Curien, die beyden Hauptelemente aller Verfassung sich beysammenfinden, dadurch aber daß sie wieder spezifisch in verschiedne Organe sich vertheilen, würde eine gewisse Heilkraft in das Ganze kommen, vermöge welcher die entzweyten Gegensätze ihre Beruhigung fin¬ den, und Streitigkeiten, die sich erhoben, nicht wie bey dem Zweykammersystem auf sich beruhen, oder durch die Gewalt geschlichtet werden müssen, sondern innerlich sich vertragen lassen.
Da inzwischen in solcher Ordnung eine denkbare, oft genug eingetretene Verbindung der beyden höheren Stände mit dem Hofe leicht die Gemeinen unterdrü¬ cken könnte, so müßte für diesen Fall in solcher Weise vorgesorgt werden, daß ihre großen und stehenden Interessen durch die Stimmweise schon gedeckt erschie¬ nen, indem diese nach dem vorherrschenden Charakter des vorliegenden Gegenstandes auch verschieden sich modifizirte. So da bey den Steuerbewilligungen und Conscriptionen die geometrische und ponderable Größe des Besitzes einerseits, und andrerseits die arithmetische Zahl die Leistung zu machen hat, so würde hier auch die Zahl in einfacher Stimmenmehrheit beym Zusam¬ menzählen der Votirenden entscheiden; wobey wie bil¬ lig der dritte Stand die entscheidende Stimme hat. Bey allen Erörterungen, die das democratische Ele¬ ment der Verfassung und seine Verhältnisse nach auf¬ wärts, so wie die des Aristokratischen nach abwärts hin betreffen, würde nach Bänken zu stimmen seyn. In allen höheren Beziehungen, für alle Gegenstände der obern Gesetzgebung, für alles worin das monar¬ chische Princip und das Kirchliche überwiegt, würde, da man voraussetzen muß, daß die Einsicht wesentlich in der Regierung, und den ihr nähern Ständen eben so ruht, wie die Tüchtigkeit im Volke, nach Curien gestimmt werden; jedoch also, daß für Abänderungen der vertragenen Verfassung in wesentlichen Punkten, mit der Einwilligung des Fürsten zugleich die Bey¬ stimmung einer Mehrheit in den drey Curien erfor¬ dert würde. In allen andern Streitfragen der höhe¬ ren Art würde, da immer drey Glieder vorhanden
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Curien, die beyden Hauptelemente aller Verfaſſung ſich beyſammenfinden, dadurch aber daß ſie wieder ſpezifiſch in verſchiedne Organe ſich vertheilen, würde eine gewiſſe Heilkraft in das Ganze kommen, vermöge welcher die entzweyten Gegenſätze ihre Beruhigung fin¬ den, und Streitigkeiten, die ſich erhoben, nicht wie bey dem Zweykammerſyſtem auf ſich beruhen, oder durch die Gewalt geſchlichtet werden müſſen, ſondern innerlich ſich vertragen laſſen.
Da inzwiſchen in ſolcher Ordnung eine denkbare, oft genug eingetretene Verbindung der beyden höheren Stände mit dem Hofe leicht die Gemeinen unterdrü¬ cken könnte, ſo müßte für dieſen Fall in ſolcher Weiſe vorgeſorgt werden, daß ihre großen und ſtehenden Intereſſen durch die Stimmweiſe ſchon gedeckt erſchie¬ nen, indem dieſe nach dem vorherrſchenden Charakter des vorliegenden Gegenſtandes auch verſchieden ſich modifizirte. So da bey den Steuerbewilligungen und Conſcriptionen die geometriſche und ponderable Größe des Beſitzes einerſeits, und andrerſeits die arithmetiſche Zahl die Leiſtung zu machen hat, ſo würde hier auch die Zahl in einfacher Stimmenmehrheit beym Zuſam¬ menzählen der Votirenden entſcheiden; wobey wie bil¬ lig der dritte Stand die entſcheidende Stimme hat. Bey allen Erörterungen, die das democratiſche Ele¬ ment der Verfaſſung und ſeine Verhältniſſe nach auf¬ wärts, ſo wie die des Ariſtokratiſchen nach abwärts hin betreffen, würde nach Bänken zu ſtimmen ſeyn. In allen höheren Beziehungen, für alle Gegenſtände der obern Geſetzgebung, für alles worin das monar¬ chiſche Princip und das Kirchliche überwiegt, würde, da man vorausſetzen muß, daß die Einſicht weſentlich in der Regierung, und den ihr nähern Ständen eben ſo ruht, wie die Tüchtigkeit im Volke, nach Curien geſtimmt werden; jedoch alſo, daß für Abänderungen der vertragenen Verfaſſung in weſentlichen Punkten, mit der Einwilligung des Fürſten zugleich die Bey¬ ſtimmung einer Mehrheit in den drey Curien erfor¬ dert würde. In allen andern Streitfragen der höhe¬ ren Art würde, da immer drey Glieder vorhanden
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[193/0201]
Curien, die beyden Hauptelemente aller Verfaſſung
ſich beyſammenfinden, dadurch aber daß ſie wieder
ſpezifiſch in verſchiedne Organe ſich vertheilen, würde
eine gewiſſe Heilkraft in das Ganze kommen, vermöge
welcher die entzweyten Gegenſätze ihre Beruhigung fin¬
den, und Streitigkeiten, die ſich erhoben, nicht wie
bey dem Zweykammerſyſtem auf ſich beruhen, oder
durch die Gewalt geſchlichtet werden müſſen, ſondern
innerlich ſich vertragen laſſen.
Da inzwiſchen in ſolcher Ordnung eine denkbare,
oft genug eingetretene Verbindung der beyden höheren
Stände mit dem Hofe leicht die Gemeinen unterdrü¬
cken könnte, ſo müßte für dieſen Fall in ſolcher Weiſe
vorgeſorgt werden, daß ihre großen und ſtehenden
Intereſſen durch die Stimmweiſe ſchon gedeckt erſchie¬
nen, indem dieſe nach dem vorherrſchenden Charakter
des vorliegenden Gegenſtandes auch verſchieden ſich
modifizirte. So da bey den Steuerbewilligungen und
Conſcriptionen die geometriſche und ponderable Größe
des Beſitzes einerſeits, und andrerſeits die arithmetiſche
Zahl die Leiſtung zu machen hat, ſo würde hier auch
die Zahl in einfacher Stimmenmehrheit beym Zuſam¬
menzählen der Votirenden entſcheiden; wobey wie bil¬
lig der dritte Stand die entſcheidende Stimme hat.
Bey allen Erörterungen, die das democratiſche Ele¬
ment der Verfaſſung und ſeine Verhältniſſe nach auf¬
wärts, ſo wie die des Ariſtokratiſchen nach abwärts
hin betreffen, würde nach Bänken zu ſtimmen ſeyn.
In allen höheren Beziehungen, für alle Gegenſtände
der obern Geſetzgebung, für alles worin das monar¬
chiſche Princip und das Kirchliche überwiegt, würde,
da man vorausſetzen muß, daß die Einſicht weſentlich
in der Regierung, und den ihr nähern Ständen eben
ſo ruht, wie die Tüchtigkeit im Volke, nach Curien
geſtimmt werden; jedoch alſo, daß für Abänderungen
der vertragenen Verfaſſung in weſentlichen Punkten,
mit der Einwilligung des Fürſten zugleich die Bey¬
ſtimmung einer Mehrheit in den drey Curien erfor¬
dert würde. In allen andern Streitfragen der höhe¬
ren Art würde, da immer drey Glieder vorhanden
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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/201>, abgerufen am 16.07.2024.
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