ja beym Papiergelde derselbe Lappen, ohne allen in¬ nern Werth das Einfache, Zehnfache, Hundertfache gilt, blos weil die Gesellschaft ihn so zu nehmen, übereingekommen. Eben wie bey der Währung der Metalle, so ist vom Staate bey der Währung der Stände verfahren worden, und diese läßt sich, einmal vorhanden, durch eine Reformation allerdings zeitge¬ mäß modifiziren, aber nur durch eine Revolution gänzlich aufheben.
Es hat aber im ältesten Germanien ein Adel schon bestanden; dieser hat nach vielfältigen Kämpfen in den fränkischen Gefolgen endlich ganz Teutschland und zuletzt beynahe ganz Europa bezwungen; später im Lehnssystem zur Ritterschaft sich ausgebildet, und zum Theil zur Unmittelbarkeit sich erhoben; ist noch später in den stehenden Heeren und im Hofdienst wieder in's Gefolge eingetreten, und so nun in bestimmter Ge¬ stalt und mit positiven Rechten auf uns gekommen. Mit diesen Rechten tritt er nun in den großen Rechts¬ streit ein: er hat vom Congresse bis zu dieser Stunde hin gesehen, daß im Weltlauf Opfer bringen ohne Zwang, eine Thorheit sey, und daß die eigenwillige Gewalt immer zuletzt Alles durchgesetzt; und so macht er denn auch seinerseits diese Maxime geltend, und fordert sein Vorrecht als sein Recht ganz ungekränkt zurück.
Von der andern Seite steht der dritte Stand auf's Höchste erbittert, daß er zuletzt mit seinen Rechten alle Schulden der Vergangenheit und Gegenwart lö¬ sen soll. Man mag ihm reden von Romantik und Mittelalter, vom patriarchalischen Zustand der alten
ja beym Papiergelde derſelbe Lappen, ohne allen in¬ nern Werth das Einfache, Zehnfache, Hundertfache gilt, blos weil die Geſellſchaft ihn ſo zu nehmen, übereingekommen. Eben wie bey der Währung der Metalle, ſo iſt vom Staate bey der Währung der Stände verfahren worden, und dieſe läßt ſich, einmal vorhanden, durch eine Reformation allerdings zeitge¬ mäß modifiziren, aber nur durch eine Revolution gänzlich aufheben.
Es hat aber im älteſten Germanien ein Adel ſchon beſtanden; dieſer hat nach vielfältigen Kämpfen in den fränkiſchen Gefolgen endlich ganz Teutſchland und zuletzt beynahe ganz Europa bezwungen; ſpäter im Lehnsſyſtem zur Ritterſchaft ſich ausgebildet, und zum Theil zur Unmittelbarkeit ſich erhoben; iſt noch ſpäter in den ſtehenden Heeren und im Hofdienſt wieder in's Gefolge eingetreten, und ſo nun in beſtimmter Ge¬ ſtalt und mit poſitiven Rechten auf uns gekommen. Mit dieſen Rechten tritt er nun in den großen Rechts¬ ſtreit ein: er hat vom Congreſſe bis zu dieſer Stunde hin geſehen, daß im Weltlauf Opfer bringen ohne Zwang, eine Thorheit ſey, und daß die eigenwillige Gewalt immer zuletzt Alles durchgeſetzt; und ſo macht er denn auch ſeinerſeits dieſe Maxime geltend, und fordert ſein Vorrecht als ſein Recht ganz ungekränkt zurück.
