heren Stände aus sich heraufgetrieben, den Lehrstand in den eigentlichen Gelehrten, die unter dem Vor¬ gange der Philosophie den profanen Wissenschaften sich ergeben; und einen Verdienstadel, der vor allem in der letzten Zeit die Kriegsehre zum größten Theil sich zugeeignet, und im Bürgerlichen nun seine Stelle in der Kammer und der Aristocratie des Besitzes und des Talentes sucht. Andrerseits hat der Adel, in wie¬ fern er als Gutsbesitzer zum großen Theile sich auf sich selbst gesetzt, eben dadurch, am meisten in den Rheinprovinzen, sich mit dem dritten Stand verbun¬ den; und der Clerus grünt gleichfalls zur Zeit nur beynahe noch allein in seinem volksmäßigen Elemente, den Pfarrern und Seelsorgern fort.
Darum scheint der gesunde Menschenverstand auf den einzigen Ausweg hinzudeuten, der zur Verstän¬ digung übrig bleibt, daß der dritte Stand mit sei¬ nem neuen Adel und Clerus von heute und gestern her, die gleichnamigen alten Stände, die aus einer früheren Bildungszeit herüberreichen, nicht verdrängt, sondern Beyde in solcher Weise sich verbinden, daß indem sie gleichmäßig alten Vorrechten und neuen An¬ massungen entsagen, die mit der zeitgemäßen Verfas¬ sung im Widerspruche stehen, der historische Adel sich dadurch verjünge, daß er zur Geburt das Verdienst als zweyten nothwendigen Faktor des künftigen Adels anerkenne, und nun durch eben diesen Faktor mit dem beweglichen Verdienstadel des dritten Standes in Ver¬ bindung trete; daß aber der Clerus, indem er die Wissenschaft nicht ferner mehr als die verführerische Schlange flieht, vielmehr dadurch, daß er ihre gegen
heren Stände aus ſich heraufgetrieben, den Lehrſtand in den eigentlichen Gelehrten, die unter dem Vor¬ gange der Philoſophie den profanen Wiſſenſchaften ſich ergeben; und einen Verdienſtadel, der vor allem in der letzten Zeit die Kriegsehre zum größten Theil ſich zugeeignet, und im Bürgerlichen nun ſeine Stelle in der Kammer und der Ariſtocratie des Beſitzes und des Talentes ſucht. Andrerſeits hat der Adel, in wie¬ fern er als Gutsbeſitzer zum großen Theile ſich auf ſich ſelbſt geſetzt, eben dadurch, am meiſten in den Rheinprovinzen, ſich mit dem dritten Stand verbun¬ den; und der Clerus grünt gleichfalls zur Zeit nur beynahe noch allein in ſeinem volksmäßigen Elemente, den Pfarrern und Seelſorgern fort.
Darum ſcheint der geſunde Menſchenverſtand auf den einzigen Ausweg hinzudeuten, der zur Verſtän¬ digung übrig bleibt, daß der dritte Stand mit ſei¬ nem neuen Adel und Clerus von heute und geſtern her, die gleichnamigen alten Stände, die aus einer früheren Bildungszeit herüberreichen, nicht verdrängt, ſondern Beyde in ſolcher Weiſe ſich verbinden, daß indem ſie gleichmäßig alten Vorrechten und neuen An¬ maſſungen entſagen, die mit der zeitgemäßen Verfaſ¬ ſung im Widerſpruche ſtehen, der hiſtoriſche Adel ſich dadurch verjünge, daß er zur Geburt das Verdienſt als zweyten nothwendigen Faktor des künftigen Adels anerkenne, und nun durch eben dieſen Faktor mit dem beweglichen Verdienſtadel des dritten Standes in Ver¬ bindung trete; daß aber der Clerus, indem er die Wiſſenſchaft nicht ferner mehr als die verführeriſche Schlange flieht, vielmehr dadurch, daß er ihre gegen
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heren Stände aus ſich heraufgetrieben, den Lehrſtand
in den eigentlichen Gelehrten, die unter dem Vor¬
gange der Philoſophie den profanen Wiſſenſchaften ſich
ergeben; und einen Verdienſtadel, der vor allem in
der letzten Zeit die Kriegsehre zum größten Theil ſich
zugeeignet, und im Bürgerlichen nun ſeine Stelle in
der Kammer und der Ariſtocratie des Beſitzes und
des Talentes ſucht. Andrerſeits hat der Adel, in wie¬
fern er als Gutsbeſitzer zum großen Theile ſich auf
ſich ſelbſt geſetzt, eben dadurch, am meiſten in den
Rheinprovinzen, ſich mit dem dritten Stand verbun¬
den; und der Clerus grünt gleichfalls zur Zeit nur
beynahe noch allein in ſeinem volksmäßigen Elemente,
den Pfarrern und Seelſorgern fort.
Darum ſcheint der geſunde Menſchenverſtand auf
den einzigen Ausweg hinzudeuten, der zur Verſtän¬
digung übrig bleibt, daß der dritte Stand mit ſei¬
nem neuen Adel und Clerus von heute und geſtern
her, die gleichnamigen alten Stände, die aus einer
früheren Bildungszeit herüberreichen, nicht verdrängt,
ſondern Beyde in ſolcher Weiſe ſich verbinden, daß
indem ſie gleichmäßig alten Vorrechten und neuen An¬
maſſungen entſagen, die mit der zeitgemäßen Verfaſ¬
ſung im Widerſpruche ſtehen, der hiſtoriſche Adel ſich
dadurch verjünge, daß er zur Geburt das Verdienſt
als zweyten nothwendigen Faktor des künftigen Adels
anerkenne, und nun durch eben dieſen Faktor mit dem
beweglichen Verdienſtadel des dritten Standes in Ver¬
bindung trete; daß aber der Clerus, indem er die
Wiſſenſchaft nicht ferner mehr als die verführeriſche
Schlange flieht, vielmehr dadurch, daß er ihre gegen
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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/194>, abgerufen am 17.07.2024.
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