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[Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52.

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Jagdtasche sie gesammelt. Nieder unter die Erde aber fahren die Knappen dahin, wo nimmer die Gespensterstunde ausschlägt, wo die unterirdischen Pulse schlagen, aber nimmer das Leben aus dunkelem, träumendem Schlaf erwacht. Da pilgert der unterirdische Wandersmann zur Hofhaltung des Königs der Nacht, um seine Schätze mit ihm zu theilen, und spricht in verblümten Worten mit den Hütern; und die Hauer, nachdem sie glücklich den Reichthum gewonnen, und das Silber aus der alten Wand gehauen, stimmen fröhlich den Bergreihen an; auch die Liebe dringt in die dunkeln Schachte, und es bringt der Berggesell ihr ein zärtlich Lied; aus der Tiefe noch sieht fromme Gottseligkeit zum Himmel auf, und preißt im Bergbau der Welt in Bergmanns Worten den Schöpfer im Erdenhaus. Auch die Bauern wollen nicht beym Feste fehlen; Don Juan klagt schwere Noth um seine Trutschel, und singt Sterbgesang; der wohlgezogene Knecht aber, ob er gleich ehrbar sein Wort vorbringt, wird von den adelichen tanzenden Elfen abgewiesen; hölzerne Noth hat blanke Politur, und schweift allzusehr im Sprachpurism aus. Ein Haufen Zigeuner wandert in der Ferne; der rothe Hahn krähet ungerechte Richter aus dem Sündenschlaf; und der Zigeunerkönig muß das Feuer besprechen, daß es nicht mehr ferner wüthe; Vagabunden schweifen sorgenfrey; der arme Schwartenhals singt sein frisch Liedlein; beste Sorte Bettlerwirthschaft ist im schürz dich Gretlein aufgethan; der arme Lump hält übeln Sermon dem alten Bettelvogt. Und während so luftiges Gesindel sich umtreibt, wallfahrten Andächtige betend ihre Straße; von Gefahr und Beschwerden der weiten Fahrt weiß der Pilgrim zu erzählen, und nimmt sie allzumal auf sich um Gotteswillen; entrüstet klagt St. Jacobs Pilgerlied der Welschen Tücke, und wie viel hundert Brüdern der böse Spitalmeister vergeben; ein böser Schalk aus den Cento Novelli hat in die Zwiesprache des Pilgers und der frommen Dame sich eingeschlichen. Lustige Studenten liegen auf der Straße, schlimme Leut sind

Jagdtasche sie gesammelt. Nieder unter die Erde aber fahren die Knappen dahin, wo nimmer die Gespensterstunde ausschlaͤgt, wo die unterirdischen Pulse schlagen, aber nimmer das Leben aus dunkelem, traͤumendem Schlaf erwacht. Da pilgert der unterirdische Wandersmann zur Hofhaltung des Koͤnigs der Nacht, um seine Schaͤtze mit ihm zu theilen, und spricht in verbluͤmten Worten mit den Huͤtern; und die Hauer, nachdem sie gluͤcklich den Reichthum gewonnen, und das Silber aus der alten Wand gehauen, stimmen froͤhlich den Bergreihen an; auch die Liebe dringt in die dunkeln Schachte, und es bringt der Berggesell ihr ein zaͤrtlich Lied; aus der Tiefe noch sieht fromme Gottseligkeit zum Himmel auf, und preißt im Bergbau der Welt in Bergmanns Worten den Schoͤpfer im Erdenhaus. Auch die Bauern wollen nicht beym Feste fehlen; Don Juan klagt schwere Noth um seine Trutschel, und singt Sterbgesang; der wohlgezogene Knecht aber, ob er gleich ehrbar sein Wort vorbringt, wird von den adelichen tanzenden Elfen abgewiesen; hoͤlzerne Noth hat blanke Politur, und schweift allzusehr im Sprachpurism aus. Ein Haufen Zigeuner wandert in der Ferne; der rothe Hahn kraͤhet ungerechte Richter aus dem Suͤndenschlaf; und der Zigeunerkoͤnig muß das Feuer besprechen, daß es nicht mehr ferner wuͤthe; Vagabunden schweifen sorgenfrey; der arme Schwartenhals singt sein frisch Liedlein; beste Sorte Bettlerwirthschaft ist im schuͤrz dich Gretlein aufgethan; der arme Lump haͤlt uͤbeln Sermon dem alten Bettelvogt. Und waͤhrend so luftiges Gesindel sich umtreibt, wallfahrten Andaͤchtige betend ihre Straße; von Gefahr und Beschwerden der weiten Fahrt weiß der Pilgrim zu erzaͤhlen, und nimmt sie allzumal auf sich um Gotteswillen; entruͤstet klagt St. Jacobs Pilgerlied der Welschen Tuͤcke, und wie viel hundert Bruͤdern der boͤse Spitalmeister vergeben; ein boͤser Schalk aus den Cento Novelli hat in die Zwiesprache des Pilgers und der frommen Dame sich eingeschlichen. Lustige Studenten liegen auf der Straße, schlimme Leut sind