Von der andern Seite ſteht der dritte Stand auf's Höchſte erbittert, daß er zuletzt mit ſeinen Rechten alle Schulden der Vergangenheit und Gegenwart lö¬ ſen ſoll. Man mag ihm reden von Romantik und Mittelalter, vom patriarchaliſchen Zuſtand der alten
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0191"n="183"/>
ja beym Papiergelde derſelbe Lappen, ohne allen in¬<lb/>
nern Werth das Einfache, Zehnfache, Hundertfache<lb/>
gilt, blos weil die Geſellſchaft ihn ſo zu nehmen,<lb/>
übereingekommen. Eben wie bey der Währung der<lb/>
Metalle, ſo iſt vom Staate bey der Währung der<lb/>
Stände verfahren worden, und dieſe läßt ſich, einmal<lb/>
vorhanden, durch eine Reformation allerdings zeitge¬<lb/>
mäß modifiziren, aber nur durch eine Revolution<lb/>
gänzlich aufheben.</p><lb/><p>Es hat aber im älteſten Germanien ein Adel ſchon<lb/>
beſtanden; dieſer hat nach vielfältigen Kämpfen in<lb/>
den fränkiſchen Gefolgen endlich ganz Teutſchland und<lb/>
zuletzt beynahe ganz Europa bezwungen; ſpäter im<lb/>
Lehnsſyſtem zur Ritterſchaft ſich ausgebildet, und zum<lb/>
Theil zur Unmittelbarkeit ſich erhoben; iſt noch ſpäter in<lb/>
den ſtehenden Heeren und im Hofdienſt wieder in's<lb/>
Gefolge eingetreten, und ſo nun in beſtimmter Ge¬<lb/>ſtalt und mit poſitiven Rechten auf uns gekommen.<lb/>
Mit dieſen Rechten tritt er nun in den großen Rechts¬<lb/>ſtreit ein: er hat vom Congreſſe bis zu dieſer Stunde<lb/>
hin geſehen, daß im Weltlauf Opfer bringen ohne<lb/>
Zwang, eine Thorheit ſey, und daß die eigenwillige<lb/>
Gewalt immer zuletzt Alles durchgeſetzt; und ſo macht<lb/>
er denn auch ſeinerſeits dieſe Maxime geltend, und<lb/>
fordert ſein Vorrecht als ſein Recht ganz ungekränkt<lb/>
zurück.</p><lb/><p>Von der andern Seite ſteht der dritte Stand auf's<lb/>
Höchſte erbittert, daß er zuletzt mit ſeinen Rechten<lb/>
alle Schulden der Vergangenheit und Gegenwart lö¬<lb/>ſen ſoll. Man mag ihm reden von Romantik und<lb/>
Mittelalter, vom patriarchaliſchen Zuſtand der alten<lb/></p></body></text></TEI>
[183/0191]
ja beym Papiergelde derſelbe Lappen, ohne allen in¬
nern Werth das Einfache, Zehnfache, Hundertfache
gilt, blos weil die Geſellſchaft ihn ſo zu nehmen,
übereingekommen. Eben wie bey der Währung der
Metalle, ſo iſt vom Staate bey der Währung der
Stände verfahren worden, und dieſe läßt ſich, einmal
vorhanden, durch eine Reformation allerdings zeitge¬
mäß modifiziren, aber nur durch eine Revolution
gänzlich aufheben.
Es hat aber im älteſten Germanien ein Adel ſchon
beſtanden; dieſer hat nach vielfältigen Kämpfen in
den fränkiſchen Gefolgen endlich ganz Teutſchland und
zuletzt beynahe ganz Europa bezwungen; ſpäter im
Lehnsſyſtem zur Ritterſchaft ſich ausgebildet, und zum
Theil zur Unmittelbarkeit ſich erhoben; iſt noch ſpäter in
den ſtehenden Heeren und im Hofdienſt wieder in's
Gefolge eingetreten, und ſo nun in beſtimmter Ge¬
ſtalt und mit poſitiven Rechten auf uns gekommen.
Mit dieſen Rechten tritt er nun in den großen Rechts¬
ſtreit ein: er hat vom Congreſſe bis zu dieſer Stunde
hin geſehen, daß im Weltlauf Opfer bringen ohne
Zwang, eine Thorheit ſey, und daß die eigenwillige
Gewalt immer zuletzt Alles durchgeſetzt; und ſo macht
er denn auch ſeinerſeits dieſe Maxime geltend, und
fordert ſein Vorrecht als ſein Recht ganz ungekränkt
zurück.
Von der andern Seite ſteht der dritte Stand auf's
Höchſte erbittert, daß er zuletzt mit ſeinen Rechten
alle Schulden der Vergangenheit und Gegenwart lö¬
ſen ſoll. Man mag ihm reden von Romantik und
Mittelalter, vom patriarchaliſchen Zuſtand der alten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/191>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.