Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.heraus alle Banden des alten Organisms auf, da¬ So geschieht es, daß in solchen Uebergangszeiten heraus alle Banden des alten Organisms auf, da¬ So geſchieht es, daß in ſolchen Uebergangszeiten <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0135" n="127"/> heraus alle Banden des alten Organisms auf, da¬<lb/> mit der Neue zum Werden Raum gewinne.</p><lb/> <p>So geſchieht es, daß in ſolchen Uebergangszeiten<lb/> Geiſtesblitze zuckend durch die ganze Geſellſchaft fah¬<lb/> ren, und in einem Nu alle Köpfe wie ein Contagium<lb/> entzünden; man weiß nicht wie der zündende Gedan¬<lb/> ken ſich verbreitet, geſchieht es durch den Athemzug,<lb/> durch ein gemeinſames alle verbindendes Medium,<lb/> iſt's Sprache oder Bild oder ſonſt geheime Sym¬<lb/> pathie? kurz alle Menſchen ſind plötzlich eines Sinnes<lb/> worden, und je mehr man der Fortpflanzung zu weh¬<lb/> ren ſich bemüht, um ſo ſchneller verbreitet ſich die<lb/> Flamme. Das iſt die losgebundene Begeiſtigung des<lb/> Staatsvereines, die nun frey von ihrem Bande<lb/> ſchwärmt, und erſt wie jene feurigen Zungen auf den<lb/> Häuptern der Organe der Zeit ſich niederläßt, und<lb/> dann von da in lichten Schimmer aufgelöſt, durch<lb/> die Pforte der Sinne einzieht in alle Geiſter, um ſie<lb/> zum neubegonnenen Werk zu weihen. Darum iſt es<lb/> aller Thorheiten unverzeihlichſte, dies große Schöpfungs¬<lb/> werk zu ſtören, und mit den Ideen ſich Kampfes zu<lb/> unterwegen; noch Keiner hat geſiegt, der verwegen<lb/> ſolchen Streit geſucht. Läßt man ſie ruhig ihrer Ar¬<lb/> beit pflegen und begünſtigt ihr Thun durch ein ge¬<lb/> ſchicktes Entgegenkommen; dann führen ſie von innen<lb/> heraus ruhig durch allmählige Metamorphoſe die Um¬<lb/> geſtaltung und Verjüngung aus; abſtreifend nur was<lb/> unnütz geworden und erſtorben, und ſiedeln ſich dann<lb/> friedlich im neuen Baue an. Wenn man aber, ſtatt<lb/> nach des Zeidlers Weiſe durch abgemeſſene ſonore<lb/> Klänge ihrem Thun nur Tact und Harmonie zu ge¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [127/0135]
heraus alle Banden des alten Organisms auf, da¬
mit der Neue zum Werden Raum gewinne.
So geſchieht es, daß in ſolchen Uebergangszeiten
Geiſtesblitze zuckend durch die ganze Geſellſchaft fah¬
ren, und in einem Nu alle Köpfe wie ein Contagium
entzünden; man weiß nicht wie der zündende Gedan¬
ken ſich verbreitet, geſchieht es durch den Athemzug,
durch ein gemeinſames alle verbindendes Medium,
iſt's Sprache oder Bild oder ſonſt geheime Sym¬
pathie? kurz alle Menſchen ſind plötzlich eines Sinnes
worden, und je mehr man der Fortpflanzung zu weh¬
ren ſich bemüht, um ſo ſchneller verbreitet ſich die
Flamme. Das iſt die losgebundene Begeiſtigung des
Staatsvereines, die nun frey von ihrem Bande
ſchwärmt, und erſt wie jene feurigen Zungen auf den
Häuptern der Organe der Zeit ſich niederläßt, und
dann von da in lichten Schimmer aufgelöſt, durch
die Pforte der Sinne einzieht in alle Geiſter, um ſie
zum neubegonnenen Werk zu weihen. Darum iſt es
aller Thorheiten unverzeihlichſte, dies große Schöpfungs¬
werk zu ſtören, und mit den Ideen ſich Kampfes zu
unterwegen; noch Keiner hat geſiegt, der verwegen
ſolchen Streit geſucht. Läßt man ſie ruhig ihrer Ar¬
beit pflegen und begünſtigt ihr Thun durch ein ge¬
ſchicktes Entgegenkommen; dann führen ſie von innen
heraus ruhig durch allmählige Metamorphoſe die Um¬
geſtaltung und Verjüngung aus; abſtreifend nur was
unnütz geworden und erſtorben, und ſiedeln ſich dann
friedlich im neuen Baue an. Wenn man aber, ſtatt
nach des Zeidlers Weiſe durch abgemeſſene ſonore
Klänge ihrem Thun nur Tact und Harmonie zu ge¬
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