gegen aber hat dieselbe Cultur die Gemeinschaft mit einer andern Welt eröffnet, die durch geistige Kräfte jene versiegende Naturkraft ersetzt, und bey den Um¬ wandlungen der Staaten ihre Dienste versieht. Es ist dies jene geheimnißvolle Ideenwelt, die nach alter Lehre erfüllend die unendliche Tiefe des Geisterreichs, und gleich dem Aetherhimmel über unserm Selbstbe¬ wußtseyn ausgespannt, in alle Klüfte der Unterwelt ihr Licht niedergießt, und alle Gestaltungen beseelt. Wie aus dieser Welt, nach eben jener Lehre, die See¬ len in die Materie niedersteigen, ein zeitliches Leben hienieden führen, und dann wieder zur Heimath keh¬ ren; so sind es eben die ihr entstammenden Ideen, die die Staaten als ihre eigentliche Begeistigung zusam¬ menhalten, mit der Geisterschwere sie in sich verbin¬ den, und mit dem geistigen Lichte sie durchleuchten; und also gebunden im rechten Maaße durch die Ma¬ terie, und, unsichtbar selbst, durch sie zur sichtbaren Darstellung gelangt, als die inwohnende plastische und erhaltende Kraft das Leben fördernd, in seiner Dar¬ stellung sich verlieren. So aber nun die Stufenjahre dieses Lebens durchlaufen sind, und der Staat veral¬ tet, vermag er nicht ferner die inwohnende Idee zu fassen; sie die vorher latent in ihm gewesen, wird nun frey und strahlend; und in dem Maaße, wie sie nun jenem geistigen Reiche verwandt sich fühlt, und andere ihr gleichartige Ideen zu sich hernieder¬ zieht, wird sie dem bestehenden Materiellen mehr entfremdet; und sie, die vorher die Erhalterin gewe¬ sen, wird nun zerstörend, und löst, weil sie ein neues Haus sich zu bauen vorgenommen, von innen
gegen aber hat dieſelbe Cultur die Gemeinſchaft mit einer andern Welt eröffnet, die durch geiſtige Kräfte jene verſiegende Naturkraft erſetzt, und bey den Um¬ wandlungen der Staaten ihre Dienſte verſieht. Es iſt dies jene geheimnißvolle Ideenwelt, die nach alter Lehre erfüllend die unendliche Tiefe des Geiſterreichs, und gleich dem Aetherhimmel über unſerm Selbſtbe¬ wußtſeyn ausgeſpannt, in alle Klüfte der Unterwelt ihr Licht niedergießt, und alle Geſtaltungen beſeelt. Wie aus dieſer Welt, nach eben jener Lehre, die See¬ len in die Materie niederſteigen, ein zeitliches Leben hienieden führen, und dann wieder zur Heimath keh¬ ren; ſo ſind es eben die ihr entſtammenden Ideen, die die Staaten als ihre eigentliche Begeiſtigung zuſam¬ menhalten, mit der Geiſterſchwere ſie in ſich verbin¬ den, und mit dem geiſtigen Lichte ſie durchleuchten; und alſo gebunden im rechten Maaße durch die Ma¬ terie, und, unſichtbar ſelbſt, durch ſie zur ſichtbaren Darſtellung gelangt, als die inwohnende plaſtiſche und erhaltende Kraft das Leben fördernd, in ſeiner Dar¬ ſtellung ſich verlieren. So aber nun die Stufenjahre dieſes Lebens durchlaufen ſind, und der Staat veral¬ tet, vermag er nicht ferner die inwohnende Idee zu faſſen; ſie die vorher latent in ihm geweſen, wird nun frey und ſtrahlend; und in dem Maaße, wie ſie nun jenem geiſtigen Reiche verwandt ſich fühlt, und andere ihr gleichartige Ideen zu ſich hernieder¬ zieht, wird ſie dem beſtehenden Materiellen mehr entfremdet; und ſie, die vorher die Erhalterin gewe¬ ſen, wird nun zerſtörend, und löst, weil ſie ein neues Haus ſich zu bauen vorgenommen, von innen
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gegen aber hat dieſelbe Cultur die Gemeinſchaft mit
einer andern Welt eröffnet, die durch geiſtige Kräfte
jene verſiegende Naturkraft erſetzt, und bey den Um¬
wandlungen der Staaten ihre Dienſte verſieht. Es
iſt dies jene geheimnißvolle Ideenwelt, die nach alter
Lehre erfüllend die unendliche Tiefe des Geiſterreichs,
und gleich dem Aetherhimmel über unſerm Selbſtbe¬
wußtſeyn ausgeſpannt, in alle Klüfte der Unterwelt
ihr Licht niedergießt, und alle Geſtaltungen beſeelt.
Wie aus dieſer Welt, nach eben jener Lehre, die See¬
len in die Materie niederſteigen, ein zeitliches Leben
hienieden führen, und dann wieder zur Heimath keh¬
ren; ſo ſind es eben die ihr entſtammenden Ideen, die
die Staaten als ihre eigentliche Begeiſtigung zuſam¬
menhalten, mit der Geiſterſchwere ſie in ſich verbin¬
den, und mit dem geiſtigen Lichte ſie durchleuchten;
und alſo gebunden im rechten Maaße durch die Ma¬
terie, und, unſichtbar ſelbſt, durch ſie zur ſichtbaren
Darſtellung gelangt, als die inwohnende plaſtiſche und
erhaltende Kraft das Leben fördernd, in ſeiner Dar¬
ſtellung ſich verlieren. So aber nun die Stufenjahre
dieſes Lebens durchlaufen ſind, und der Staat veral¬
tet, vermag er nicht ferner die inwohnende Idee zu
faſſen; ſie die vorher latent in ihm geweſen, wird
nun frey und ſtrahlend; und in dem Maaße, wie
ſie nun jenem geiſtigen Reiche verwandt ſich fühlt,
und andere ihr gleichartige Ideen zu ſich hernieder¬
zieht, wird ſie dem beſtehenden Materiellen mehr
entfremdet; und ſie, die vorher die Erhalterin gewe¬
ſen, wird nun zerſtörend, und löst, weil ſie ein
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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/134>, abgerufen am 16.02.2025.
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