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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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dem wie es früher in den Griechischen bestanden hatte,
und gleichzeitig in den italiänischen Freistädten bestand.
Muthiger Sinn für Recht und Ehre trieb diese Helden-
bürger, wie Inseln waren ihre Städte reich und
blühend über das stürmische Meer der Zeit hervorge-
treten, und sie hatten ein Vaterland in ihnen zu
bewahren; Jede hatte daher eine Geschichte und ein
Ahnenreich gewonnen; kühn kämpften sie jeder Ueber-
macht entgegen, römischer Geist der bessern Zeit trat
in Kriegesläuften, nichts Seltenes, hervor, und in
ruhiger Zeit pflegten sie gleich sorgsam alle Friedens-
künste, und wie die Hansestädte mit ächter, vielleicht
ausgestorbner, Genialität den Handel trieben, und
einen mächtigen Bundesstaat bildeten, so waren die
Binnenstädte die unmittelbaren Organe des innern
Verkehrs, des Kreislaufs und der Assimilation. Selbst
der Bauernstand hatte später etwas in der Schweiz
Ritterehre sich erkämpft; eine Hirtenrepublik hatte auf
ihren Gebürgen sich gebildet, und wenn auch vielleicht
ihr Streben für die Poesie unmittelbar verloren war,
so war es das doch keineswegs für die Poesie des Lebens.
Und auch die Fürsten blieben bei dem allgemeinen
Wetteifer nicht zurück; man weiß, wie die Kunstge-
chichte teutsche Kaiser und Fürsten jeder Art unter
den Sängern dieser Zeit aufführt. Und so mußte denn

dem wie es früher in den Griechiſchen beſtanden hatte,
und gleichzeitig in den italiäniſchen Freiſtädten beſtand.
Muthiger Sinn für Recht und Ehre trieb dieſe Helden-
bürger, wie Inſeln waren ihre Städte reich und
blühend über das ſtürmiſche Meer der Zeit hervorge-
treten, und ſie hatten ein Vaterland in ihnen zu
bewahren; Jede hatte daher eine Geſchichte und ein
Ahnenreich gewonnen; kühn kämpften ſie jeder Ueber-
macht entgegen, römiſcher Geiſt der beſſern Zeit trat
in Kriegesläuften, nichts Seltenes, hervor, und in
ruhiger Zeit pflegten ſie gleich ſorgſam alle Friedens-
künſte, und wie die Hanſeſtädte mit ächter, vielleicht
ausgeſtorbner, Genialität den Handel trieben, und
einen mächtigen Bundesſtaat bildeten, ſo waren die
Binnenſtädte die unmittelbaren Organe des innern
Verkehrs, des Kreislaufs und der Aſſimilation. Selbſt
der Bauernſtand hatte ſpäter etwas in der Schweiz
Ritterehre ſich erkämpft; eine Hirtenrepublik hatte auf
ihren Gebürgen ſich gebildet, und wenn auch vielleicht
ihr Streben für die Poeſie unmittelbar verloren war,
ſo war es das doch keineswegs für die Poeſie des Lebens.
Und auch die Fürſten blieben bei dem allgemeinen
Wetteifer nicht zurück; man weiß, wie die Kunſtge-
chichte teutſche Kaiſer und Fürſten jeder Art unter
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[291/0309] dem wie es früher in den Griechiſchen beſtanden hatte, und gleichzeitig in den italiäniſchen Freiſtädten beſtand. Muthiger Sinn für Recht und Ehre trieb dieſe Helden- bürger, wie Inſeln waren ihre Städte reich und blühend über das ſtürmiſche Meer der Zeit hervorge- treten, und ſie hatten ein Vaterland in ihnen zu bewahren; Jede hatte daher eine Geſchichte und ein Ahnenreich gewonnen; kühn kämpften ſie jeder Ueber- macht entgegen, römiſcher Geiſt der beſſern Zeit trat in Kriegesläuften, nichts Seltenes, hervor, und in ruhiger Zeit pflegten ſie gleich ſorgſam alle Friedens- künſte, und wie die Hanſeſtädte mit ächter, vielleicht ausgeſtorbner, Genialität den Handel trieben, und einen mächtigen Bundesſtaat bildeten, ſo waren die Binnenſtädte die unmittelbaren Organe des innern Verkehrs, des Kreislaufs und der Aſſimilation. Selbſt der Bauernſtand hatte ſpäter etwas in der Schweiz Ritterehre ſich erkämpft; eine Hirtenrepublik hatte auf ihren Gebürgen ſich gebildet, und wenn auch vielleicht ihr Streben für die Poeſie unmittelbar verloren war, ſo war es das doch keineswegs für die Poeſie des Lebens. Und auch die Fürſten blieben bei dem allgemeinen Wetteifer nicht zurück; man weiß, wie die Kunſtge- chichte teutſche Kaiſer und Fürſten jeder Art unter den Sängern dieſer Zeit aufführt. Und ſo mußte denn

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/309>, abgerufen am 21.11.2024.