kam, zu den vier Secten nur eine Fünfte ſich geſellte,
die ſich nun befehden, — beſonders ſeit die plumpe
Behandlung der Göttinger Univerſität die dortigen

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[104/0112] durch den erſten Eindruck und das Geſchrey der ver¬ letzten Eitelkeit beherrſchen, füllte die Welt mit An¬ klagen des unerhörten Frevels, ſtellte Unterſuchungen an und Ambaſſaden, die wieder keine Folgen hatten, und weckte ſo zuerſt die Idee großer Wichtigkeit in den jungen Leuten, und zugleich war das ganze Ge¬ heimniß der Schwäche mit einemmal verrathen. Als die Studenten beym Anblicke des heilloſen Zu¬ ſtandes, in den die Theilung das Vaterland geſetzt, wenigſtens im Univerſitätsleben dieſe Theilung zu ver¬ bannen, und die Landsmannſchaften in eine Burſchen¬ ſchaft zu vereinigen ſich bemühten: da war es wohl gerathen, wenn die Regierungen ja davon Notiz neh¬ men wollten, durch angemeſſene Einwirkung Solcher, die das Vertrauen der Jünglinge beſaßen, die Sache allmählig dahin zu lenken, daß die Landsmannſchaf¬ ten an ſich gleichfalls auf ſehr naturgemäßen Bezie¬ hungen beruhend, und darum nicht auszurotten, in die Einheit aufgenommen wurden, alſo daß das Viele die Vereinigung ſpanne, und dafür wieder die Be¬ ruhigung von ihr erhalte. Aber es ſchien, als ob das Bild der verhaßten Einheit ſchon verletze; gerade die ſchöne, ſittliche Würde und Ruhe, die ſich in der Burſchenſchaft entwickelte, ſchien mehr zu ängſtigen, als das Gegentheil, das bisher an den Landsmann¬ ſchaften beſtanden hatte; darum wurden dieſe wohl eher begünſtigt: und ſo geſchah es, daß, indem eine unheilbare Trennung zwiſchen ſie und die Unitarier kam, zu den vier Secten nur eine Fünfte ſich geſellte, die ſich nun befehden, — beſonders ſeit die plumpe Behandlung der Göttinger Univerſität die dortigen

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/112>, abgerufen am 21.11.2024.