Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.wie es mit einem Verständniß, dessen tiefen Sinn Sollte aber unsere Zeit in einer der Anwandlun¬ wie es mit einem Verſtändniß, deſſen tiefen Sinn Sollte aber unſere Zeit in einer der Anwandlun¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0143" n="135"/> wie es mit einem Verſtändniß, deſſen tiefen Sinn<lb/> ſchon die oberflächlichſte Betrachtung entdeckt und die<lb/> tiefſte nicht ergründet, alle ſeine Inſtitutionen ord¬<lb/> nete, daß alles harmoniſch zuſammenſtimmend in ei¬<lb/> nen ſchnellkräftigen, geſunden, blühenden Staatskör¬<lb/> per ſich vereinigte; wie es in ſeinem Kaiſerrecht eine<lb/> Geſetzgebung zu begründen angefangen, zu der kein<lb/> anderes Volk auch nur der Idee nach ſich erhoben;<lb/> wie es in Sitte, öffentlichem und Privatleben, Welt¬<lb/> anſchauung und Sinnesart gediegen aus einem Stücke<lb/> ſich herausgebildet; wie es in jeder Kunſt und Dich¬<lb/> tung von keiner andern Zeit ſich übertreffen laſſen;<lb/> wie es ſelbſt in ſeiner verachteten Scholaſtik in einer<lb/> lebendigen Gymnaſtik bey den Wettkämpfen der Phi¬<lb/> loſophen, wie die der Dichter, vor dem Auge der<lb/> theilnehmenden Nation gehalten, eine geiſtige Schärfe,<lb/> Gewandtheit und Scheidekraft erlangt, an die wir<lb/> nicht von ferne reichen; wie es endlich in ſeinem gan¬<lb/> zen Thun und Seyn, in der Fülle ſeiner grünenden<lb/> Bildungskraft eine Lebendigkeit und Thätigkeit ent¬<lb/> wickelt, von der uns in dieſer Art kaum ein Begriff<lb/> geblieben: das alles bewährt uns die Geſchichte, und<lb/> die Trümmer, die geblieben, geben lautes Zeugniß.</p><lb/> <p>Sollte aber unſere Zeit in einer der Anwandlun¬<lb/> gen jenes Dünkels, die wohl öfter an ſie kommen,<lb/> vor dieſer Vergangenheit über den Grund deſſelben<lb/> Rede ſtehen, ſie würde leicht einen harten Stand er¬<lb/> halten. Sollte von da der Ruf an ſie ergehen: thu<lb/> uns kund, was du vollbracht, und leg uns aus,<lb/> was du gebildet und gebaut, damit wir erkennen,<lb/> welche Ehre dir gebührt, und den verdienten Preis<lb/></p> </body> </text> </TEI> [135/0143]
wie es mit einem Verſtändniß, deſſen tiefen Sinn
ſchon die oberflächlichſte Betrachtung entdeckt und die
tiefſte nicht ergründet, alle ſeine Inſtitutionen ord¬
nete, daß alles harmoniſch zuſammenſtimmend in ei¬
nen ſchnellkräftigen, geſunden, blühenden Staatskör¬
per ſich vereinigte; wie es in ſeinem Kaiſerrecht eine
Geſetzgebung zu begründen angefangen, zu der kein
anderes Volk auch nur der Idee nach ſich erhoben;
wie es in Sitte, öffentlichem und Privatleben, Welt¬
anſchauung und Sinnesart gediegen aus einem Stücke
ſich herausgebildet; wie es in jeder Kunſt und Dich¬
tung von keiner andern Zeit ſich übertreffen laſſen;
wie es ſelbſt in ſeiner verachteten Scholaſtik in einer
lebendigen Gymnaſtik bey den Wettkämpfen der Phi¬
loſophen, wie die der Dichter, vor dem Auge der
theilnehmenden Nation gehalten, eine geiſtige Schärfe,
Gewandtheit und Scheidekraft erlangt, an die wir
nicht von ferne reichen; wie es endlich in ſeinem gan¬
zen Thun und Seyn, in der Fülle ſeiner grünenden
Bildungskraft eine Lebendigkeit und Thätigkeit ent¬
wickelt, von der uns in dieſer Art kaum ein Begriff
geblieben: das alles bewährt uns die Geſchichte, und
die Trümmer, die geblieben, geben lautes Zeugniß.
Sollte aber unſere Zeit in einer der Anwandlun¬
gen jenes Dünkels, die wohl öfter an ſie kommen,
vor dieſer Vergangenheit über den Grund deſſelben
Rede ſtehen, ſie würde leicht einen harten Stand er¬
halten. Sollte von da der Ruf an ſie ergehen: thu
uns kund, was du vollbracht, und leg uns aus,
was du gebildet und gebaut, damit wir erkennen,
welche Ehre dir gebührt, und den verdienten Preis
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