Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

ihm dann folgte auf einem Floße über die See; wie
Satan ihm dort erschien, wie er ihn führte durch die
Lüfte hin, vermeynend er soll seyn werden, und ihn
vor Braunschweig niederlegte, wo er dann entschlief;
wie der Teufel dann hinfuhr, um auch den Löwen zu
holen, wie er ihn brachte, der Löwe aber nun thät
laut aufschreien, weil der Teufel ihn allzufest hatte
umfangen, und wie darüber der Herzog zu seinem Glück
erwachte, denn so der Herr geschlafen, wär er kommen
um Leib und Seel; wie er dann hineingieng zur Her-
zogin, die er als Braut wiederfund, wie es der Teufel
ihm verkündigt, und wie er durch einen Ring sich ihr
zu erkennen gab, und endlich nachdem er noch viele
Jahre mit ihr zugebracht, stirbt. Das Buch in etwas
modernem Anstrich, aber ganz im Geiste der altsteinernen
Ritterbilder, die auf den Grabmählern mit gefaltenen
Händen knien, während oben über aufgehangene Strauß-
eneier und Greifenklauen in dem dunkel dämmernden
Gewölbe schweben, und von den Thaten der Gestor-
benen im heiligen Lande als stumme Zeugen mimisch
Zeugniß geben, und ein gothisch Bogenwerk, wie ein
Gewächs aus dem wunderbaren Drachen- und Greifen-
land dasteht, und als eine Laube die Schlafenden um-
schattet, wo starr der Tod die Zweige und die Blätter
versteinert hält, daß sie nicht schwanken und nicht sich

ihm dann folgte auf einem Floße über die See; wie
Satan ihm dort erſchien, wie er ihn führte durch die
Lüfte hin, vermeynend er ſoll ſeyn werden, und ihn
vor Braunſchweig niederlegte, wo er dann entſchlief;
wie der Teufel dann hinfuhr, um auch den Löwen zu
holen, wie er ihn brachte, der Löwe aber nun thät
laut aufſchreien, weil der Teufel ihn allzufeſt hatte
umfangen, und wie darüber der Herzog zu ſeinem Glück
erwachte, denn ſo der Herr geſchlafen, wär er kommen
um Leib und Seel; wie er dann hineingieng zur Her-
zogin, die er als Braut wiederfund, wie es der Teufel
ihm verkündigt, und wie er durch einen Ring ſich ihr
zu erkennen gab, und endlich nachdem er noch viele
Jahre mit ihr zugebracht, ſtirbt. Das Buch in etwas
modernem Anſtrich, aber ganz im Geiſte der altſteinernen
Ritterbilder, die auf den Grabmählern mit gefaltenen
Händen knien, während oben über aufgehangene Strauß-
eneier und Greifenklauen in dem dunkel dämmernden
Gewölbe ſchweben, und von den Thaten der Geſtor-
benen im heiligen Lande als ſtumme Zeugen mimiſch
Zeugniß geben, und ein gothiſch Bogenwerk, wie ein
Gewächs aus dem wunderbaren Drachen- und Greifen-
land daſteht, und als eine Laube die Schlafenden um-
ſchattet, wo ſtarr der Tod die Zweige und die Blätter
verſteinert hält, daß ſie nicht ſchwanken und nicht ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0110" n="92"/>
ihm dann folgte auf einem Floße über die See; wie<lb/>
Satan ihm dort er&#x017F;chien, wie er ihn führte durch die<lb/>
Lüfte hin, vermeynend er &#x017F;oll &#x017F;eyn werden, und ihn<lb/>
vor Braun&#x017F;chweig niederlegte, wo er dann ent&#x017F;chlief;<lb/>
wie der Teufel dann hinfuhr, um auch den Löwen zu<lb/>
holen, wie er ihn brachte, der Löwe aber nun thät<lb/>
laut auf&#x017F;chreien, weil der Teufel ihn allzufe&#x017F;t hatte<lb/>
umfangen, und wie darüber der Herzog zu &#x017F;einem Glück<lb/>
erwachte, denn &#x017F;o der Herr ge&#x017F;chlafen, wär er kommen<lb/>
um Leib und Seel; wie er dann hineingieng zur Her-<lb/>
zogin, die er als Braut wiederfund, wie es der Teufel<lb/>
ihm verkündigt, und wie er durch einen Ring &#x017F;ich ihr<lb/>
zu erkennen gab, und endlich nachdem er noch viele<lb/>
Jahre mit ihr zugebracht, &#x017F;tirbt. Das Buch in etwas<lb/>
modernem An&#x017F;trich, aber ganz im Gei&#x017F;te der alt&#x017F;teinernen<lb/>
Ritterbilder, die auf den Grabmählern mit gefaltenen<lb/>
Händen knien, während oben über aufgehangene Strauß-<lb/>
eneier und Greifenklauen in dem dunkel dämmernden<lb/>
Gewölbe &#x017F;chweben, und von den Thaten der Ge&#x017F;tor-<lb/>
benen im heiligen Lande als &#x017F;tumme Zeugen mimi&#x017F;ch<lb/>
Zeugniß geben, und ein gothi&#x017F;ch Bogenwerk, wie ein<lb/>
Gewächs aus dem wunderbaren Drachen- und Greifen-<lb/>
land da&#x017F;teht, und als eine Laube die Schlafenden um-<lb/>
&#x017F;chattet, wo &#x017F;tarr der Tod die Zweige und die Blätter<lb/>
ver&#x017F;teinert hält, daß &#x017F;ie nicht &#x017F;chwanken und nicht &#x017F;ich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0110] ihm dann folgte auf einem Floße über die See; wie Satan ihm dort erſchien, wie er ihn führte durch die Lüfte hin, vermeynend er ſoll ſeyn werden, und ihn vor Braunſchweig niederlegte, wo er dann entſchlief; wie der Teufel dann hinfuhr, um auch den Löwen zu holen, wie er ihn brachte, der Löwe aber nun thät laut aufſchreien, weil der Teufel ihn allzufeſt hatte umfangen, und wie darüber der Herzog zu ſeinem Glück erwachte, denn ſo der Herr geſchlafen, wär er kommen um Leib und Seel; wie er dann hineingieng zur Her- zogin, die er als Braut wiederfund, wie es der Teufel ihm verkündigt, und wie er durch einen Ring ſich ihr zu erkennen gab, und endlich nachdem er noch viele Jahre mit ihr zugebracht, ſtirbt. Das Buch in etwas modernem Anſtrich, aber ganz im Geiſte der altſteinernen Ritterbilder, die auf den Grabmählern mit gefaltenen Händen knien, während oben über aufgehangene Strauß- eneier und Greifenklauen in dem dunkel dämmernden Gewölbe ſchweben, und von den Thaten der Geſtor- benen im heiligen Lande als ſtumme Zeugen mimiſch Zeugniß geben, und ein gothiſch Bogenwerk, wie ein Gewächs aus dem wunderbaren Drachen- und Greifen- land daſteht, und als eine Laube die Schlafenden um- ſchattet, wo ſtarr der Tod die Zweige und die Blätter verſteinert hält, daß ſie nicht ſchwanken und nicht ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/110
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/110>, abgerufen am 21.11.2024.