wurde; alle diese Einzelheiten sammelten sich endlich in dem wahren und dem letzten Faust, der als der Heermeister aller vorhergegangenen Zauberer sich an ihre Spitze stellte, und Alles vollbrachte, was Diese gekonnt, und noch ein Mehreres. Faust ist daher ge- wissermaßen mehr Buch als Person, alles was von seinen Zauberkünsten die Geschichte seines Lebens erzählt, ist früher viele Jahrhunderte schon als Tra- dition im Volke umgelaufen, und Faust's Bildniß war gleichsam das Siegel nur, was man auf die Sammlung Aller gedrückt. Wirklich ist kaum irgend ein Factum in Faust's Leben, das sich nicht mit einer früheren gleichlautenden Tradition belegen ließe. Wie Faust den Kaiser Maximilian, so bewirthete Albertus Magnus im Jahre 1248 in dieser Sage den Kaiser Wilhelm zu Cöln um Wcynachten, wo Alles von Froste starrte, in einem grünen Garten mit belaubten Bäumen, die alle blühten bey'm Gesang der Rachtigallen. Als ein ander- mal ein Fürst von ihm Austern verlangte, klopfte er nur an's Fenster, da reichte gleich jemand eine Schüssel voll dar, auf welcher die französischen Lilien gestochen waren. Da man deshalb nachfragte, war zur selbigen Zeit eine Schüssel mit Austern in des Königs Küche wegge- nommen (Thersander). Auch diese Sage ist in den Faust aufgenommen. Vom Erlolfus, Abt von Fulda,
wurde; alle dieſe Einzelheiten ſammelten ſich endlich in dem wahren und dem letzten Fauſt, der als der Heermeiſter aller vorhergegangenen Zauberer ſich an ihre Spitze ſtellte, und Alles vollbrachte, was Dieſe gekonnt, und noch ein Mehreres. Fauſt iſt daher ge- wiſſermaßen mehr Buch als Perſon, alles was von ſeinen Zauberkünſten die Geſchichte ſeines Lebens erzählt, iſt früher viele Jahrhunderte ſchon als Tra- dition im Volke umgelaufen, und Fauſt’s Bildniß war gleichſam das Siegel nur, was man auf die Sammlung Aller gedrückt. Wirklich iſt kaum irgend ein Factum in Fauſt’s Leben, das ſich nicht mit einer früheren gleichlautenden Tradition belegen ließe. Wie Fauſt den Kaiſer Maximilian, ſo bewirthete Albertus Magnus im Jahre 1248 in dieſer Sage den Kaiſer Wilhelm zu Cöln um Wcynachten, wo Alles von Froſte ſtarrte, in einem grünen Garten mit belaubten Bäumen, die alle blühten bey’m Geſang der Rachtigallen. Als ein ander- mal ein Fürſt von ihm Auſtern verlangte, klopfte er nur an’s Fenſter, da reichte gleich jemand eine Schüſſel voll dar, auf welcher die franzöſiſchen Lilien geſtochen waren. Da man deshalb nachfragte, war zur ſelbigen Zeit eine Schüſſel mit Auſtern in des Königs Küche wegge- nommen (Therſander). Auch dieſe Sage iſt in den Fauſt aufgenommen. Vom Erlolfus, Abt von Fulda,
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wurde; alle dieſe Einzelheiten ſammelten ſich endlich
in dem wahren und dem letzten Fauſt, der als der
Heermeiſter aller vorhergegangenen Zauberer ſich an
ihre Spitze ſtellte, und Alles vollbrachte, was Dieſe
gekonnt, und noch ein Mehreres. Fauſt iſt daher ge-
wiſſermaßen mehr Buch als Perſon, alles was von
ſeinen Zauberkünſten die Geſchichte ſeines Lebens
erzählt, iſt früher viele Jahrhunderte ſchon als Tra-
dition im Volke umgelaufen, und Fauſt’s Bildniß war
gleichſam das Siegel nur, was man auf die Sammlung
Aller gedrückt. Wirklich iſt kaum irgend ein Factum
in Fauſt’s Leben, das ſich nicht mit einer früheren
gleichlautenden Tradition belegen ließe. Wie Fauſt
den Kaiſer Maximilian, ſo bewirthete Albertus Magnus
im Jahre 1248 in dieſer Sage den Kaiſer Wilhelm zu
Cöln um Wcynachten, wo Alles von Froſte ſtarrte, in
einem grünen Garten mit belaubten Bäumen, die alle
blühten bey’m Geſang der Rachtigallen. Als ein ander-
mal ein Fürſt von ihm Auſtern verlangte, klopfte er
nur an’s Fenſter, da reichte gleich jemand eine Schüſſel
voll dar, auf welcher die franzöſiſchen Lilien geſtochen
waren. Da man deshalb nachfragte, war zur ſelbigen
Zeit eine Schüſſel mit Auſtern in des Königs Küche wegge-
nommen (Therſander). Auch dieſe Sage iſt in den
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/237>, abgerufen am 21.11.2024.
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