Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.man bey den Gebeinen Luthers in Wittenberg den Die Handlung konnte allerdings ein heilsames Nach¬ man bey den Gebeinen Luthers in Wittenberg den Die Handlung konnte allerdings ein heilſames Nach¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0111" n="103"/> man bey den Gebeinen Luthers in Wittenberg den<lb/> Jahrestag der Reformation gefeyert, da fuhr der<lb/> Geiſt des Reformators, — zürnend, daß man dieſelbe<lb/> Reformation an Haupt und Gliedern, die er der<lb/> Kirche angeſonnen, gutheiße, aber vom Staat, an<lb/> den ſie jetzt die Zeit geſinne, abweiſen wolle, und ſo<lb/> ein zweytes furchtbares Gericht über Teutſchland<lb/> ziehe, — auf die Wartburg, wo einige hundert Jüng¬<lb/> linge, in einer der Seinigen verwandteren Geſinnung,<lb/> dieſelbe Feyer zu begehen ſich verſammelt hatten.<lb/> Was am Tage in meiſt würdiger, anſtändiger Hal¬<lb/> tung vorgefallen, iſt der Welt bekannt geworden; auch<lb/> wie am Abend, nach dem Vorgange des Reforma¬<lb/> tors, die Symbole der alten Knechtſchaft, und eine<lb/> Anzahl Bücher, zum kleinſten Theil unſchicklich gewählt,<lb/> größtentheils aber längſt von der Nation verurtheilt<lb/> und gerichtet, den Flammen übergeben wurden.</p><lb/> <p>Die Handlung konnte allerdings ein heilſames Nach¬<lb/> denken wecken, wie nach Verlauf dreyer Jahrhun¬<lb/> derte gleiche Verhältniſſe, die gleiche Erſcheinung zu¬<lb/> rückgebracht; man konnte an den Fehlern, die damals<lb/> die herrſchende Kirche gemacht, eine warnende Lehre<lb/> für die eigne Handlungsweiſe nehmen; aber gegen<lb/> das Symptom der verborgenen Krankheit blind zu<lb/> wüthen, mochte wenig frommen; noch wollte es ſich<lb/> geziemen, mit den Jünglingen um eine That zu rech¬<lb/> ten, die nur wichtig wurde durch die Folge, die man<lb/> ihr geben wollte. Aber ſtatt in beſonnener Ruhe die<lb/> Sache zu nehmen, für was ſie gelten konnte; zu lo¬<lb/> ben, was des Lobes würdig war, und was mißfiel,<lb/> etwa mit heiterer Ironie abzuweiſen, ließ man ſich<lb/></p> </body> </text> </TEI> [103/0111]
man bey den Gebeinen Luthers in Wittenberg den
Jahrestag der Reformation gefeyert, da fuhr der
Geiſt des Reformators, — zürnend, daß man dieſelbe
Reformation an Haupt und Gliedern, die er der
Kirche angeſonnen, gutheiße, aber vom Staat, an
den ſie jetzt die Zeit geſinne, abweiſen wolle, und ſo
ein zweytes furchtbares Gericht über Teutſchland
ziehe, — auf die Wartburg, wo einige hundert Jüng¬
linge, in einer der Seinigen verwandteren Geſinnung,
dieſelbe Feyer zu begehen ſich verſammelt hatten.
Was am Tage in meiſt würdiger, anſtändiger Hal¬
tung vorgefallen, iſt der Welt bekannt geworden; auch
wie am Abend, nach dem Vorgange des Reforma¬
tors, die Symbole der alten Knechtſchaft, und eine
Anzahl Bücher, zum kleinſten Theil unſchicklich gewählt,
größtentheils aber längſt von der Nation verurtheilt
und gerichtet, den Flammen übergeben wurden.
Die Handlung konnte allerdings ein heilſames Nach¬
denken wecken, wie nach Verlauf dreyer Jahrhun¬
derte gleiche Verhältniſſe, die gleiche Erſcheinung zu¬
rückgebracht; man konnte an den Fehlern, die damals
die herrſchende Kirche gemacht, eine warnende Lehre
für die eigne Handlungsweiſe nehmen; aber gegen
das Symptom der verborgenen Krankheit blind zu
wüthen, mochte wenig frommen; noch wollte es ſich
geziemen, mit den Jünglingen um eine That zu rech¬
ten, die nur wichtig wurde durch die Folge, die man
ihr geben wollte. Aber ſtatt in beſonnener Ruhe die
Sache zu nehmen, für was ſie gelten konnte; zu lo¬
ben, was des Lobes würdig war, und was mißfiel,
etwa mit heiterer Ironie abzuweiſen, ließ man ſich
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