Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.schaften wieder ungescheut ihr altes vielgespieltes Spiel Und es gieng nun diesem Grundsatz gemäß an ein ſchaften wieder ungeſcheut ihr altes vielgeſpieltes Spiel Und es gieng nun dieſem Grundſatz gemäß an ein <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0020" n="12"/> ſchaften wieder ungeſcheut ihr altes vielgeſpieltes Spiel<lb/> aufzulegen. Hatte vorher der Eroberer den goldenen<lb/> Reifen der teutſchen Kaiſerkrone zerbrochen und die<lb/> Stücke als Decorationen unter die Vaſallen ausge¬<lb/> theilt; ſo waren die dominirenden Mächte jetzt in die<lb/> Intereſſen des Vertriebenen eingetreten, und der Con¬<lb/> greß fand ſich keineswegs berufen, aus den zerſtreu¬<lb/> ten Fragmenten eine Reue auszuſchmieden, und die<lb/> Höfe ächteten zwar insgeſammt den großen Räuber der<lb/> europäiſchen Geſellſchaft, erklärten aber den Raub als<lb/> gute Priſe, und den Stand, den die Handlung her¬<lb/> beygeführt, und den faktiſchen Beſitz zur Grundlage<lb/> der künftigen Ordnung im Reiche, das alſo getheilt<lb/> blieb und vernichtet.</p><lb/> <p>Und es gieng nun dieſem Grundſatz gemäß an ein<lb/> Theilen der gewonnenen Beute, und die Kaiſerburg<lb/> wurde zum Wechſelhauſe, wo man die Seelen ſich zu¬<lb/> wog und zuzählte wie Dariken, und mit bitterm Hader<lb/> ſich um ein mehr und weniger ſtritt und erbitterte.<lb/> Und als der Streit zu dem Punkt gekommen, daß die<lb/> gezuckten Schwerdter ſich rührten in den Scheiden, da<lb/> ſandte die Vorſehung, zürnend dem unheilbringenden<lb/> Werke, den Mann der Inſel unter ſie. Dieſer, an<lb/> dem die ewige Gerechtigkeit ihre Gerichte ſchon geübt¬<lb/> er, den der Papſt geſalbt, vor dem alle Fürſten ſich<lb/> gebeugt, vor dem die Welt ſich gedemüthigt hatte,<lb/> den die dünkelhafte Zeit als ihr höchſtes Organ ange¬<lb/> ſtaunt und vor dem ſie, ſonſt an nichts glaubend und<lb/> nichts achtend, in tiefſter Andacht angebetet, der dann,<lb/> um ſeine Götzendiener in tiefſter Seele zu beſchämen,<lb/> ſeine eigne Nichtigkeit an ſich ſelbſt vor ihren Augen<lb/></p> </body> </text> </TEI> [12/0020]
ſchaften wieder ungeſcheut ihr altes vielgeſpieltes Spiel
aufzulegen. Hatte vorher der Eroberer den goldenen
Reifen der teutſchen Kaiſerkrone zerbrochen und die
Stücke als Decorationen unter die Vaſallen ausge¬
theilt; ſo waren die dominirenden Mächte jetzt in die
Intereſſen des Vertriebenen eingetreten, und der Con¬
greß fand ſich keineswegs berufen, aus den zerſtreu¬
ten Fragmenten eine Reue auszuſchmieden, und die
Höfe ächteten zwar insgeſammt den großen Räuber der
europäiſchen Geſellſchaft, erklärten aber den Raub als
gute Priſe, und den Stand, den die Handlung her¬
beygeführt, und den faktiſchen Beſitz zur Grundlage
der künftigen Ordnung im Reiche, das alſo getheilt
blieb und vernichtet.
Und es gieng nun dieſem Grundſatz gemäß an ein
Theilen der gewonnenen Beute, und die Kaiſerburg
wurde zum Wechſelhauſe, wo man die Seelen ſich zu¬
wog und zuzählte wie Dariken, und mit bitterm Hader
ſich um ein mehr und weniger ſtritt und erbitterte.
Und als der Streit zu dem Punkt gekommen, daß die
gezuckten Schwerdter ſich rührten in den Scheiden, da
ſandte die Vorſehung, zürnend dem unheilbringenden
Werke, den Mann der Inſel unter ſie. Dieſer, an
dem die ewige Gerechtigkeit ihre Gerichte ſchon geübt¬
er, den der Papſt geſalbt, vor dem alle Fürſten ſich
gebeugt, vor dem die Welt ſich gedemüthigt hatte,
den die dünkelhafte Zeit als ihr höchſtes Organ ange¬
ſtaunt und vor dem ſie, ſonſt an nichts glaubend und
nichts achtend, in tiefſter Andacht angebetet, der dann,
um ſeine Götzendiener in tiefſter Seele zu beſchämen,
ſeine eigne Nichtigkeit an ſich ſelbſt vor ihren Augen
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