so gelang mehreren meiner Arbeiten augen- blickliche Wirkung, andere, nicht eben so fasslich und eindringend, bedurften um an- erkannt zu werden mehrerer Jahre. In- dessen gingen auch diese vorüber und ein zweytes, drittes nachwachsendes Geschlecht entschädigt mich doppelt und dreyfach für die Unbilden die ich von meinen früheren Zeitgenossen zu erdulden hatte.
Nun wünscht' ich aber, dass nichts den ersten guten Eindruck des gegenwärtigen Büchleins hindern möge. Ich entschliesse mich daher zu erläutern, zu erklären, nach- zuweisen, und zwar bloss in der Absicht dass ein unmittelbares Verständniss Lesern daraus erwachse, die mit dem Osten wenig oder nicht bekannt sind. Dagegen bedarf derjenige dieses Nachtrags nicht, der sich um Geschichte und Literatur einer so höchst merkwürdigen Weltregion näher umgethan hat. Er wird vielmehr die Quellen und Bäche leicht bezeichnen, deren erquickliches Nass ich auf meine Blumenbeete geleitet.
Am liebsten aber wünschte der Verfas- ser vorstehender Gedichte als ein Reisen- der angesehen zu werden, dem es zum Lobe
so gelang mehreren meiner Arbeiten augen- blickliche Wirkung, andere, nicht eben so faſslich und eindringend, bedurften um an- erkannt zu werden mehrerer Jahre. In- dessen gingen auch diese vorüber und ein zweytes, drittes nachwachsendes Geschlecht entschädigt mich doppelt und dreyfach für die Unbilden die ich von meinen früheren Zeitgenossen zu erdulden hatte.
Nun wünscht’ ich aber, daſs nichts den ersten guten Eindruck des gegenwärtigen Büchleins hindern möge. Ich entschlieſse mich daher zu erläutern, zu erklären, nach- zuweisen, und zwar bloſs in der Absicht daſs ein unmittelbares Verständniſs Lesern daraus erwachse, die mit dem Osten wenig oder nicht bekannt sind. Dagegen bedarf derjenige dieses Nachtrags nicht, der sich um Geschichte und Literatur einer so höchst merkwürdigen Weltregion näher umgethan hat. Er wird vielmehr die Quellen und Bäche leicht bezeichnen, deren erquickliches Naſs ich auf meine Blumenbeete geleitet.
Am liebsten aber wünschte der Verfas- ser vorstehender Gedichte als ein Reisen- der angesehen zu werden, dem es zum Lobe
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0254"n="244"/>
so gelang mehreren meiner Arbeiten augen-<lb/>
blickliche Wirkung, andere, nicht eben so<lb/>
faſslich und eindringend, bedurften um an-<lb/>
erkannt zu werden mehrerer Jahre. In-<lb/>
dessen gingen auch diese vorüber und ein<lb/>
zweytes, drittes nachwachsendes Geschlecht<lb/>
entschädigt mich doppelt und dreyfach für<lb/>
die Unbilden die ich von meinen früheren<lb/>
Zeitgenossen zu erdulden hatte.</p><lb/><p>Nun wünscht’ ich aber, daſs nichts den<lb/>
ersten guten Eindruck des gegenwärtigen<lb/>
Büchleins hindern möge. Ich entschlieſse<lb/>
mich daher zu erläutern, zu erklären, nach-<lb/>
zuweisen, und zwar bloſs in der Absicht<lb/>
daſs ein unmittelbares Verständniſs Lesern<lb/>
daraus erwachse, die mit dem Osten wenig<lb/>
oder nicht bekannt sind. Dagegen bedarf<lb/>
derjenige dieses Nachtrags nicht, der sich<lb/>
um Geschichte und Literatur einer so höchst<lb/>
merkwürdigen Weltregion näher umgethan<lb/>
hat. Er wird vielmehr die Quellen und<lb/>
Bäche leicht bezeichnen, deren erquickliches<lb/>
Naſs ich auf meine Blumenbeete geleitet.</p><lb/><p>Am liebsten aber wünschte der Verfas-<lb/>
ser vorstehender Gedichte als ein Reisen-<lb/>
der angesehen zu werden, dem es zum Lobe<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[244/0254]
so gelang mehreren meiner Arbeiten augen-
blickliche Wirkung, andere, nicht eben so
faſslich und eindringend, bedurften um an-
erkannt zu werden mehrerer Jahre. In-
dessen gingen auch diese vorüber und ein
zweytes, drittes nachwachsendes Geschlecht
entschädigt mich doppelt und dreyfach für
die Unbilden die ich von meinen früheren
Zeitgenossen zu erdulden hatte.
Nun wünscht’ ich aber, daſs nichts den
ersten guten Eindruck des gegenwärtigen
Büchleins hindern möge. Ich entschlieſse
mich daher zu erläutern, zu erklären, nach-
zuweisen, und zwar bloſs in der Absicht
daſs ein unmittelbares Verständniſs Lesern
daraus erwachse, die mit dem Osten wenig
oder nicht bekannt sind. Dagegen bedarf
derjenige dieses Nachtrags nicht, der sich
um Geschichte und Literatur einer so höchst
merkwürdigen Weltregion näher umgethan
hat. Er wird vielmehr die Quellen und
Bäche leicht bezeichnen, deren erquickliches
Naſs ich auf meine Blumenbeete geleitet.
Am liebsten aber wünschte der Verfas-
ser vorstehender Gedichte als ein Reisen-
der angesehen zu werden, dem es zum Lobe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/254>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.