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[35/0023] Jagdtasche sie gesammelt. Nieder unter die Erde aber fahren die Knappen dahin, wo nimmer die Gespensterstunde ausschlaͤgt, wo die unterirdischen Pulse schlagen, aber nimmer das Leben aus dunkelem, traͤumendem Schlaf erwacht. Da pilgert der unterirdische Wandersmann zur Hofhaltung des Koͤnigs der Nacht, um seine Schaͤtze mit ihm zu theilen, und spricht in verbluͤmten Worten mit den Huͤtern; und die Hauer, nachdem sie gluͤcklich den Reichthum gewonnen, und das Silber aus der alten Wand gehauen, stimmen froͤhlich den Bergreihen an; auch die Liebe dringt in die dunkeln Schachte, und es bringt der Berggesell ihr ein zaͤrtlich Lied; aus der Tiefe noch sieht fromme Gottseligkeit zum Himmel auf, und preißt im Bergbau der Welt in Bergmanns Worten den Schoͤpfer im Erdenhaus. Auch die Bauern wollen nicht beym Feste fehlen; Don Juan klagt schwere Noth um seine Trutschel, und singt Sterbgesang; der wohlgezogene Knecht aber, ob er gleich ehrbar sein Wort vorbringt, wird von den adelichen tanzenden Elfen abgewiesen; hoͤlzerne Noth hat blanke Politur, und schweift allzusehr im Sprachpurism aus. Ein Haufen Zigeuner wandert in der Ferne; der rothe Hahn kraͤhet ungerechte Richter aus dem Suͤndenschlaf; und der Zigeunerkoͤnig muß das Feuer besprechen, daß es nicht mehr ferner wuͤthe; Vagabunden schweifen sorgenfrey; der arme Schwartenhals singt sein frisch Liedlein; beste Sorte Bettlerwirthschaft ist im schuͤrz dich Gretlein aufgethan; der arme Lump haͤlt uͤbeln Sermon dem alten Bettelvogt. Und waͤhrend so luftiges Gesindel sich umtreibt, wallfahrten Andaͤchtige betend ihre Straße; von Gefahr und Beschwerden der weiten Fahrt weiß der Pilgrim zu erzaͤhlen, und nimmt sie allzumal auf sich um Gotteswillen; entruͤstet klagt St. Jacobs Pilgerlied der Welschen Tuͤcke, und wie viel hundert Bruͤdern der boͤse Spitalmeister vergeben; ein boͤser Schalk aus den Cento Novelli hat in die Zwiesprache des Pilgers und der frommen Dame sich eingeschlichen. Lustige Studenten liegen auf der Straße, schlimme Leut sind

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Rudolf Brandmeyer: Herausgeber
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-02-08T18:42:42Z)

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Zitationshilfe: [Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809/23>, abgerufen am 21.11.2024.