Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.von Rulant gemacht, wie sie diu Heidenschafft übernom- Löwen in Kampf einläßt. Selbsi Roland, den die folgen-
den Dichtungen zu ihrem Helden gewählt, erscheint in einem zweideutigen Lichte; der Himmel muß auf Carls Gebet eine Nebelwolke senden, um ihn Reynolds Stärke zu entziehen. Was aber diese ganze Opposition eigentlich begründet habe, mögte schwer auszumitteln seyn; ob schon damals so frühe schon der Gegensatz des französischen Characters mit dem Teutschen hervorgetreten ist; ob es drückend für den gallischen Grundstamm der Nation war, von einem exotischen teutschen Geiste beherrscht zu werden, und er sich nun reagirend in der spätern Zeit gegen dies drückende Gefühl gewaffnet habe durch die Poesie, oder was sonst die nächste Veranlassung war: auf jeden Fall ist die Erscheinung nicht leicht zufällig und ohne tiefern Grund. Uebrigens giebt der opponirende Geist sich sehr be- scheiden zu erkennen, überall werden die Lehenspflichten, selbst in der Hitze des Kampfes, geehrt; der eigne Vater streitet deswegen, seinem Schwur gerreu, gegen die Söhne; Carls Befehl hemmt einmal plötzlich das Gefecht, und am Ende geht er immer gewissermaßen siegreich aus dem Kampfe, indem zu seiner Genugthuung das Roß ihm übergeben wird, und sein Gegner das Land verläßt. von Rulant gemacht, wie ſie diu Heidenſchafft übernom- Löwen in Kampf einläßt. Selbſi Roland, den die folgen-
den Dichtungen zu ihrem Helden gewählt, erſcheint in einem zweideutigen Lichte; der Himmel muß auf Carls Gebet eine Nebelwolke ſenden, um ihn Reynolds Stärke zu entziehen. Was aber dieſe ganze Oppoſition eigentlich begründet habe, mögte ſchwer auszumitteln ſeyn; ob ſchon damals ſo frühe ſchon der Gegenſatz des franzöſiſchen Characters mit dem Teutſchen hervorgetreten iſt; ob es drückend für den galliſchen Grundſtamm der Nation war, von einem exotiſchen teutſchen Geiſte beherrſcht zu werden, und er ſich nun reagirend in der ſpätern Zeit gegen dies drückende Gefühl gewaffnet habe durch die Poeſie, oder was ſonſt die nächſte Veranlaſſung war: auf jeden Fall iſt die Erſcheinung nicht leicht zufällig und ohne tiefern Grund. Uebrigens giebt der opponirende Geiſt ſich ſehr be- ſcheiden zu erkennen, überall werden die Lehenspflichten, ſelbſt in der Hitze des Kampfes, geehrt; der eigne Vater ſtreitet deswegen, ſeinem Schwur gerreu, gegen die Söhne; Carls Befehl hemmt einmal plötzlich das Gefecht, und am Ende geht er immer gewiſſermaßen ſiegreich aus dem Kampfe, indem zu ſeiner Genugthuung das Roß ihm übergeben wird, und ſein Gegner das Land verläßt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="124"/> von Rulant gemacht, wie ſie diu Heidenſchafft übernom-<lb/> men, und in dem Fragmente über den Krieg Carls des<lb/> Großen gegen die Sarazenen, das Schilter in ſeinem<lb/> Theſaurus mitgetheilt, die aus dem dreyzehnten Jahr-<lb/> hunderte ſind, und von denen man das Letzte dem<lb/> Wolfram von Eſchilbach zugeſchrieben. Hier erſcheint<lb/> Carl durchaus als Heiliger; als von Gott geſendet, das<lb/><note xml:id="note-0142" prev="#note-0141" place="foot" n="*)">Löwen in Kampf einläßt. Selbſi Roland, den die folgen-<lb/> den Dichtungen zu ihrem Helden gewählt, erſcheint in<lb/> einem zweideutigen Lichte; der Himmel muß auf Carls<lb/> Gebet eine Nebelwolke ſenden, um ihn Reynolds Stärke<lb/> zu entziehen. Was aber dieſe ganze Oppoſition eigentlich<lb/> begründet habe, mögte ſchwer auszumitteln ſeyn; ob<lb/> ſchon damals ſo frühe ſchon der Gegenſatz des franzöſiſchen<lb/> Characters mit dem Teutſchen hervorgetreten iſt; ob es<lb/> drückend für den galliſchen Grundſtamm der Nation war,<lb/> von einem exotiſchen teutſchen Geiſte beherrſcht zu werden,<lb/> und er ſich nun reagirend in der ſpätern Zeit gegen dies<lb/> drückende Gefühl gewaffnet habe durch die Poeſie, oder<lb/> was ſonſt die nächſte Veranlaſſung war: auf jeden Fall<lb/> iſt die Erſcheinung nicht leicht zufällig und ohne tiefern<lb/> Grund. Uebrigens giebt der opponirende Geiſt ſich ſehr be-<lb/> ſcheiden zu erkennen, überall werden die Lehenspflichten,<lb/> ſelbſt in der Hitze des Kampfes, geehrt; der eigne<lb/> Vater ſtreitet deswegen, ſeinem Schwur gerreu, gegen<lb/> die Söhne; Carls Befehl hemmt einmal plötzlich das<lb/> Gefecht, und am Ende geht er immer gewiſſermaßen<lb/> ſiegreich aus dem Kampfe, indem zu ſeiner Genugthuung<lb/> das Roß ihm übergeben wird, und ſein Gegner das<lb/> Land verläßt.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0142]
von Rulant gemacht, wie ſie diu Heidenſchafft übernom-
men, und in dem Fragmente über den Krieg Carls des
Großen gegen die Sarazenen, das Schilter in ſeinem
Theſaurus mitgetheilt, die aus dem dreyzehnten Jahr-
hunderte ſind, und von denen man das Letzte dem
Wolfram von Eſchilbach zugeſchrieben. Hier erſcheint
Carl durchaus als Heiliger; als von Gott geſendet, das
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*) Löwen in Kampf einläßt. Selbſi Roland, den die folgen-
den Dichtungen zu ihrem Helden gewählt, erſcheint in
einem zweideutigen Lichte; der Himmel muß auf Carls
Gebet eine Nebelwolke ſenden, um ihn Reynolds Stärke
zu entziehen. Was aber dieſe ganze Oppoſition eigentlich
begründet habe, mögte ſchwer auszumitteln ſeyn; ob
ſchon damals ſo frühe ſchon der Gegenſatz des franzöſiſchen
Characters mit dem Teutſchen hervorgetreten iſt; ob es
drückend für den galliſchen Grundſtamm der Nation war,
von einem exotiſchen teutſchen Geiſte beherrſcht zu werden,
und er ſich nun reagirend in der ſpätern Zeit gegen dies
drückende Gefühl gewaffnet habe durch die Poeſie, oder
was ſonſt die nächſte Veranlaſſung war: auf jeden Fall
iſt die Erſcheinung nicht leicht zufällig und ohne tiefern
Grund. Uebrigens giebt der opponirende Geiſt ſich ſehr be-
ſcheiden zu erkennen, überall werden die Lehenspflichten,
ſelbſt in der Hitze des Kampfes, geehrt; der eigne
Vater ſtreitet deswegen, ſeinem Schwur gerreu, gegen
die Söhne; Carls Befehl hemmt einmal plötzlich das
Gefecht, und am Ende geht er immer gewiſſermaßen
ſiegreich aus dem Kampfe, indem zu ſeiner Genugthuung
das Roß ihm übergeben wird, und ſein Gegner das
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